Dossier Sex, Strom, Spiele - aber kein DSL

von Astrid Maier (Hamburg)

Eckhard Spoerr probt den Befreiungsschlag. Mit dem Verkauf des DSL-Geschäfts will der Freenet-Chef die Großaktionäre Drillisch und United Internet ausbremsen - und stachelt sie so womöglich erst recht an.

Die besten Ideen gebiert die Not. Eckhard Spoerr hat jede Menge Not. Schon seit Monaten kreisen den Freenet-Chef die eigenen Großaktionäre United Internet und Drillisch ein und arbeiten sich Stück für Stück an die Zerschlagung des Telekommunikationskonzerns heran.

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Derart an die Wand gedrückt, fallen dem Unternehmer Spoerr in jüngster Zeit erstaunlich viele neue Geschäftsideen ein: Strom soll es bei Freenet zu kaufen geben, verkündete Spoerr vor wenigen Tagen. Sein Geschäftspartner dabei ist ausgerechnet Gerhard Schmid. Mit dem Gründer des Unternehmens, aus dem Freenet hervorgegangen ist, streitet sich Freenet bis heute vor Gericht. Auch ein Ausflug in die Medienwelt beschäftigte jüngst den Freenet-Chef. "Als ich hörte, dass die Financial Times Deutschland verkauft wird, hat es mich echt gejuckt", sagte er dem "Manager Magazin". Die FTD ging schließlich doch komplett an das Verlagshaus Gruner & Jahr.

Aktionärsstruktur von Freenet
 Aktionärsstruktur von Freenet

Die beste Idee im Sinne seiner Aktionäre präsentierte Spoerr am Mittwoch: Über Nachrichtenagenturen ließ er verkünden, bereits Verhandlungen über den Verkauf seines DSL-Geschäfts zu führen - ausgerechnet den Teil also, den sich United-Internet-Chef Ralph Dommermuth einverleiben würde. Dafür hatte dieser sich mit Drillisch-Chef Paschalis Choulidis mit einer gemeinsamen Holding MSP über 25 Prozent der Freenet-Anteile gesichert - doch die Gespräche zwischen den Parteien wurden im Dezember abgebrochen.

"Das Blatt hat sich nun ein Stück zugunsten von Eckhard Spoerr gewendet", sagt Analyst Frank Rothauge vom Bankhaus Oppenheim. Tatsächlich dürfte es für das DSL-Geschäft gleich eine ganze Reihe finanzstarker Interessenten geben, allen voran den spanischen Konkurrenten Telefónica. "Wenn das DSL-Geschäft verkauft ist, wäre das eine echte Giftpille für United Internet", fügt Rothauge hinzu. Spoerr spielt gegen die Zeit. Im Juni kommt die Hauptversammlung zusammen, bis dahin dürfte er mit Hochdruck daran arbeiten, das DSL-Geschäft loszuschlagen. Vielleicht, so mag seine Hoffnung sein, verliert dann Dommermuth die Lust an Freenet.

Freenet-Chef Eckhard Spoerr
 Freenet-Chef Eckhard Spoerr

Dass seine Anteilseigner wahrlich nicht zimperlich mit ihm umgehen, durfte Spoerr bereits im vergangenen Jahr erleben. Schon damals hatte Drillisch mit Unterstützung der Kapitalfonds Hermes und K Capital auf die Zerschlagung Freenets spekuliert - gegen den Willen Spoerrs. Im Geschäftsjahr 2007 kam indes noch keiner der Gegenanträge durch, auch die Zusammensetzung des Aufsichtsrats verlief noch ganz nach dem Geschmack von Spoerr. Mittlerweile haben sich die Machtverhältnisse deutlich zugunsten der widerspenstigen Aktionäre verschoben, die Schwelle zur Sperrminorität ist längst überschritten. "Dass Spoerr das Jahr an der Freenet-Spitze überlebt, ist zu bezweifeln", heißt es aus der Branche. Zumindest, so sagen informierte Personen, hat er genau geprüft, ob der DSL-Verkauf mit der Firmensatzung auch konform geht.

So mögen die Ideen, wonach sich Freenet zu einem bloßen Unternehmen für mobile Internetdienste entwickeln soll, schlüssig erscheinen. Mehr Glücksspiel, mehr Erotik hat Spoerr für die Zukunft versprochen. Rothauge schätzt den Kaufpreis, den Spoerr pro DSL-Kunden erzielen könnte, auf 400 Euro. Damit könnte er 520 Mio. Euro einnehmen und diese zum Teil in neue Dienste investieren.

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Aus der FTD vom 22.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD.de, mobilcom.de

 

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