» Unser Mann in London «

von Wolfgang Proissl (Brüssel)

Deutsche sind in den Schaltstellen internationaler Organisationen kaum vertreten. Jetzt traut sich Berlin den Chefposten der Osteuropabank zu.

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Natürlich, es gibt da diese Lichtgestalt aus Bayern. Sie bekleidet die zumindest aus katholischer Weltensicht wichtigste internationale Spitzenposition überhaupt - auf Lebenszeit: Papst Benedikt XVI. "Wir sind Papst", jubilierte im April 2005 die größte deutsche Boulevardzeitung.

In weltlichen Sphären sieht es dagegen düster aus. Wenn Spitzenpolitiker und hohe Beamte in Berlin die Landsleute in globalen Topjobs zählen, reicht dafür ein Finger. Hans-Gert Pöttering ist Präsident des EU-Parlaments - ein prestigeträchtiger Posten mit allerdings wenig Macht. Blass vor Neid werden die Deutschen, wenn sie die Franzosen in Schlüsselpositionen durchgehen: IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn, WTO-Boss Pascal Lamy, EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und Osteuropabankchef Jean Lemierre, um nur die wichtigsten zu nennen. Alles mächtige Vertraute, wenn internationale Themen nationale Bedeutung bekommen.

Im Juli geht Lemierre, und damit bietet sich seit Langem wieder die Chance, einen Deutschen für eine internationale Karriere aufzubauen. Am Dienstag überzeugte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) seine EU-Kollegen in Brüssel von seinem Staatssekretär und Parteifreund Thomas Mirow. Ende Mai soll der polyglotte Wirtschafts- und Finanzexperte als neuer Chef der Osteuropabank gewählt werden, die offiziell als Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) firmiert.

Bewährtes Sprungbrett

Thomas Mirow wird wohl Chef der Osteuropabank
 Thomas Mirow wird wohl Chef der Osteuropabank

Die Londoner Förderbank hat sich zuletzt als Sprungbrett bewährt. Mirows Vorvorgänger Horst Köhler wechselte von der Osteuropabank an die Spitze des noch deutlich einflussreicheren Internationalen Währungsfonds (IWF) nach Washington - ehe er von den Unionsparteien und Liberalen als Bundespräsident zurückbeordert wurde.

Allerdings ist Mirow ein Einzelfall und eine Strategie Berlins für die internationale Spitzenbürokratie nicht zu erkennen. Aus Deutschland ist kein Name im Gespräch für die EU-Topjobs, die bis Ende 2009 zu besetzen sind. Für den Kommissions- und Ratspräsidenten und den EU-Außenvertreter gibt es Kandidaten aus Portugal, Luxemburg, Großbritannien, Spanien, Dänemark oder Polen, nicht aber aus dem größten Mitgliedsstaat. Auch für die Nachfolge von Klaus Regling, als Generaldirektor für Wirtschaft und Finanzen der mächtigste Kommissionsbeamte der Euro-Zone, gibt es nach dessen Ausscheiden im Sommer keinen deutschen Bewerber.

Zwar besteht zumindest bei den hohen Beamten Hoffnung. In Berlin verweist man auf Jungtalente wie Jens Weidmann, Wirtschaftsberater der Kanzlerin, oder Steinbrücks Berater Jörg Asmussen. Allerdings: Auf die Schlagzeile "Wir sind Kommissionspräsident" müssen die Deutschen wohl noch etwas warten.

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Aus der FTD vom 05.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD/Uta Rademacher

 

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