Sarkozy lenkt von Niederlage ab

von Lutz Meier (Paris)

Nach der Wahlniederlage seiner Partei sucht Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Zuflucht bei seinem alten Erfolgsthema - illegale Immigranten. Auch seine Partei versucht zu beschwichtigen.

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Als die für Staatschef Sarkozy teilweise niederschmetternden Resultate der ersten Runde der Kommunalwahlen feststanden, kündigte der Präsidentensprecher für Dienstag eine Reise nach Südfrankreich an, bei der es um die Kontrolle der Einwanderung gehen soll. Unter anderem trifft sich Sarkozy mit Grenzpolizisten, die gegen illegale Zuwanderung aus Nordafrika kämpfen. Mit Plädoyers für repressive Einwanderungspolitik hatte Sarkozy einst seinen Aufstieg begonnen.

Sarkozy selbst äußerte sich zu dem Wahlergebnis zunächst nicht. Zahlreiche Bürgermeister seiner konservativen Partei UMP müssen beim zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag um ihre Posten bangen. Die Wahllisten der Linken landeten mit knapp 48 Prozent klar vor denen der rechten Parteien, die gut 45 Prozent der Stimmen erhielten. Ob die Niederlage zum Fiasko für die Präsidentenpartei wird oder nicht, klärt sich aber erst am kommenden Sonntag. Um ihre Chancen zu wahren, versuchten UMP-Vertreter am Montag, die Niederlage zu relativieren. "Man hat uns so sehr eine absolute Katastrophe angekündigt, dass es nur eine kleine Niederlage ist", sagte UMP-Generalsekretär Patrick Devedjian. "Nach der Warnung an die Adresse von Nicolas Sarkozy müssen die Wähler im zweiten Wahlgang die Strafe verteilen", sagte Sozialistenchef François Hollande. Die Sozialisten, die vor allem in den großen Städten gut abschnitten, sehen das Votum als Auftakt zur Rückeroberung der Macht im Jahr 2012. Allerdings müssten sie dazu zuerst ihren Machtkampf um Führung und Linie der Partei klären.

Die Franzosen haben Nicolas Sarkozy an der Wahlurne einen Denkzettel verpasst.
 Die Franzosen haben Nicolas Sarkozy an der Wahlurne einen Denkzettel verpasst.

Der Politiksoziologe Philippe Braud, Professor am Institut für Politische Studien in Paris, urteilte: "Es handelt sich mehr um einen Warnschuss der Wähler als um eine Abstrafung der Regierungspolitik." Das Votum hätte die UMP noch schlimmer treffen können, wenn Sarkozy sich vor der Wahl nicht so zurückgehalten hätte. Der Popularitätsverlust des Präsidenten hatte die politische Debatte im Wahlkampf geprägt wie kein anderes Thema - auch wenn viele Wähler angaben, dass lokale Themen ihre Entscheidung bestimmt hätten. Sarkozy hatte seine Überlegung fallen gelassen, zugunsten von UMP-Kandidaten in den Wahlkampf einzugreifen. Einige der UMP-Vertreter verzichteten beim Werben um Wähler zudem betont auf das Parteilogo.

Dennoch muss die UMP etwa in Marseille, Toulouse und Straßburg und damit gleich in drei wichtigen Städten um die Macht bangen. Der sozialistische Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë deklassierte mit 42 Prozent seine UMP-Gegnerin, die 28 Prozent erhielt, und in Lyon gewann der linke Rathauschef bereits im ersten Wahlgang.

Beide Lager buhlen nun um die neue politische Formation der Mitte in Frankreich: die Partei Modem, die von dem erfolgreichen liberalen Präsidentschaftskandidaten François Bayrou gegründet wurde, der als Bürgermeisterkandidat in der Pyrenäenmetropole Pau nun knapp hinter dem Sozialistenkandidaten landete. Die Modem-Stimmen sind im zweiten Wahlgang wichtig, da hier fusionierte Listen antreten dürfen. Sowohl Sozialisten als auch UMP boten Modem Platz auf ihren Listen an.

Sarkozy bleibt bis dahin ein Trost: Sein Sohn wurde in Neuilly im ersten Wahlgang in den Rat des Departements Hauts-de-Seine gewählt.

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Aus der FTD vom 11.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

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