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von Jennifer Lachman

Medienmacher sind stets gierig nach Neuigkeiten. Deshalb gebiert das Internet immer neue Dienste speziell für diese Zielgruppe. Und damit lässt sich sogar Geld verdienen.

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Peter Turi macht gern Werbung in eigener Sache. Als erfahrener Medienmann kennt er die Regeln seiner Branche und nutzt sie auch schon mal für die Selbstvermarktung. Jeden Tag stellt der Journalist in seinem Online-Mediendienst "Turi2" die wichtigsten Meldungen und die markantesten Zitate der Szene zusammen. "Medienmacher sind unglaublich newsgeil", war dort neulich zu lesen. Das Zitat stammte allerdings nicht von einem Programmdirektor oder einem Senderchef - sondern von Peter Turi selbst, der auf seiner Internetseite aus einem Interview zitierte, das er einer anderen Bloggerin zuvor gegeben hatte.

Dass Vertreter der Medienbranche eitel sind, ist kein Geheimnis. Inzwischen lässt sich mit dieser Tatsache offenbar Geld verdienen. Seit April 2006 gibt es Turi2, nach Aussage seines Machers schreibt der Dienst inzwischen "tiefschwarze Zahlen".

DWDL.de, ein ähnlicher Auftritt, der sich auch an die Werbeindustrie richtet, will bald die Gewinnschwelle erreichen, wie Chefredakteur Thomas Lückerath ankündigt. Und auch Dirk Manthey - der einst den Hamburger Verlag Milchstraße zu einem der kreativsten Deutschlands aufbaute, plant mit "Medien2" ein neues Internetportal - über dessen Form und Inhalt er bislang jedoch beharrlich schweigt.

Längst haben sich Dienste, die sich vorrangig an die deutsche Medien- und Werbebranche richten, als feste Größen im Internet etabliert. Bei Werbekunden stoßen sie auf großes Interesse - und das, obwohl ihre Zielgruppe recht begrenzt ist.

Onlinenutzer: Branchenprimus W&V
 Onlinenutzer: Branchenprimus W&V

Rund 73.000 Journalisten arbeiten in Deutschland, hinzu kommen rund 35.000 Angestellte im Bereich Public Relations und 187.000 in der Werbung. "Früher galt die Reichweite als das Maß aller Dinge", sagt Maria Park von der Mediaagentur Mindshare Interaction. Durch steigende Werbeausgaben und das bewusstere Klickverhalten der Nutzer habe sich das jedoch geändert: "Streuverluste zu vermeiden ist nun die Devise."

Zudem ist gerade die Zielgruppe der Medienmacher "sehr interessant", wie Andreas Bahr von der Hamburger Mediaagentur Mediaplus sagt: Der Großteil verfüge über eine akademische Ausbildung, zudem seien sie durch ihre Arbeit meinungsbildend. Da die Inhalte frei verfügbar sind und die wichtigsten Meldungen mindestens einmal täglich als Newsletter verschickt werden, nutzen die Leser die Homepages oft regelmäßig.

Onlineseitenaufrufe
 Onlineseitenaufrufe

Die etablierten Print-Branchendiensten wie "Kress" oder das Fachmagazin "Horizont" beobachten die virtuellen Konkurrenten aufmerksam. "Sie müssen keine Anfangsinvestitionshürden überwinden", sagt Thomas Wengenroth, geschäftsführender Gesellschafter bei "Kress" - eben jenem Heidelberger Verlag, bei dem Peter Turi einst Chefredakteur des bekannten "Kressreports" war. Sprich: Die Onlinedienste müssen keine teure Druckerei bezahlen - und auch die Kosten für eine große Redaktion entfallen.

DWDL.de etwa begann als studentisches Projekt, im Herbst 2006 übernahm dann die Berliner Medienholding Mistral die Mehrheit der Anteile. Inzwischen beschäftigt Chefredakteur Lückerath sechs fest angestellte Redakteure sowie einige freie Autoren. Dennoch sehen sich die Alteingesessenen für den Wettbewerb gerüstet.

So verweisen die Chefredaktionen darauf, dass sie thematisch breiter aufgestellt sind: Während Turi2 in erster Linie eine aktuelle Presseschau bietet, finden sich bei "Horizont" oder "Werben & Verkaufen" auch Themen aus der Werbe- oder Marketingbranche.

Tatsächlich hat der Verdrängungswettbewerb noch nicht begonnen: So haben die Onlineauftritte von "Werben & Verkaufen" und "Kress" im vergangenen Monat mit 2,37 Millionen und 1,07 Millionen Klicks (so genannte Pageimpressions) neue Nutzerrekorde gefeiert.

Martin Korosec, Geschäftsführer bei "Werben & Verkaufen", erklärt sich diese Entwicklung vor allem mit zwei Faktoren: Zum einen wachse das Interesse an der Branche generell. Zum anderen arbeiten die meisten der Mitarbeiter vorrangig am Computer - und haben daher leicht Zugang zu den Medien-Homepages.

Ein Garant für den Erfolg solcher Angebote seien solche Dynamiken - zumindest langfristig betrachtet - jedoch nicht, glaubt Volker Schütz, Chefredakteur bei "Horizont": "Irgendwann wird der Markt sich von alleine wieder regeln", sagt Schütz. "Schließlich hat kein Mensch die Zeit, sich zehn verschiedene Dienste am Tag durchzusehen."

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Aus der FTD vom 20.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD.de

 

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