Verteidiger kritisieren VW-Urteil

Die Verteidiger des früheren VW-Betriebsratschef Klaus Volkert haben Kritik an dem Urteil des Landgerichts Braunschweig geübt. Das Gericht verurteilte Volkert zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis. Gegen Ex-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer wurde eine Bewährungsstrafe verhängt.

 

Ist die Strafe für Volkert angemessen?


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23.02.2008Letzter Beitrag

Im Vergleich mit dem früheren VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz handele es sich um einen "krassen Fall von Zweiklassen-Strafjustiz", sagte Volkerts Anwalt Johann Schwenn am Freitag. Volkert und Hartz seien ungleich behandelt worden. "Die Entscheidung der Kammer wird nicht das letzte Wort sein", sagte Schwenn. Er will die Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) anfechten. Dadurch ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, Volkert bleibt zunächst in Freiheit.

Nach Auffassung des Landgerichts Braunschweig hat der frühere VW-Betriebsratschef Volkert Sonderboni in Höhe von fast 2 Mio. Euro zu Unrecht erhalten. "Der Angeklagte wusste, dass er keinen Anspruch auf die Zahlungen hatte", sagte die Vorsitzende Richterin Gerstin Dreyer.

Klaus Volkert (l.) und Klaus-Joachim Gebauer sind verurteilt worden
 Klaus Volkert (l.) und Klaus-Joachim Gebauer sind verurteilt worden

Volkert wurde vor dem Landgericht Braunschweig wegen Anstiftung und Beihilfe zur Untreue und Verstoßes gegen das Betriebsverfassungsgesetz verurteilt. Auf ihn kommt nun eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten zu. Zudem verlangt das Finanzamt 463.000 Euro Nachzahlungen von ihm. Außerdem behält VW als Vorschuss auf mögliche Schadenersatzforderungen monatlich 1500 Euro von Volkerts Betriebsrente ein.

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Er habe eine Kommission bewusst umgangen, die für die Gehaltsfestsetzung für Betriebsräte zuständig gewesen sei. Volkert hatte argumentiert, er habe die Sonderboni erhalten, da er als Betriebsratschef wichtige und "wertschöpfende" Aufgaben im Interesse des Unternehmens erfüllt habe. Nach Auffassung des Gerichts spielt es aber keine Rolle, welchen Wert seine Arbeit für VW hatte. Zudem stufte das Gericht VW-Zahlungen in Höhe von 400.000 Euro an die Ex-Geliebte Volkerts als Anstiftung zur Untreue ein. Die Frau habe laut Gericht keine Gegenleistung an VW für diese Gelder erbracht.

Der ehemalige VW-Manager Klaus Joachim Gebauer wurde wegen Untreue zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Die Vorsitzende Richterin Gerstin Dreyer hielt ihm zugute, dass er auf Hartz' Anweisung gehandelt habe. "Ohne seine Angaben hätte es dieses Verfahren und die Aufklärung nicht gegeben." Gebauers Verteidiger kündigten ebenfalls an, in Revision gehen zu wollen. Vor Prozessbeginn hatten die Verteidiger beider Angeklagten auf Freisprüche für Volkert und Gebauer plädiert.

2 Millionen Euro Sonderboni für Volkert

Hintergrund des im November 2007 angelaufenen Prozesses ist die VW-Affäre, die sich um Lustreisen auf Firmenkosten und Schmiergeldzahlungen dreht. Volkert soll fast 2 Mio. Euro illegale Sonderboni erhalten, während Gebauer Lustreisen auf VW-Kosten organisiert haben soll. Der ehemalige Personalchef Peter Hartz hatte in Bezug auf die unrechtmäßigen Zahlungen und die Lustreisen die Schuld auf sich genommen. Hartz hatte eine zweijährige Bewährungsstrafe erhalten und musste etwa 500.000 Euro Geldbuße zahlen.

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Vor Beginn des Prozesses hatte die Staatsanwaltschaft für den früheren Betriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert wegen Anstiftung zur Untreue eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert. Für den ehemaligen VW-Manager Klaus Joachim Gebauer war wegen Anstiftung zum Betrug eine Bewährungsstrafe von 20 Monaten verlangt worden. Richterin Gerstin Dreyer hatte vor Prozessbeginn klargestellt, dass sie bei Volkert eher Beihilfe als Anstiftung sehe, die härtere Strafen nach sich zieht. Gebauer sei statt Betrug wohl eher Untreue anzulasten.

Piëch gab sich ahnungslos

VWs einstiger Konzernchef Ferdinand Piëch hatte angegeben, von den Vorgängen nichts gewusst zu haben. Diese Aussage wird angezweifelt, da in dem Wolfsburger Konzern von 1993 bis 2002 kein wichtiger Beschluss ohne die Zustimmung Piechs gefallen sein soll.

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In dem Prozess gegen Volkert und Gebauer luden die Staatsanwälte Piëch, den späteren VW-Chef Bernd Pischetsrieder und Ex-Finanzvorstand Bruno Adelt als Zeugen vor. Die drei Zeugen sagten aus, dass ihnen nichts aufgefallen sei oder die Angelegenheiten nicht in ihren Zuständigkeitsbereich gefallen seien.

"Die Affäre ist noch nicht zu Ende abgehandelt. Diese Mauer des Schweigens, daraus kann man auch seine Schlüsse ziehen", hatte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gesagt. Der Prozess gegen den Ex-Personalmanager Helmuth Schuster steht noch aus. In einem früheren Prozess hatte Schuster geäußert, dass die Kostenstelle 1860 bei VW, über die die Lustreisen abgerechnet wurden, anfangs in Piëchs Generalsekretariat geführt worden sei. "Es gab zu meiner Zeit in Wolfsburg das Gefühl, dass alle Bescheid wussten", hatte Schuster gesagt. Dem einstigen Personalchef der VW-Tochter Skoda wird vorgeworfen, Schmiergelder verlangt und Geld auf eigene Konten umgeleitet haben, das eigentlich VW zugestanden hätte.

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FTD.de, 22.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

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