Affinerie erwägt weitere Zukäufe

von Guido Warlimont (Hamburg)

Aktionäre der Norddeutschen Affinerie haben auf der Hauptversammlung der Kupferhütte versucht, den Aufsichtsratschef zu kippen. Der neue Vorstandschef Bernd Drouven zeigte sich davon unbeeindruckt und sprach über weitere Zukäufe.

Dabei habe er vor allem das Ausland im Blick. "Wir haben nie einen Zweifel dran gelassen, dass dies nur ein erster Schritt auf dem Weg zum globalen integrierten Kupferkonzern sein kann", sagte Drouven am Freitag auf der Hauptversammlung. Zukaufmöglichkeiten sehe er beispielsweise in Asien und Südamerika.

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Drouven macht mit seiner Ankündigung deutlich, dass er den Konzern noch nicht ausreichend international ausgerichtet sieht. Investoren hatten in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, dass die Norddeutsche Affinerie (NA) zu sehr auf den westeuropäischen Markt konzentriert ist. Das Unternehmen gilt aufgrund seiner Größe - der Börsenwert beträgt derzeit rund 1 Mrd. Euro - seit Langem als Übernahmekandidat. Die NA hat gerade 91 Prozent der Aktien des belgischen Kupferunternehmens Cumerio gekauft und strebt die vollständige Übernahme und Integration an.

NA vertraut ihrem Marktumfeld

Drouven hofft, bis Mitte April Cumerio komplett übernehmen zu können. Das Unternehmen wurde bei der Übernahme mit knapp 780 Mio. Euro bewertet und ist mit einem Jahresumsatz von 3,3 Mrd. Euro gut halb so groß wie die NA. Drouven äußerte sich auch optimistisch über die Entwicklung des Kupfermarkts: "Unsere wichtigsten Rohstoffmärkte sind in einer guten Verfassung, die Konzentratschmelzlöhne auf dem Spotmarkt haben sich in den letzten Monaten leicht erholt", sagte Drouven. "Wir gehen davon aus, dass die Schmelzlöhne im zweiten Halbjahr 2008 wieder steigen werden." Der Schmelzlohn bestimmt den Gewinn von Kupferhütten, die von Minen erworbenes Kupferkonzentrat zu reinem Kupfer und Kupferprodukten weiterverarbeiten.

Kursinformationen + Charts

26,55 EUR -0,75 % [-0,20]
NORDDEUTSCHE A.. 26,55 EUR -0,75 %

Zuvor war es auf der Hauptversammlung turbulent zugegangen: Mehrere Aktionäre des Kupferkonzerns hatten unmittelbar nach den einleitenden Worten des Aufsichtsratschefs Ernst Wortberg dessen Abwahl gefordert. Heftige Kritik erregten vor allem die Äußerungen Wortbergs über den langfährigen früheren Vorstandschef Werner Marnette. Wortberg sagte, unter dem neuen Vorstandschef Drouven sei die Führung des Unternehmens kollegialer und effizienter geworden. Schon während seiner Rede erntete er dafür Buhrufe und Pfiffe.

"Sie haben sich als Versammlungsleiter disqualifiziert"

Im Anschluss an Wortbergs Rede traten mehrere Aktionäre ans Rednerpult und beantragten Wortbergs Abwahl als Versammlungsleiter. Unter anderem bezweifelte Dirk Unrau, Vertreter der Kleinaktionärsvereinigung DSW, die Qualifikation Wortbergs: "Sie haben sich in Ihrer Vorrede als Versammlungsleiter disqualifiziert." Er kritisierte auch wie andere Aktionäre, dass Wortberg als Berufsbezeichnung "Berufsaufsichtsrat" angebe. Wortbergs einziges Aufsichtsratsmandat ist das bei der NA.

NA-Chef Bernd Drouven will die Affinerie noch internationaler ausrichten
 NA-Chef Bernd Drouven will die Affinerie noch internationaler ausrichten

Kritik erntete auch die Rolle der Lübecker Familienholding Possehl, deren Vorstandschef Wortberg früher war. Possehl hatte im Juni 2007 ein Paket von zehn Prozent der NA-Aktien verkauft und damit den Einstieg des streitbaren Österreichers Mirko Kovats und seiner Holding A-Tec Industries möglich gemacht. Kovats lieferte der NA-Führung einen monatelangen Machtkampf, der erst mit einem Spruch des Bundeskartellamts am Donnerstag endete. Die Wettbewerbshüter schrieben vor, dass Kovats seinen Anteil von inzwischen knapp 14 Prozent komplett verkaufen muss und nicht auf der Hauptversammlung abstimmen darf.

Marnette kandidiert für den Aufsichtsrat

Marnette war im Streit über den Umgang mit Kovats im November 2007 aus dem Amt geschieden. Er hatte einen Pakt mit dem Österreicher gesucht, um dessen Blockadehaltung gegen wichtige Vorhaben zu brechen. Marnette galt als erfolgreicher Vorstandschef, eckte jedoch auch immer wieder wegen seiner zum Teil barschen und kompromisslosen Art an. Er kandidierte auf der Hauptversammlung als Aufsichtsratsmitglied, hatte aber bis zum späten Abend kaum Chancen auf dieses Amt. Es gelang ihm nicht, bei einer Abstimmung zehn Prozent des anwesenden Kapitals auf seine Seite zu ziehen. Diese Minderheits-Schwelle wäre notwenig gewesen, um eine vorgezogene Einzelabstimmung über Marnettes Kandidatur zu erreichen.

Der Antrag auf Abwahl Wortbergs verzögerte zunächst den Beginn der Hauptversammlung. Er fand eine Zustimmung von 8,9 Prozent und wurde damit abgeschmettert. Ein solcher Wert für Anträge gegen die Tagesordnung ist allerdings ungewöhnlich hoch.

Kursinformationen

Name Aktuell
% abs.
NORDDEUTSCHE AFFINER.. 26,55 EUR -0,75 % -0,20
CUMERIO S.A. ACTIONS.. 30,00 EUR -0,33 % -0,10
A-TEC INDUSTRIES AG 58,52 EUR -4,25 % -2,60
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FTD.de, 29.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: Norddeutsche Affinerie

 

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