"Ich halte Frank-Walter Steinmeier für geeignet, Kanzlerkandidat zu sein. Peer Steinbrück wäre auch ein möglicher Kanzlerkandidat", sagte Struck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Struck bezeichnete gleichzeitig Parteichef Kurt Beck als "natürlichen Kanzlerkandidaten". Beck habe das erste Zugriffsrecht. "Wenn er das nicht wahrnehmen will, muss er jemand anderes vorschlagen."
Becks Glaubwürdigkeit ist nach seinem Kursschwenk im Umgang mit der Linkspartei in Hessen beschädigt. Dass Struck in dieser Situation öffentlich auf andere Kanzlerkandidaten hinweist, zeigt, wie groß die Angst vor einem schlechten Wahlergebnis mit einem Kandidaten Kurt Beck ist. Der SPD-Chef habe möglicherweise nicht die Kraft, seinen Glaubwürdigkeitsverlust wieder aufzuholen und die Partei zurück in die Offensive zu bringen, fürchten viele. Ohne die Unterstützung Becks, der in den Landes- und Bezirksverbänden der SPD großen Rückhalt genießt, verspricht eine Kandidatur Steinmeiers allerdings wenig Erfolg.
Auch das Bekanntwerden eines Strategiepapiers des früheren Parteivorsitzenden Franz Müntefering im "Spiegel" ist als Angriff auf Beck zu verstehen. "Der Fehler ist gemacht", wird Müntefering in Anspielung auf Becks Öffnung zur Linkspartei zitiert. "Nach diesem Vorlauf kann es keine optimale Lösung geben." Indirekt äußert sich Müntefering auch zur Frage der Kanzlerkandidatur: Die SPD solle im kommenden Bundestagswahlkampf eine Regierungszusammenarbeit mit der Linken ausschließen. "Das muss sich auch in den Personalentscheidungen der SPD klar abzeichnen", schreibt Müntefering. Diese Aussage wird in der SPD als Parteinahme für Steinmeier interpretiert, da Beck eine Abgrenzung zur Linken kaum noch glaubwürdig vertreten könne.
Müntefering hatte sein vier Seiten langes Papier am 24. Februar, dem Tag der Hamburg-Wahl, an Beck sowie dessen drei Stellvertreter Andrea Nahles, Steinmeier und Steinbrück geschickt. Eine Kopie hatte auch Generalsekretär Hubertus Heil erhalten. Er habe das Papier in der Woche vor der Hamburg-Wahl verfasst, hieß es im Umfeld des ehemaligen Parteivorsitzenden. Angetrieben habe ihn die Sorge um die Zukunft der SPD.
Das Papier nährt Spekulationen über eine Rückkehr Münteferings in die Parteiführung. Der 68-Jährige steht derzeit trotz reger Tätigkeit hinter den Kulissen nicht zur Verfügung: Müntefering will seiner an Krebs erkrankten Frau zur Seite stehen. So unwahrscheinlich wie noch vor ein paar Monaten erscheint ein Eingreifen allerdings nicht mehr. Müntefering fühle sich der Sozialdemokratie nach wie vor sehr verpflichtet, heißt es in seinem Umfeld.
Parteichef Beck wehrte sich am Samstag gegen Kritik. "Ich bin nicht willens, mich dem entfachten Sturm der Entrüstung zu beugen", sagte er in Mannheim beim Bundeskongress der Naturfreunde. Er habe lange Zeit geglaubt, es sei möglich, im Umgang mit der Linken zwischen Ost und West zu unterscheiden, verteidigte Beck seine Kehrtwende. "Die vergangenen Landtagswahlen haben jedoch gezeigt, dass dem nicht so ist." Eine Zusammenarbeit auf Bundesebene schloss er "auf lange Zeit" aus.
Aus der FTD vom 17.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa
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