USA erhalten Zugriff auf deutsche Polizei-Datenbanken

Deutschland und die USA wollen den Datenaustausch bei der Jagd auf Terrorverdächtige erleichtern. Fingerabdrücke und andere sensible Daten könnten danach schneller den Atlantik überqueren. Datenschützer kritisieren die Pläne.

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Beide Regierungen paraphierten am Dienstag in Berlin ein Abkommen, das den automatisierten Abgleich von Genprofilen und Fingerabdrücken mit den Datenbanken im jeweils anderen Staat ermöglicht. So soll künftig binnen Minuten geklärt werden, ob ein Verdächtiger auch jenseits des Atlantiks bereits im Visier der Fahnder ist. Zugleich räumen Deutschland und die USA Hürden beim Austausch von Informationen über sogenannte Gefährder aus dem Weg: Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Fingerabdrücke sollen die Fahndungsbehörden ohne Antrag übermitteln dürfen.

Während die Regierungen von einem Fortschritt im Kampf gegen den Terrorismus sprachen, kritisierte der oberste deutsche Datenschützer Peter Schaar den mangelhaften Schutz der Privatsphäre. Die USA erhielten mit dem Abkommen auch Informationen über Schwarzfahrer, Anti-Atomkraft-Demonstranten, Asyl- und Visa-Bewerber, sagte Schaar im Deutschlandfunk. Ein angemessener Schutz der Privatsphäre sei nicht gewährleistet. "Es gibt dort zwar ein Datenschutzgesetz, aber das gilt nur für US-Bürger und solche Personen, die sich dort langfristig aufhalten - ausdrücklich nicht für Daten, die aus dem Ausland kommen", sagte er.

Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) wies dagegen darauf hin, dass die US-Behörden keinen unmittelbaren Zugriff auf die Informationen in den deutschen Datenbanken erhalten würden. So sollen die US-Fahnder bei einem Fingerabdruck- oder DNA-Abgleich lediglich erfahren, ob überhaupt Informationen zur betreffenden Person vorliegen. Alle weiteren Daten wie Name und Adresse des Verdächtigen sollen nicht auf Knopfdruck übermittelt werden: Hier müssten sich die Staaten wie bisher auf dem Weg der Rechtshilfe einigen.

Dabei ist der gegenseitige Zugriff auf die Gen-Datenbanken derzeit ohnehin noch Zukunftmusik: Die USA müssen zunächst die rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass die Deutschen sich in ihre DNA-Datenbank einklinken können. "Wir hinken Europa hier hinterher", sagte US-Justizminister Michael Mukasey. Der Abgleich der Fingerabdrücke gilt dagegen als technisch unproblematisch.

Unklar blieb zunächst, wann das Abkommen in Kraft treten kann. In Deutschland müssen noch Bundesregierung und Bundestag zustimmen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Zypries setzen auf eine Ratifizierung in dieser Legislaturperiode. Außerdem hoffen Deutschland und die USA darauf, dass die Vereinbarung zum Modell für ähnliche Abkommen mit den übrigen EU-Staaten wird.

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FTD.de, 11.03.2008
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