Fed und Weißes Haus kämpfen gegen Krise

von Tobias Bayer (Frankfurt) und Krishna Guha (Washington)

Washington fährt alle Geschütze auf, um einen Zusammenbruch des Finanzsystems abzuwenden. Finanzminister Paulson will den Hypothekenmarkt reformieren. Die Notenbank wird die Zinsen senken und womöglich Ramschpapiere aufkaufen.

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Nach Informationen der Financial Times wird die US-Notenbank alles tun, um eine Rezession der größten Volkswirtschaft der Welt abzuwenden und den Vereinigten Staaten ein Schicksal wie Japan in den 90-er Jahren zu ersparen. Japan litt jahrelang unter einer Deflation. Unterstützt werden die Währungshüter vom Weißen Haus. US-Finanzminister Henry Paulson wird am Donnerstag neue Maßnahmen vorstellen. Mit einem Reformpaket will er den Hypothekenmarkt krisenfester machen.

Die Fed und das Weiße Haus versuchen damit, beruhigend auf die Anleger einzuwirken. Bisher haben die Zinssenkungen, die geldpolitischen Stützungsaktionen und auch ein milliardenschweres Konjunkturprogramm nicht die Nervosität dämpfen können. Als besonders besorgniserregend werden die Schieflage mehrerer Hedge-Fonds und die immensen Verluste der staatlichen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac gewertet. Banken und Wertpapierhändler drängen deshalb darauf, dass die Notenbank Problemkredite und Ramschpapiere aufkauft - und damit der Kapitalnot der Finanzinstitute ein Ende bereitet.

Paulson präsentiert Maßnahmenpaket

Will den Hypothekenmarkt reformieren: Henry Paulson, US-Finanzminister
 Will den Hypothekenmarkt reformieren: Henry Paulson, US-Finanzminister

Finanzminister Paulson wird am Donnerstagnachmittag Vorschläge der President's Working Group on Financial Markets präsentieren. In einem Interview sagte Paulson: "Wir haben alle Fehler gemacht. Wir heben deshalb niemand heraus. Auch die Aufsicht hat Fehler gemacht."

Paulsons Pläne sehen vor, die Aufsicht über Hypothekenanbieter und -makler zu verschärfen. Angestrebt werden landesweite Lizenzierungsstandards. Die Ratingagenturen sollen aufgefordert werden, die Bewertungen von strukturierten Produkten stärker von denen normaler Anleihen abzugrenzen. Die Emittenten von hypothekenbesicherten Wertpapieren sollen dazu verpflichtet werden, mehr über die Due Diligence - das bedeutet die Überprüfung - der Kreditrisiken mitzuteilen. Zudem sollen die Eigenkapitalstandards Basel II überarbeitet werden. So soll gewährleistet werden, dass die Banken bei Verbriefungen und Auslagerungen in Zweckgesellschaften ausreichend Kapital auf ihren Bilanzen halten und auf ihre Liquidität achten.

Bernanke-Rede von 2002 gibt Hoffnung

Der US-Notenbank Fed hat den Leitzins seit Mitte September um 225 Basispunkte gesenkt und mit neuen geldpolitischen Instrumenten wie den "Term Auction Facilities" (TAFs) und "Term Securities Lending Facilities" (TSLF) für zusätzliche Liquidität gesorgt. Marktteilnehmer hoffen darauf, dass Fed-Chef Ben Bernanke nachlegt. Auf der Zinssitzung kommende Woche wird mit einer Senkung um weitere 75 Basispunkte gerechnet. Doch auch weitere geldpolitischen Stützungsaktionen werden als wahrscheinlich angesehen.

Die Anleger stützen ihre Hoffnungen auf eine Rede Bernankes vom November 2002. In einem Vortrag mit dem Titel "Deflation: Making Sure it doesn't happen here" schilderte der Notenbankchef, wie eine Krise abgewendet werden kann. "Wenn sich die Fundamentaldaten der Wirtschaft plötzlich verschlechtern, sollte die Notenbank früher und aggressiver als üblich die Zinsen senken", sagte Bernanke damals. "Wenn die Finanzstabilität bedroht ist, sollte die Fed das Diskontfenster und andere Mittel nutzen, wie sie es bereits während des Aktiencrashs von 1987 und den Terroranschlägen vom 11. September getan hat."

Aufkauf von Ramschpapieren möglich

Bernanke schloss in der Rede damals auch ein, dass die Fed selbst in den Handel mit Staatsanleihen und anderen Wertpapieren eingreift. "Die Notenbank könnte niedrigverzinste Darlehen an Banken vergeben und im Gegenzug eine Reihe verschiedener Sicherheiten akzeptieren", sagte Bernanke. Solch eine Maßnahme würde über die TAFs und TLFS deutlich hinausgehen. Bei TAFs handelt es sich um ein traditionelles Repogeschäft, bei den TLFS werden nur Wertpapiere gegen Wertpapiere getauscht.

Bernanke warnte 2002 vor Notverkäufen - sogenannte Fire Sales - von Problempapieren und zitierte ein Forschungspapier von Yale-Ökonom Irvin Fisher. Fisher betonte die "Verbindung von Finanzkrisen mit Notverkäufen von Wertpapieren, die zu einem Preisverfall führen, die Nachfrage drücken und damit das allgemeine Preisniveau senken." Bernanke sagte: "Die US-Regierung hat eine Technik, die Gelddruckmaschine, und kann soviel Dollar produzieren wie sie will. Eine Regierung kann immer Nachfrage schaffen und für positive Inflation sorgen. Eine Deflation kann mit einer Geldspritze immer abgewendet werden."

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FTD.de, 13.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: reuters

 

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