RWE-Chef befürchtet harte Zeiten

von Matthias Ruch

RWE-Chef Jürgen Großmann stimmt seine Investoren und seine Mitarbeiter auf härtere Zeiten ein. "Kurz gesagt: Die See wird rauer", fasste Großmann die Folgen der deutschen Energiepolitik auf sein Unternehmen zusammen.

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In den vergangenen Jahren habe RWE von steigenden Energiepreisen profitiert, räumte Großmann am Freitag ein. "Inzwischen ist aber absehbar, dass uns der Wind direkt ins Gesicht wehen kann: von der Klimagesetzgebung bis zur Marktentwicklung."

Allein der Handel mit Emissionsrechten und die weitere Kürzung der Netzentgelte würden das Ergebnis in diesem Jahr mit mehr als 1,5 Mrd. Euro belasten, rechnete Großmann vor. Seine Ankündigung, das betriebliche Ergebnis gleichwohl mindestens auf Vorjahresniveau zu halten, löste bei den Investoren tiefe Enttäuschung aus. Die Aktie verlor zwischenzeitlich fünf Prozent an Wert. Dass RWE sein Nettoergebnis 2008 gleichwohl um mehr als zehn Prozent steigern will, konnte diesen Trend nicht mehr wenden.

Jürgen Großmann macht Wind bei RWE
 Jürgen Großmann macht Wind bei RWE

"Die Kritik der Investoren betrifft nicht unsere Ertragskraft, sondern dass, was wir damit machen", analysierte Großmann launig. "Wir sind als Vorstand natürlich daran interessiert, Handlungsfähigkeit zu erhalten und uns nicht sofort alles aus der Hand nehmen zu lassen." Analysten hatten sich zuvor enttäuscht über die geplante Dividende von 1,35 Euro pro Aktie geäußert. Diese Ausschüttung entspricht 60 Prozent vom Nettoergebnis.

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Dieses, um Sondereffekte bereinigte Ergebnis will der größte deutsche Stromversorger bis 2012 um durchschnittlich fünf bis zehn Prozent pro Jahr verbessern. Das betriebliche Ergebnis soll um jährlich fünf Prozent steigen. "Die Natur des Geschäfts ist, dass es langfristig ist", stellte Großmann klar.

Etwas detaillierter fiel der Ausblick von Finanzchef Rolf Pohlig aus. "Wir erwarten schon, dass wir 2008 in der Erzeugung und im Vertrieb weiter wachsen werden", kündigte er an. "Die sehr guten Ergebnisse aus dem Handel und aus unserem Geschäft in Großbritannien werden wir aber nicht einfach fortschreiben können."

Großmann beklagt überzogenes Ökologie-Denken

Keinesfalls leichter wird es für RWE in den kommenden Jahren am deutschen Strommarkt. "Unter dem Strich sehen wir uns einer Energiepolitik ausgesetzt, die sehr viel Wert legt auf Ökologie, aber vielleicht zu wenig auf Ökonomie und Versorgungssicherheit", klagte Großmann. Zudem halte Deutschland weiter am Atomausstieg fest. "Dies wird unweigerlich dazu führen, dass die politisch bedingten Strompreise weiter steigen." Für das vergangene Jahr meldet RWE einen Nettoverlust von rund 250.000 Kunden. Intern wird befürchtet, dass sich diese Entwicklung 2008 fortsetzen wird. Wechselwillige will RWE daher mit neuen Vertragsmodellen und mit seiner Vertriebstochter Eprimo im Konzern halten. Bis Ende 2007 hat Eprimo mehr als 100.000 Kunden gewonnen und liegt damit weit hinter dem Konkurrenten E wie einfach zurück. Die Tochter des Eon-Konzerns hatte mit einer breiten Werbekampagne innerhalb weniger Monate mehrere hunderttausend Haushalte erobert. "Entscheidend ist, mit welchem Aufwand dieser Zugewinn an Kunden erzielt wurde", verteidigte Großmann das Ergebnis von Eprimo. "Wettbewerber, die mit Monsterzahlen renommieren, sollten sich das gute Kosten-Nutzen-Verhältnis von Eprimo vor Augen halten."

Neben dem schärferen Wettbewerb sieht sich RWE durch die weitere Senkung der Netzentgelte durch die Bundesnetzagentur sowie durch das härtere Kartellrecht belastet. "Beides schränkt unternehmerische Spielräume ein", sagte Großmann.

Sein Heil sucht RWE daher verstärkt im Ausland. "In etwa zehn Jahren werden wir europaweit zu den führenden Anbietern von Strom aus erneuerbaren Energien gehören", kündigte der Vorstandschef an. Schon bis 2012 will RWE die Erzeugungskapazität für Ökostrom auf 4500 Megawatt verdreifachen. Größere Windkraftprojekte sind vor allem in Großbritannien sowie in Süd- und Osteuropa geplant.

Parallel bewirbt sich RWE massiv um den Ausbau der Kernenergie. "Beim Neubau in Großbritannien wollen wir dabei sein", bekräftigte Großmann. Konkrete Bemühungen gäbe es auch in Bulgarien, Rumänien und Litauen.

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FTD.de, 22.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

 

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