Dossier

Exklusiv EADS stärkt Basis für US-Expansion

von Gerhard Hegmann (München)

Mit der Entscheidung der US-Luftwaffe, ihre neuen Tankflugzeuge bei Airbus zu bestellen, stößt das deutsch-französische Unternehmen die Tür zum weltgrößten Rüstungsmarkt USA weit auf. "Wir machen einen großen Schritt beim Ausbau unserer Militäraktivitäten und bauen unsere Internationalisierung weiter aus", sagte Airbus-Chef Thomas Enders der FTD.

Vor dem Hintergrund des schwachen Dollar helfen zwar die künftig größeren US-Aktivitäten. Dies bedeute aber nicht, dass die Einsparziele in Europa unter dem Dach des Umbauprogramms Power 8 kleiner ausfallen könnten. "Der Auftrag hilft uns, ändert aber nichts an der Notwendigkeit der Einsparmaßnahmen und des Stellenabbaus", sagte der Airbus-Chef.

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Nach der langfristigen EADS-Prognose will der Konzern bis 2020 rund die Hälfte seines Umsatzes mit Aktivitäten außerhalb des zivilen Airbus-Geschäfts erzielen. Für 2007 schätzen Analysten den Airbus-Umsatzanteil auf etwa 60 Prozent. Für den Tankerauftrag hatte das Pentagon einen US-Arbeitsanteil von über 50 Prozent gefordert.

Ein B-2 Stealth Bomber wird in der Luft von einem Tankflugzeug betankt (Computeranimation)
 Ein B-2 Stealth Bomber wird in der Luft von einem Tankflugzeug betankt (Computeranimation)

EADS hatte 2006 einen ersten Hubschrauberauftrag vom US-Heer bekommen und im Gegenzug dafür eine Eurocopter-Fertigung mit rund 250 Beschäftigten in den USA aufgebaut. Der US-Tankerauftrag ist aber erheblich größer. Insgesamt will die US-Luftwaffe ihre gut 530 fliegenden Tankstellen ersetzen. In einer ersten Runde wurde jetzt der Auftrag über 179 Maschinen im Gesamtwert von etwa 35 bis 40 Mrd. $ vergeben. Unter Experten wird der Auftrag als Jahrhundertentscheidung gehandelt, weil das Gesamtvolumen in den nächsten Jahrzehnten auf weit über 100 Mrd. $ steigen kann.

Nicht zuletzt um die Pentagon-Vorgabe einzuhalten, hatte EADS daher zusammen mit seinem US-Partner Northrop Grumman dem Pentagon und der US-Politik zugesagt, ein US-Werk zu errichten. So wird der EADS-Konzern eine Endmontage im südlichen Bundesstaat Alabama aufbauen. "Wir werden etwa 500 Mio. $ in die erste Airbus-Endmontage in den USA investieren", sagte ein Airbus-Sprecher der FTD. Dort soll neben dem Tankflugzeug auch das zivile Frachtflugzeug auf der Basis der A330 gefertigt werden. Ohne diese US-Produktion wäre die Bewerbung um den Auftrag aussichtslos gewesen.

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In Mobile im Bundesstaat Alabama entsteht das somit weltweit vierte Werk für eine Airbus-Auslieferung. Nach den Auslieferungswerken in Toulouse, in Hamburg sowie in China wird Mobile als erste Airbus-Endmontagelinie in Amerika zunächst etwa 2000 Menschen beschäftigen.

Einen großen Anteil an der US-Wertschöpfung hat neben dem drittgrößten US-Rüstungskonzern Northrop Grumman, der die Elektronik liefert, auch der Triebwerkslieferant General Electric. "Wir hätten den Auftrag niemals allein gewinnen können", sagt daher Enders. Laut Northrop Grumman liegt der US-Wertschöpfungsanteil bei den Tankern bei über 60 Prozent. Airbus-Chef Enders, der im vergangenen Jahr noch Co-Chef von EADS neben Louis Gallois war, gilt als langjähriger Befürworter einer transatlantischen Achse von EADS.

Seit ihrer Gründung vor rund acht Jahren verfolgte vor allem die deutsche Fraktion von EADS einen Ausbau der US-Geschäfte, während der französische Ex-Airbus-Chef Noël Forgeard stark zögerte. Dabei hat EADS nach wie vor einen großen Nachholbedarf im US-Geschäft. Während der britische Rüstungskonzern BAE Systems - Europas größter Rüstungskonzern - 40 Prozent seines Umsatzes in den USA erzielt, kommt EADS derzeit gerade einmal auf ein Prozent, wenn man die zivilen Airbus-Geschäfte ausklammert. Jüngst kündigte EADS-Chef Louis Gallois an, dass der Konzern gezielt in den USA zukaufen will.

Kurzfristig wird sich der US-Tankerauftrag nicht im EADS-Umsatz niederschlagen. Die ersten Serienmaschinen sollen etwa 2013 geliefert werden. Die US-Bank JP Morgan rechnet damit, dass in fünf Jahren etwa 3,6 Mrd. $ im Tankergeschäft erzielt werden, davon würden 2,4 Mrd. $ auf EADS entfallen. Die operative Umsatzmarge setzten die Analysten auf zehn Prozent jedes Jahr an.

Von diesen Margen sind EADS und Airbus derzeit weit entfernt. Am 11. März legt der Konzern seine Bilanz für 2007 vor, mit hohen Verlusten für Airbus und voraussichtlich auch einem EADS-Konzernverlust.

Das Pentagon kauft immer öfter in Europa ein

Der Tankerauftrag ist nicht der erste große Fall, bei dem sich das Pentagon für ein Modell aus Europa und gegen einen US-Hersteller entschieden hat. Manchmal bleibt den US-Militärs gar keine andere Wahl.

Präsidenten-Hubschrauber Im Juni 2005 entschied sich die US Marine, für ihre neue Flotte der Präsidenten-Hubschrauber auf ein Grundmodell des italienisch-britischen Agusta-Westland-Konzerns zurückzugreifen. Der europäische Hersteller verbündete sich für die Ausschreibung mit dem US-Rüstungskonzern Lockheed Martin und gewann den 1,7 Mrd. $ Auftrag für zunächst 28 Maschinen. Die Hubschrauber US101 sollen ab dem kommenden Jahr bis 2015 ausgeliefert werden. Konkurrent war der große US-Hubschrauberhersteller Sikorsky, der bislang die als "Marine One" bekannten US-Präsidenten-Hubschrauber lieferte.

Militärtransporter Im Juni 2007 wählte die US-Luftwaffe und das US-Heer bei ihrer ersten gemeinsamen Bestellung für ein neues mittelgroßes Transportflugzeug das Modell des italienischen Alenia-Konzerns aus. Alenia verbündete sich für den Auftrag für zunächst 78 Flugzeuge im Wert von gut 2 Mrd. $ mit dem US-Rüstungskonzern L-3. Die Besonderheit bei dem Auftrag für das Joint Cargo Aircraft war, dass in der letzten Runde praktisch die Auswahl nur zwischen zwei europäischen Modellen bestand. In die Schlussrunde kam auch EADS mit dem US-Partner Raytheon, unterlag aber. Raytheon/EADS protestierten später erfolglos gegen die Entscheidung.

Heeres-Hubschrauber Im Juni 2006 entschied das US-Heer, 322 Hubschrauber für rund 3 Mrd. $ beim europäischen Hersteller Eurocopter zu bestellen. Im Gegenzug bauten die Europäer ihr Werk in Columbus im Bundesstaat Mississippi aus und schufen Arbeitsplätze. Das Eurocopter-Modell setzte sich gegen mehrere Wettbewerber durch, darunter die US-Firmen Bell und MD Helicopter. Der EADS-Konzern, zu dem Eurocopter gehört, feierte die Bestellung als ersten Durchbruch auf dem US-Markt. Eurocopter-Chef Lutz Bertling erwartet Folgeaufträge.

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Aus der FTD vom 03.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

 

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