Energie

Stadtwerke setzen auf Wind

von Ralf Köpke

Regionale Energieversorger haben Windparks vor der Nordseeküste als Investment entdeckt. Der Erwerb kleiner Anteile ermöglicht auch finanzschwachen Stadtwerken die Beteiligung.

Bochum liegt bekanntlich tief im Westen, die Nordseeküste bei Emden ist gut 280 Kilometer entfernt. Dennoch zieht es die Ruhrpöttler demnächst aufs Meer. Oder besser gesagt: ihre Stadtwerke. Zusammen mit mehr als 30 weiteren Kommunalversorgern haben sich die Stadtwerke Bochum am Offshore-Windpark "Borkum-West II" mit einer Leistung von 400 Megawatt (MW) beteiligt.

Bei dem Vorhaben rund 45 Kilometer nördlich vor der ostfriesischen Insel sollen ab 2011 insgesamt 80 Propeller der Fünf-MW-Klasse sauberen Strom produzieren - und zwar umgerechnet für gut 400.000 Haushalte. Dass sich Stadtwerke an einem Offshore-Windpark beteiligen, ist ein Novum in der deutschen Energielandschaft.

Bislang liest sich die Liste der Investoren eher wie ein "Who's who" der großen, kapitalkräftigen Energiekonzerne: So ist Eon gleich bei fünf Projekten an der deutschen Nord- und Ostseeküste im Boot, bei Vattenfall sind es drei. In England sind bekannte Größen wie Shell, Dänemarks größtes Energieunternehmen Dong oder das RWE-Tochterunternehmen Innogy mit von der Partie.

Offshore-Projekt mit Signalcharakter

Für Michael Müller, den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesumweltministerium, hat das kommunale Offshore-Projekt Signalcharakter: "Borkum-West II widerlegt eindrucksvoll die Behauptung, dass Offshore-Windparks in Deutschland nur von den großen Energieversorgern finanziert und gebaut werden können.

Wir bekommen nun mit der Stadtwerke-Initiative einen konzernunabhängigen Stromproduzenten in die Nordsee, was für mich ein Vorbild für weitere unabhängige Investoren ist, die nun sicherlich folgen werden." Dass auch Stadtwerke die Stromerzeugung auf See nutzen, ist einem Vorstoß der Trianel-Gruppe zu verdanken, einem trinationalen Verbund von mehr als zwei Dutzend Kommunalversorgern.

Bei "Borkum West II" überträgt Trianel das Prinzip, mit dem das Unternehmen schon seine ersten beiden Kraftwerkprojekte vermarktet hat: Bei dem seit vergangenem Herbst laufenden Gaskraftwerk in Hamm-Uentrop sowie dem geplanten Kohlekraftwerk in Lünen konnten sich die interessierten Gesellschafter und Partner anteilig mit sogenannten Scheiben einkaufen.

Scheibchenweise Windenergie

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"Bei Borkum West liegt das Gros der Scheiben zwischen drei bis zehn Megawatt, womit wir es vielen Stadtwerken erstmals ermöglichen, offshore zu gehen und so ihr Erzeugungsportfolio mit grüner Energie abzurunden", sagt Trianel-Geschäftsführer Sven Becker. Die größte Scheibe mit 50 MW haben sich die Stadtwerke Bochum reservieren lassen. Ohne diese "Scheiben"-Taktik wäre wohl kaum ein Stadtwerk bei Borkum West II beteiligt.

Das Investitionsvolumen für das Vorhaben beläuft sich auf rund 1 Mrd. Euro, wobei eine MW-Scheibe 2,5 Mio. Euro kostet. Eine Investition von 12,5 Mio. Euro für fünf MW können die Stadtwerke gegenüber ihren Räten durchaus rechtfertigen, zumal sich dadurch der regenerative Anteil am Erzeugungsportfolio deutlich erhöht. Kein Zufall ist es, dass die Firma Prokon Nord Energiesysteme aus Leer Partner des Trianel-Verbunds auf See ist.

Prokon Nord hat im Vorfeld alle Planungsarbeiten für Borkum West II übernommen, ist aber auch Mitgesellschafter des Windturbinenherstellers Multibrid, dessen Anlagen vom Typ M5000 bei dem Vorhaben zum Einsatz kommen werden. Prokon selbst hatte Multibrid im Jahr 2003 von dem Unternehmen Pfleiderer Wind Energy übernommen und die Fünf-MW-Windturbine weiterentwickelt. Im vergangenen Jahr schluckte der französische Atomkonzern Areva 51 Prozent von Multibrid.

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FTD.de, 08.03.2008
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