Iran-Politik vertreibt US-Admiral

von Demitri Sevastopulo (Nebraska) und Benjamin Dierks (Berlin)

Nach nur einem Jahr im Amt ist der für den Nahen Osten verantwortliche US-Oberkommandierende William Fallon unerwartet zurückgetreten. Fallon musste seinen Posten offenbar wegen Meinungsverschiedenheiten über die US-Politik in der Region räumen.

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Er hatte sich wiederholt öffentlich zur Strategie der US-Regierung vor allem gegenüber dem Iran geäußert und soll damit führende Regierungsbeamte in Washington gegen sich aufgebracht haben. Das Pentagon gab den Schritt des 63-jährigen Admirals am Dienstag bekannt.

"Jüngste Presseberichte, die einen Bruch zwischen meinen Ansichten und den Politikzielen des Präsidenten unterstellen, sind in einer kritischen Zeit zu einer Ablenkung geworden", sagte Fallon in einem Statement. Er hatte in mehreren Äußerungen die Bedeutung der Diplomatie im Konflikt mit dem Iran betont und sich für einen entschiedeneren Truppenabzug aus dem Iran starkgemacht. Ausschlaggebend war offenbar ein Bericht des Magazins "Esquire", in dem Fallon als Kommandeur porträtiert wird, der "schamlos seinen Oberbefehlshaber infrage stellt".

In Washington wurden Befürchtungen laut, dass sich der US-Kurs gegenüber dem Iran nach dem Ausscheiden Fallons deutlich verschärfen könnte. US-Verteidigungsminister Robert Gates sah sich deshalb gezwungen, Gerüchte über einen baldigen Krieg gegen den Iran umgehend zu dementieren. Die Politik gegenüber dem Iran werde sich nicht ändern, sagte er in Washington. Das Pentagon widersprach auch führenden Demokraten, die den Rücktritt Fallons als Zeichen dafür deuteten, dass Kritik vom Weißen Haus unterbunden werde. Senatsfraktionschef Harry Reid und Senator Edward Kennedy hatten moniert, die Regierung wolle Kritiker mundtot machen.

Differenzen mit dem Weißen Haus: Admiral William Fallon ist zurückgetreten.
 Differenzen mit dem Weißen Haus: Admiral William Fallon ist zurückgetreten.

Fallon hatte in einem Interview mit der Financial Times Äußerungen von George W. Bush zwar nicht direkt kommentieren wollen. Er sagte aber, dass "die kriegerischen Kommentare generell nicht sonderlich hilfreich" seien. In den Monaten zuvor hatten Bush und Dick Cheney einige harte Statements zum Iran abgegeben, die zu Spekulationen über einen Krieg gegen das Mullah-Regime geführt hatten. Ähnliche Kritik hatte Fallon im Gespräch mit dem arabischen TV-Sender al-Dschasira geäußert.

Gates trifft der Rücktritt Fallons besonders schwer. Er hatte den Leiter des Central Command, das für das Gebiet vom Horn von Afrika bis Zentralasien zuständig ist, zum Amtsantritt in höchsten Tönen gelobt. Der Rücktritt kommt nur Wochen vor dem gemeinsamen Bericht von Fallon und dem Oberbefehlshaber der US-Truppen im Irak, General David Petraeus, über die Lage im Irak. Fallon und Petraeus waren sich uneinig über den Abzug der US-Truppen aus dem Land.

Bis auf Weiteres soll nun Fallons bisheriger Stellvertreter Martin Dempsey das Central Command führen. Als möglicher Nachfolger gilt auch Petraeus. Berichten aus Washington zufolge wurde das Verteidigungsministerium vom Ausscheiden Fallons getroffen, ohne Vorbereitungen getroffen zu haben.

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Aus der FTD vom 13.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

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