Keine Schnapsidee", das Studium in Brandenburg. Jedenfalls behauptet das die Landesregierung auf bedruckten Bierdeckeln. Im Berliner Bahnhof Friedrichstraße klebte im Sommer ein riesiges Plakat: Der heimische Fischadler stürzte sich nicht auf Beute, sondern den Slogan "Greif dir die Zukunft".
Brandenburg wirbt für seine Hochschulen. Zwar ist die Zahl der Neueinschreibungen dieses Jahr gestiegen, doch das reicht noch lange nicht. Laut einer Umfrage des Hochschul-Informations-Systems (HIS) unter 22.000 Studenten haben die westdeutschen Unis immer noch ein "erdrückend gutes Image". Während ein Viertel aller Abiturienten aus Sachsen, Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern zum Studieren in den Westen geht, schreiben sich nur vier Prozent der Westkinder an ostdeutschen Unis ein.
Dabei sind die Hochschulen im Osten keineswegs schlechter. Nach der Wende grundsaniert, bieten sie oft eine gute Ausstattung und kleine Seminare. Das sehen auch die Studenten so, die in der Umfrage gerade die kleinen Fachhochschulen in den neuen Ländern loben und die niedrigen Lebenshaltungskosten herausstellen. Trotzdem lässt sich die Masse von solchen Argumenten nicht zum Umzug bewegen.
Die Mauer zwischen den Studienstandorten wird zunehmend zum Problem: Experten erwarten, dass im Osten wegen des Geburtenknicks in vier Jahren Studentenflaute herrscht. Den westdeutschen Unis droht dagegen ein Ansturm. 15,7 Mrd. Euro müssen Bund und Länder bis 2020 nach Berechnungen des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) aufwenden, um den sogenannten Studentenberg zu bewältigen. Würden die frei werdenden Studienplätze in Ostdeutschland genutzt, ließen sich 3 Mrd. Euro einsparen.
Daher hat auch der Bund ein Interesse, das Image der Ost-Unis aufzupolieren. 8 bis 10 Mio. Euro sind für eine gemeinsame Initiative der fünf neuen Länder zugesagt. Werbeprofis sollen Wege finden, die Hörsäle in Halle, Jena und Cottbus zu füllen. "Wir brauchen mehr professionelle Ideen", sagt Gerhard Wünscher vom Kultusministerium aus Sachsen-Anhalt.
Bislang kocht jeder sein eigenes Süppchen, die Marketingaktivitäten schwanken zwischen gelungen und gut gemeint. So druckten die Brandenburger eine Hotline-Nummer auf ihre Bierdeckel, bedachten jedoch nicht, dass sich Kneipengänger nicht unbedingt an die regulären Sprechstunden des Ministeriums halten. Die nächtlichen Anrufe liefen ins Leere.
Rostock präsentierte gerade seinen zweiten Kino-Werbespot für die "Uni am Meer". Stufe für Stufe klettert ein Junge, der nach dem Abi flügge wird, die Treppen in seinem Elternhaus hoch, bis er beim Lüften der Dachluke unerwartet vor dem Hauptgebäude der Rostocker Uni steht. "Den mobileren Abiturienten fallen nur die ganz großen Universitätsnamen ein", sagt Johannes Saalfeld, Prorektor für studentische Angelegenheiten. Mit dem Kinospot, in den die Hochschule eine fünfstellige Summe investierte, soll sich das ändern.
Während Erfurt im Kundenmagazin der Deutschen Bahn seine internationalen Abschlüsse herausstellt, wirbt Jena mit günstigen Mieten, guten Lehrbedingungen und trommelt damit, "die studentenfreundlichste Stadt Europas" werden zu wollen. "Man muss den Mund vollnehmen, dann bewegt sich was", sagt Rektor Klaus Dicke.
Solche Sätze schätzt Sebastian Turner, Chef der Agentur Scholz & Friends. "Die Osthochschulen bewegen sich in die richtige Richtung", sagte er bei einer Veranstaltung des CHE in Berlin, bei der Experten und Universitäten über Marketing diskutierten. "Die Unis müssen sich aber von dem katastrophalen Gedanken Go East‘ in den Kampagnen verabschieden und individuelle Vorteile präsentieren."
FTD.de, 19.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD/Maxim Sergienko
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