Bewährungsstrafen für Ausbilder der Bundeswehr

Einer der größten Strafprozesse in der Geschichte der Bundeswehr ist beendet: Fünf ehemalige Ausbilder wurden zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Die Diskussion um die Misshandlung von Rekruten ist damit jedoch nicht beendet.

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Das Landgericht Münster verurteilte die drei ehemaligen Zugführer zu einem Jahr und zehn Monaten, einen weiteren Angeklagten zu einem Jahr und neun Monaten. Der fünfte Ausbilder erhielt zehn Monate. Die Richter verhängten zudem eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 50 Euro für einen ehemaligen Kompaniechef. Drei Angeklagte wurden freigesprochen. Ein Verfahren wurde eingestellt.

Die verurteilten Ausbilder hatten bei fingierten Geiselnahmen im Jahr 2004 im Rahmen der Grundausbildung Rekruten unnötig Schmerzen zugefügt und sie zum Teil gedemütigt. Das Gericht sah den Tatbestand der Misshandlung sowie in einigen Fällen der entwürdigenden Behandlung und der gefährlichen Körperverletzung als erwiesen an. Die Staatsanwaltschaft hatte Bewährungsstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren gefordert sowie in einem Fall eine Geldstrafe in Höhe von 4800 Euro. Die Verteidiger hatten in neun von zehn Fällen Freispruch beantragt.

Der Prozess ist beendet: Ein Angeklagter in Bundeswehruniform im Gerichtssaal des Landgerichts Münster
 Der Prozess ist beendet: Ein Angeklagter in Bundeswehruniform im Gerichtssaal des Landgerichts Münster

Wegen der Misshandlung von Rekruten in der Freiherr-vom-Stein-Kaserne in Coesfeld mussten sich insgesamt 18 damalige Ausbilder verantworten. Sie waren angeklagt, bei vier simulierten Geiselnahmen 163 Rekruten misshandelt und entwürdigend behandelt zu haben. Gegen einen Angeklagten hatte das Gericht bereits im August eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verhängt, fünf weitere hatten Geldstrafen erhalten. Zwei Angeklagte waren freigesprochen worden. Die zehn verbliebenen Angeklagten hatten bis zuletzt beteuert, sich keiner Schuld bewusst zu sein.

Wehrdienstleistende sollen ihre Rechte wahrnehmen

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, forderte Wehrdienstleistende aus Anlass des Urteils zu einer aktiven Wahrnehmung ihrer Rechte auf. Jeder Rekrut müsse wissen, dass er seine Grundrechte nicht an der Garderobe ablege, wenn er in die Kaserne einziehe, sagte er im RBB-Inforadio.

Besonders bestürzt hat Robbe eigenen Angaben zufolge, dass die Vorfälle um die Rekruten-Misshandlungen nur durch einen Zufall ans Tageslicht gekommen sind. Keiner der betroffenen 163 Rekruten habe sich an den Wehrbeauftragten oder unmittelbar vorgesetzten Disziplinarbeauftragten gewandt. "Das gibt mir am meisten zu denken", sagte Robbe.

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FTD.de, 12.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

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