» Sarkozy: Befreier um jeden Preis «

von Max Borowski und Tobias Käufer

Zu Hause ist seine Popularität auf ein Rekordtief gesunken. Jetzt will Frankreichs Präsident unbedingt mit der Befreiung von Íngrid Betancourt glänzen. Dafür bricht er sein Wort.

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Befreier. Das ist eine der Lieblingsrollen von Nicolas Sarkozy. Nachdem er im vergangenen Jahr fünf bulgarische Krankenschwestern aus libyscher Haft befreit und Mitarbeiter einer umstrittenen französischen Hilfsorganisation aus dem Gefängnis im Tschad nach Hause holte, arbeitet der französische Präsident seit Monaten mit Hochdruck an der Freilassung von Íngrid Betancourt.

Die franko-kolumbianische Politikerin aus den Händen der linksradikalen Guerillaorganisation Farc zu retten, sei eine "Priorität der französischen Außenpolitik", verkündete er kürzlich. Er sei sogar bereit, in den kolumbianischen Dschungel zu reisen, um die schwerkranke Geisel in Empfang zu nehmen.

Die Fernsehbilder von der Geiselübergabe im Dschungel würden dem derzeit ramponierten Image des erblassten Super-Sarko neuen Glanz geben. Die französische Öffentlichkeit nimmt intensiv Anteil am Schicksal der Geisel, die seit sechs Jahren in der Gewalt der kolumbianischen Terroristen ist. Und als solche gelten die Rebellen der Farc, die ihren Kampf mit der Kokainproduktion und Lösegeldern finanziert, nicht nur in Kolumbien und den USA, sondern auch in Europa.

In einem am Mittwochabend (Ortszeit) im kolumbianischen Fernsehen ausgestrahlten Interview stellte Sarkozy den Guerilleros jetzt in Aussicht, sie im Gegenzug für Betancourts Freilassung von der Terror-Liste zu streichen. Farc stünde zwar derzeit auf einer solchen Liste, sagte der Präsident. "Wenn Sie Íngrid Betancourt befreien, wird ein Teil der Welt Sie vielleicht etwas anders ansehen."

Abgemagert ist die von Farc-Rebellen verschleppte ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Íngrid Betancourt zum ersten Mal seit Jahren auf Videoaufnahmen zu sehen.
 Abgemagert ist die von Farc-Rebellen verschleppte ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Íngrid Betancourt zum ersten Mal seit Jahren auf Videoaufnahmen zu sehen.

Offiziell möchte die kolumbianische Regierung Sarkozys Vorstoß nicht kommentieren. Inoffiziell sprechen Diplomaten jedoch von einer schweren Enttäuschung. Denn nachdem die Nachbarländer Venezuela und Ecuador wegen eines kolumbianischen Militärschlags auf ecuadorianischem Gebiet ihre Truppen an der Grenze aufmarschieren ließen, braucht der bedrängte Uribe den Beistand seiner europäischen Verbündeten und den USA im Kampf gegen die Farc dringender denn je.

Die Farc als politische Gruppierung einzustufen, gilt in der kolumbianischen Regierung als nicht verhandelbar. Zuerst müsste sie sämtliche Gefangene freilassen und ihre Waffen niederlegen. Denn die Rebellen haben mehrere Hundert Menschen in ihrer Gewalt, die sie teils gegen Lösegeld teils gegen gefangene Farc-Kämpfer eintauschen wollen. Noch vor einem Monat hatte Sarkozy Uribe persönlich bei dessen Besuch in Paris versprochen, sich bei seinen Bemühungen um Betancourts Freilassung fest an diese Linie zu halten.

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Aus der FTD vom 07.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

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