Konkurrenz misstraut Microsofts Worten

von Martin Ottomeier (Hamburg), Helene Laube (San Francisco) und Reinhard Hönighaus (Brüssel)

Eine Reihe von Konkurrenten hat zurückhaltend auf Microsofts Ankündigung reagiert, bestimmte Informationen über die eigenen Produkte offenzulegen. Für den weltgrößten Softwarekonzern ist es jedoch immens wichtig, die Skeptiker möglichst bald zu überzeugen.

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"Die Welt braucht eine dauerhafte Änderung in Microsofts Verhalten, keine weitere Ankündigung", teilte der Branchenverband ECIS mit, dem Microsoft-Rivalen angehören. Michael Cunningham, Chefjustiziar des Linux-Distributors Red Hat, empfiehlt in einem Blog, dem jüngsten Vorstoß mit einer gesunden Portion Skepsis zu begegnen.

Für Microsoft ist es wichtig, Skeptiker bald mit konkretem Handeln zu überzeugen. Das Image des weltgrößten Softwarekonzerns hat unter dem Kartellstreit mit der EU und der Niederlage vor dem EU-Gericht gelitten. Microsoft hatte seine dominante Position bei PC-Betriebssystemen missbraucht. Der Konzern musste daher bereits Schnittstelleninformationen veröffentlichen, hatte das aber oft verzögert. Nun drohen neue Klagen. So prüft die EU-Kommission, ob der Konzern auch seine beherrschende Stellung bei Bürosoftware und Webbrowsern ausnutzt.

Microsoft habe mehrfach Interoperabilität angekündigt, oft ohne Ergebnis, sagte Hakon Wium Lie, Technologiechef beim Softwarehersteller Opera. "Ich weiß nicht, ob wir diesmal Ergebnisse sehen werden." Opera und ECIS haben die neuen EU-Untersuchungen angestoßen.

Zudem muss der Anbieter neuer Konkurrenz begegnen - aus dem Internet und durch Software, deren Quellcode frei verfügbar ist (Open Source). So gibt es Online-Textverarbeitungsprogramme, etwa von dem Internetkonzern Google, und mit Open Office ein kostenloses Büroprogrammpaket. Quelloffene Software hat Microsoft in der Vergangenheit mehrfach attackiert.

Microsoft-Chef Steve Ballmer
 Microsoft-Chef Steve Ballmer

Ballmer umgarnt die Open-Source-Gemeinde

Nun umgarnt Konzernchef Steve Ballmer die Open-Source-Gemeinde. Microsoft hatte vergangene Woche angekündigt, Schnittstelleninformationen für wichtige Software offenzulegen, etwa für das Betriebssystem Windows, die Bürosoftware Office und bestimmte Serversoftware. Diese Informationen werden gebraucht, damit andere Programme mit den Produkten zusammenarbeiten können. Über 30.000 Seiten Dokumentation sollten sofort veröffentlicht werden, weitere in den nächsten Monaten.

Open-Source-Anbieter will Ballmer nicht länger mit Patentklagen überziehen, wenn sie diese Informationen für nicht kommerzielle Produkte nutzen. Auch die Zusammenarbeit zwischen solchen Programmen und Microsoft-Produkten soll verbessert werden. Darüber hinaus will der Konzern stärker Industriestandards unterstützen.

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Doch die Open-Source-Gemeinde ist skeptisch. "In Open-Source-Projekten wird kontrovers diskutiert, ob die Informationen überhaupt genutzt werden sollen, weil die Gefahr besteht, dass Lizenzgebühren gezahlt werden müssen", sagte Peter Ganten, Vorstandsmitglied im Linux-Verband. Red-Hat-Justiziar Cunningham forderte von Microsoft eine stärkere Nutzung bestehender Standards.

Open-Source-Projekte könnten mit den nun verfügbaren Protokollen und Formaten Anwendungen wie eine Textverarbeitung entwickeln, die Dateien von Microsofts Word bearbeiten könnte, sagte Analyst Roger Kay von der IT-Beratungsfirma Endpoint Technologies. Allerdings könnten Entwickler sie ohne eine Erlaubnis nicht kommerziell vertreiben. "Das beschränkt den Nutzen der Ankündigung", sagte er.

Andere Firmen bewerteten die Mitteilung positiv. Es sei gut, von Microsoft zu hören, dass der Konzern erneut einen Schritt zur Öffnung der Produkte mache, sagte Pirkka Palomäki, Chefentwickler des Antivirensoftwarehersteller F-Secure. "Das ist eine sehr gute Entwicklung", sagte auch Laurent Lachal, Analyst beim IT-Beratungsunternehmen Ovum.

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Aus der FTD vom 25.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

 

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