USA erkennen Kosovo an

Nach Frankreich haben nun auch die USA die Unabhängigkeit der ehemals serbischen Provinz Kosovo akzeptiert. In Serbien gehen die Proteste indes weiter.

"Wir beglückwünschen die Bevölkerung des Kosovo zu diesem historischen Anlass", sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice. Zuvor hatten bereits die großen EU-Staaten Deutschland, Großbritannien und Italien eine Anerkennung angekündigt, Frankreich vollzog den Schritt bereits. Spanien lehnte dies dagegen als Verstoß gegen das Völkerrecht ab.

US-Präsident George W. Bush will am Dienstag eine Erklärung zur Unabhängigkeit der Provinz abgeben. Am Montag sprach er bereits während seiner Afrika-Reise in Tansania von einer Unabhängigkeit der Menschen des Kosovo. "Die Kosovaren sind jetzt unabhängig. Das ist etwas, was ich und meine Regierung schon lange befürwortet haben."

Auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy unterstützte am Montag die Kosovaren. Sarkozy habe an den kosovarischen Präsidenten einen Brief geschrieben, teilte Außenminister Bernard Kouchner in Brüssel mit. "Das ist das Ende der Krise auf dem Balkan." Allerdings werde es noch lange dauern, bis sich die Lage entspannt habe.

Die Regierung in Belgrad hatte zuvor Strafanzeige gegen Kosovo-Premier Thaci, Präsident Fatmir Sejdiu und den Parlamentsvorsitzenden Jakup Krasniqi gestellt. Damit will die Führung ihre Entschlossenheit unterstreichen, die Unabhängigkeit der mehrheitlich von Albanern bewohnten Provinz nicht anzuerkennen. Für Montagabend ist in Belgrad eine Dringlichkeitssitzung des Parlaments einberufen, bei der die Unabhängigkeit Kosovos für Null und Nichtig erklärt werden soll.

Der ehemalige Unabhängigkeitskämpfer Thaci ist in Serbien bereits als Terrorist verurteilt. Als Verhandlungsführer für die Mehrheit der Kosovo-Albaner traf er im vergangenen Jahr wiederholt serbische Regierungsvertreter - wenngleich nie in Serbien. Der frühere serbische Diktator Slobodan Milosevic ließ nach dem Kosovo-Krieg US-Präsident Bill Clinton, Großbritanniens Ministerpräsident Tony Blair und andere westliche Politiker wegen der Angriffe auf Belgrad anklagen, mit denen die Nato die Vertreibung der Kosovo-Albaner verhinderte.

China maßregelt Taiwan

Auch China reagierte besorgt auf die Unabhängigkeitserklärung. Damit würden die Bemühungen um eine multiethnische Gesellschaft untergraben und die Stabilität auf dem Balkan gefährdet, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Montag in Peking. Scharf reagierte er auf eine Erklärung der Regierung Taiwans, die die Eigenständigkeit begrüßte. Taiwan komme es als Teil Chinas nicht zu, eine völkerrechtliche Anerkennung auszusprechen, sagte Außenamtssprecher Liu Jianchao. "Wir treten entschlossen jedem und jeder Organisation entgegen, die Taiwan vom Festland abtrennen will", sagte er. Peking ist besorgt, dass das Kosovo zum Präzedenzfall werden und neben dem Konflikt mit Taiwan auch den unabhängigkeitsbestrebungen in Tibet und in der Region Xinjiang Auftrieb geben könnte.

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Russland protestierte ebenfalls. Am Sonntag hatte die Regierung in Moskau eine Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrats einberufen, die jedoch ohne Ergebnis blieb. Wie auch Serbien sieht Russland die Unabhängigkeit als Verstoß gegen die Uno-Resolution 1244 von 1999, die das Kosovo unter die Verwaltung der Vereinten Nationen stellt. Die Resolution bestätigt auch die völkerrechtliche Zugehörigkeit zu Serbien. Der russische Uno-Botschafter Witali Tschurkin sagte vor Journalisten, seine Regierung sei "sehr besorgt" über die Erklärung des Parlaments in Pristina. Moskau sorge sich um die Sicherheit der 120.000 im Kosovo lebenden Serben und anderer Minderheiten.

Indonesien lehnte die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo ab. Die Regierung bedaure den einseitigen Schritt und hoffe, dass dieser keine neuen Spannungen auf dem Balkan verursache, hieß es in einer in Jakarta veröffentlichten Erklärung. Das auch von den Vereinten Nationen unterstützte Prinzip der territorialen Unversehrtheit müsse aufrechterhalten werden.

Der stellvertretende Uno-Botschafter der USA, Alejandro Wolff, sagte, die Situation schaffe keinen Präzedenzfall. Washington sehe keinen Anlass zu besonderer Sorge. Die USA begrüßten die Zusicherungen der Regierung im Kosovo, dass die religiösen und ethnischen Gemeinschaften respektiert würden. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, die Resolution 1244 bleibe weiter in Kraft. Die Vereinten Nationen würden "ihr Mandat im Lichte der sich entwickelnden Umstände weiter erfüllen". Ban rief alle Seiten auf, sich jeglicher Aktionen oder Erklärungen zu enthalten, die den Frieden und die Sicherheit im Kosovo und auf dem Balkan gefährden könnten. "Wir bedauern, dass der Sicherheitsrat sich nicht auf einen nach vorn gerichteten Weg einigen kann", sagte Belgiens Uno-Botschafter Johan Verbeke am Sonntag im Namen seines Landes, Deutschlands, der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Kroatiens vor dem Uno-Sicherheitsrat.

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FTD.de, 18.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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