Exklusiv Steinbrück will Vaduz austrocknen

von Jens Tartler (Berlin) und Meike Schreiber (Frankfurt)

In der deutsch-liechtensteinischen Steueraffäre droht die Bundesregierung dem Fürstentum nach FTD-Informationen mit erheblichen Sanktionen. Damit spitzt sich das Verhältnis beider Staaten weiter zu.

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Der Finanzplatz Vaduz lebe zu einem guten Teil vom Geschäft mit Steuerhinterziehungen, heißt es in einem Dossier, das Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) als Argumentationsbasis für sein Treffen mit Liechtensteins Premier Otmar Hasler dient. Berlin prüft dem Papier zufolge, Vaduz dieses Geschäft durch internationale Maßnahmen deutlich zu erschweren.

Vor den Gesprächen Haslers mit Steinbrück und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch spitzt sich der Streit zwischen den beiden Staaten somit zu. Erbprinz Alois, der die Regierungsgeschäfte in Vaduz führt, heizte die Atmosphäre am Dienstag mit heftigen Angriffen auf die Bundesregierung zusätzlich an.

Deutschland habe einen "vollkommen überrissenen Angriff" auf sein Land gestartet, sagte das Staatsoberhaupt vor Journalisten in Vaduz. "Es ist sicher eine Krise, wenn man von diesem Großstaat so angeschossen wird." Das Vorgehen des Bundesnachrichtendiensts (BND) in der Affäre bezeichnete Alois als "äußerst fragwürdig". Deutschland wolle offensichtlich "in großem Stil Hehlerei betreiben". Der BND hatte einem Informanten für rund 4,2 Mio. Euro geheime Daten der Liechtensteiner LGT Bank abgekauft. Das Material ist Ausgangspunkt der momentanen Großoffensive der Staatsanwaltschaft Bochum und der Steuerfahndung Wuppertal.

Meinung
Sollte die Bundesregierung den Geschäftsverkehr mit Liechtenstein erschweren?
 
 

Steinbrück wird die Kritik aus Vaduz bei seinem Treffen mit Hasler kontern. In dem siebenseitigen Dossier erhebt das Finanzministerium schwere Vorwürfe: Liechtenstein biete "die typischen Rahmenbedingungen", die es ermöglichten, "Steuern ohne besonderes Risiko zu hinterziehen", heißt es dort. Im Rahmen der Industriestaaten-Organisation OECD will Berlin dieser Praxis künftig begegnen. Unter anderem plant die Bundesregierung, ihren Bürgern den Geschäftsverkehr mit Steueroasen wie Liechtenstein zu erschweren. So könnte zum Beispiel eine Quellensteuer auf Geldströme erhoben werden.

Ein Straßenschild im Fürstentum Liechtenstein nahe Vaduz
 Ein Straßenschild im Fürstentum Liechtenstein nahe Vaduz

Die Steuerrazzien gingen am Dienstag in die nächste Runde. Wie bereits am Montag konzentrierte sich die Arbeit der Ermittler vor allem auf verschiedene Geldhäuser. Nach FTD-Informationen suchten die Fahnder unter anderem die Münchner Niederlassung der Schweizer Großbank UBS auf. Ziel seien die Unterlagen einer Kundin gewesen, teilte eine Sprecherin mit. Weitere Angaben wollte das Institut nicht machen. Betroffen waren auch die Dresdner Bank und die Berenberg Bank in Hamburg. Etwa zehn Minuten lang hätten sich die Steuerfahnder bei ihnen aufgehalten, sagte ein Berenberg-Sprecher zur FTD.

Für die nächsten Tage kündigten die Ermittler weitere Aktionen an. "Wir gehen unserer Arbeit nach - und das in ganz Deutschland", sagte der Bochumer Staatsanwalt Bernd Bienioßek. Medienberichten zufolge wurde gegen Hartwig Zumwinkel, den Bruder von Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel, mittlerweile Haftbefehl erlassen. Mit ihrer spektakulären Razzia in der Privatvilla von Klaus Zumwinkel hatten die Fahnder ihre Offensive vergangenen Donnerstag eingeleitet.

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Aus der FTD vom 20.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: Getty Images

 

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