Saarlands Bergbau in schwerer Krise

Der Steinkohlebergbau im Saarland steht nach einem der schwersten Grubenbeben in Deutschland vor dem Aus - Tausende von Arbeitsplätzen sind bedroht. Darüber, wie dem kleinen Bundesland zu helfen ist, herrscht noch keine Einigkeit.

ZUM THEMA

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) rechnet damit, dass im Saarland keine Kohle mehr gefördert werden wird. "Wir müssen davon ausgehen, dass der Abbaustopp dauerhaft bestehen bleibt". Die Landesregierung hatte nach dem schweren Beben am Samstag den Bergbau im letzten verbliebenen Bergwerk an der Saar in Ensdorf gestoppt.

Vom Ende der Kohleförderung wären rund 5000 Beschäftigte bei der RAG im Saarland betroffen. Seit dem Stopp des Abbaus sind rund 3600 Bergleute der Grube zunächst freigestellt. In den nächsten Tagen werde Kurzarbeit für die Betroffenen beantragt, sagte RAG-Vorstandschef Bernd Tönjes in Saarbrücken nach dem Treffen mit der Landesregierung. Tönjes sagte, dass sein Unternehmen von einem derart schweren Beben "völlig überrascht" worden sei. "Wir bedauern das zutiefst."

Müller sagte, das Unternehmen müsse nun zweifelsfrei nachweisen, dass sich ein solches Ereignis nicht wiederholen kann. Ein Bergbau, der zur Gefährdung von Leib und Leben der Betroffenen führt, sei nicht mehr zu verantworten. "Es wird kein neues Experiment mit offenem Ausgang mehr geben". Er sehe keine Perspektive für den Bergbau. Tönjes hingegen sieht dennoch eine Chance für das Unternehmen, die Beben künftig einzudämmen. Allerdings habe die RAG schon viele Maßnahmen probiert. "Ob wir zweifelsfrei nachweisen können, dass eine Gefährdung künftig nicht mehr besteht, können wir zur Zeit nicht vorhersagen", sagte Tönjes. In den kommenden Tagen werde dies untersucht.

Die Bergbaugewerkschaft IG BCE warnte vor dem Verlust von bis zu 10.000 Jobs, die vom Ende des Steinkohleabbaus an der Saar betroffen seien. Zu den 5000 Stellen bei der Deutschen Steinkohle kämen etwa ebenso viele in Zulieferbetrieben und vom Bergbau abhängigen Unternehmen hinzu. Deren Verlust wäre eine Katastrophe für das Saarland.

"Zeit für parteitaktische Spielchen ist vorbei"

Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas sieht das Saarland für den Fall des endgültigen Bergbauendes in einer ernsten Krise. Ein solches Szenario stelle das kleine Land vor Herausforderungen, die nur in einem gemeinsamen Kraftakt gelöst werden könnten, sagte Maas. "Die Zeit für parteitaktische Spielchen ist endgültig vorbei." Maas forderte auch von der Bundesregierung Unterstützung bei der Bewältigung der großen Probleme.

Ministerpräsident Peter Müller fordert die Solidarität von Wirtschaft, Gewerkschaften und Regierung
 Ministerpräsident Peter Müller fordert die Solidarität von Wirtschaft, Gewerkschaften und Regierung

Eine von der Linken geforderte Beschäftigungsgesellschaft sieht Müller kritisch. Er setzt auf einen "Solidarpakt Kohle" für das Land, an dem sich die gesamte Wirtschaft, die Gewerkschaften und die Regierung beteiligen sollten. In den nächsten Tagen und Wochen werde eine Arbeitsgruppe über diese Fragen diskutieren. Angesichts der guten Konjunktur sehe er gute Chancen für eine Lösung.

Der saarländische Wirtschaftsminister Joachim Rippel (CDU) sprach von einer "historischen Herausforderung". Mit Sorge blicke man vor allem auf die saarländischen Kohlekraftwerke, die auf die Kohle aus Ensdorf angewiesen seien. Manche Kraftwerke hätten nur Reserven für eine Dauer von bis zu vier Wochen.

Vorrang habe für die RAG nun die schnelle und unbürokratische Beseitigung der Schäden, sagte Tönjes. Auch am zweiten Tag nach dem Beben, das am Samstag die Region mit einer Stärke von 4,0 und einer nie zuvor gemessenen Schwinggeschwindigkeit von 93 Millimetern pro Sekunde erschüttert hatte, war das Ausmaß der Schäden noch nicht vollständig geklärt. "Bis heute sind bei uns mehr als 450 Schadensmeldungen eingegangen", sagte eine Unternehmenssprecherin.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

dpa, 25.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD/Uta Rademacher

 

 FTD-Services 

Streit am Arbeitsplatz, mit Vermieter oder Finanzamt? Aktuelle Urteile aus vielen Rechtsgebieten kostenlos in dieser Datenbank.  mehr

 Nachrichten 

Staat kassiert in Steueraffäre bereits kräftig

Beim Staat gehen Abschlagszahlungen in zweistelliger Millionenhöhe ein. mehr

SPD-Spitzen warnen vor Linksschwenk in Hessen

Generalsekretär Hubertus Heil und Fraktionschef Peter Struck sprechen sich gegen eine Kooperation mit der Linkspartei aus. mehr

Verdi kündigt bundesweite Warnstreiks an

Diesmal betrifft der Warnstreik den gesamten öffentlichen Dienst - auch Polizei und Flughäfen. mehr

Angstsparen nimmt zu

Die höchste Sparquote seit 14 Jahren hat vor allem einen Grund: Verunsicherung über die gestiegenen Preise. mehr

Wulff als Ministerpräsident bestätigt

In der Landesregierung werden jedoch Stühle gerückt. mehr

Bilderserie

Versprochen, gewählt, gebrochen

Mit gebrochenen Versprechen lässt es sich oft leichter regieren - hier ein Überblick. mehr

Stimmung in den Unternehmen steigt unerwartet an

Laut Ifo-Index ist die aktuelle wirtschaftliche Lage trotz US-Rezessionsangst und Kreditkrise besser als im vergangenen Monat. mehr

Finanzinvestoren bauen Macht bei "New York Times" aus

Mit den Aktienzukäufen wächst der Druck, Teile des Traditionsblattes zu verkaufen. mehr

Bilderserie

Genosse, wie hältst Du es mit der Linken?

FTD-Online zeigt, wie sich die SPD am Spagat zwischen Abgrenzung und Annäherung versuchen. mehr

Koalition sendet Lebenszeichen

Nach monatelangem Stillstand kehrt die Große Koalition zur Sacharbeit zurück. mehr

Naumann lehnt Fraktionsvorsitz ab

Bei den Koalitionsverhandlungen wird der Hamburger SPD-Spitzenkandidat dennoch mitreden. mehr

Gute Noten für Deutschlands Bürgermeister

Die Umfrage zeigt jedoch auch, welche Mängel es auf dieser Ebene der Politik immer noch gibt. mehr

Mehr News aus Deutschland

Deutschland als
 


 

(€) Baden-Württemberg

(€) Sachsen

(€) Osteuropa