Ein kalter Schauer wird einigen arabischen Diplomaten in Doha den Rücken hinuntergelaufen sein, als sie im Dezember dem Ehrengast auf dem Gipfel des Golfkooperationsrats lauschten. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad war gekommen, um den Gastgebern seine Vision für die Region vorzutragen. Und dabei sprach er unentwegt vom "Persischen" Golf - ein Affront für die Mitglieder der Staatenorganisation. Die sprechen lieber vom "Arabischen" Golf und sahen in Ahmadinedschads Wortwahl einen Beleg für seinen Hegemonialanspruch.
Dass der iranische Präsident aber überhaupt auftreten durfte vor dem Gremium, ist ein Zeichen für den Wandel am Golf - am Arabischen in diesem Fall. Jahrelang hatte ein von Saudi-Arabien geführter Block versucht, sich vom Iran abzugrenzen. Man lag damit auf der Linie der USA, die Teheran nicht nur regional isolieren wollten. Mit der Verwirrung über die US-Linie gegenüber dem Mullahregime aber wächst am Golf das Interesse an einem eigenen diplomatischen Ansatz.
"Alles befindet sich in einem großen Umbruch", sagt Simon Henderson vom Washington Institute for Near East Policy. "Es ist schwierig, eine einheitliche politische Linie gegenüber dem Iran auszumachen." Die Staaten achteten nun stärker auf ihr eigenes Interesse gegenüber dem Iran. Die Differenzen der Golfstaaten träten stärker zutage. "Ein kleines Land wie Katar ist nicht bereit, sich von den Saudis dominieren zu lassen", sagt Henderson. Andere Staaten wie Kuwait oder Bahrain seien vorsichtig wegen ihrer Nähe zum Iran oder weil sie wie der Iran über eine schiitische Bevölkerungsmehrheit verfügen.
Katar war es auch, das den Iran auf dessen Drängen hin zum Treffen des Golfkooperationsrat lud - offenbar ohne genaue Absprache mit den Partnern. Bereits zuvor hatte das Land sich gegen die Mehrheit der Golfanrainer gewandt. Es enthielt sich im Uno-Sicherheitsrat bei der Abstimmung über ein internationales Tribunal zur Aufklärung des Mordes am libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri und blieb stumm, als die anderen die Übernahme des Gazastreifens durch die radikale Hamas geißelten.
Die Nähe zu den USA werden die Golfstaaten nicht aufgeben. Genauso wenig aber wollen sie sich Präsident George W. Bush fügen, der auf seiner heute endenden Reise eine harte Front gegen den Iran beschwor, obwohl die US-Geheimdienste im Dezember berichteten, der Iran habe die Arbeit an Atomwaffen im Herbst 2003 aufgegeben.
"Wir glauben eher den amerikanischen Geheimdiensten als der amerikanischen Regierung", sagt Mustafa Alani vom Gulf Research Center in Dubai. Daher gebe es die Tendenz, den Iran einzubinden. "Wir sind wichtige Handelspartner des Iran", so Alani. "Und noch haben wir den Punkt nicht erreicht, an dem wir zwischen Geschäft und Sicherheit wählen müssen."
Saudi-Arabien folgte dem Beispiel Katars und lud Ahmadinedschad kurz nach seinem Besuch in Doha zur Pilgerfahrt nach Mekka ein. Vielleicht hatte der katarische Ministerpräsident Hamad Bin Dschassim die Saudis beschwichtigen können: Das mit dem Persischen Golf habe Ahmadinedschad nicht so gemeint. Schließlich sei das der historische Begriff.
Aus der FTD vom 16.01.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: reuters
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