Fehlbewertungen lassen Kurs von Credit Suisse einbrechen

von Rolf Lebert (Frankfurt)

"Absichtliches Fehlverhalten" eigener Händler hat der Schweizer Großbank Credit Suisse einen Verlust für das laufende Quartal beschert. Der Chef hatte bislang beteuert, es werde einen Gewinn geben. Die Aktie verlor zweistellig.

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Die Credit Suisse muss im ersten Quartal 2008 erstmals seit 2003 mit einem Verlust rechnen. Nach nur vier Wochen revidierte die zweitgrößte Schweizer Bank am Donnerstag ihre bisherige Prognose, das Quartalsergebnis werde zwar um 1 Mrd. Schweizer Franken (640 Mio. Euro) belastet, aber immer noch positiv ausfallen. "Aufgrund der schwierigen Marktlage im März geht die Credit Suisse derzeit nicht davon aus, das erste Quartal 2008 mit einem Gewinn abzuschließen", sagte Konzernchef Brady Dougan bei einer Telefonkonferenz.

Im Februar hatte die Credit Suisse wenige Tage nach Veröffentlichung ihres vorläufigen Jahresabschlusses 2007 weitere Wertberichtigungen auf Wertpapierpools und verbriefte Subprimekredite einräumen müssen. Diese zusätzlichen Abschreibungen belasteten das abgelaufene Geschäftsjahr mit 1,18 Mrd. Franken und führten zu einer Reduzierung des ursprünglich ausgewiesenen Reingewinns von 8,5 Mrd. auf 7,8 Mrd. Franken. Somit verdiente die Bank 2007 sechs Prozent weniger als im Vorjahr. Im ersten Quartal 2008 schlugen die Abschreibungen mit 1,68 Mrd. Franken zu Buche.

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Verantwortlich für die Abschreibungen und Verluste ist nach der offiziellen Darstellung der Bank eine kleine Gruppe von Derivatehändlern, denen Dougan "absichtliches Fehlhalten" vorwirft. Offensichtlich gelang es diesen Händlern, die Risikokontrollen der Bank zu unterlaufen. Die Mitarbeiter müssten mit "ernsthaften Konsequenzen" rechnen, sagte der Vorstandschef. Einige Händler seien entlassen, andere suspendiert und arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet worden.

Der Vorgang erinnert an die Ereignisse bei der französischen Großbank Société Générale, die durch Kursmanipulationen ihres Händlers Jerôme Kerviel 4,9 Mrd. Euro verlor und dadurch zum Übernahmekandidaten geworden ist. Dougan nannte weder die Zahl der Händler noch ihre Namen.

Der Regelverstoß bestand offenbar darin, dass die Gruppe gezielt falsche Preise in ihre Tagesabrechnungen einsetzte. Die Händler seien angewiesen, ihre Tagespositionen bei Handelsschluss zu Marktpreisen abzurechnen, die dann von Vorgesetzten gegengezeichnet werden müssten, sagte Dougan. Nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen treffe die Kontrollinstanzen keine Schuld, die falschen Preisstellungen seien allein von den Händlern zu verantworten gewesen. "Ich tue mir sehr schwer, die Motivation dahinter zu verstehen", sagte Dougan. Der Vorgang sei "absolut inakzeptabel" und lasse sich nicht mit den hohen Standards der Bank vereinbaren.

"Bei der Credit Suisse scheint das Chaos zu herrschen. Weitere negative Überraschungen sind nicht ausgeschlossen", sagte Robert Minde, Analyst bei der BHF Bank in Frankfurt. Als Sofortmaßnahme hat der Vorstand der Credit Suisse die Verantwortlichkeiten für den CDO-Handel neu zugeordnet und die Kontrollen verschärft. Handel, Produktkontrolle, Risikomanagement und Kapitalallokation sollen besser koordiniert werden.

Der Markt reagierte äußerst gereizt auf die Gewinnwarnung. "Das ist extrem peinlich für die Bank und beschädigt ihre Reputation", sagte Peter Thorne, Analyst bei der Brokerfirma Helvea in London. An der Zürcher Börse verlor die Credit-Suisse-Aktie zeitweise mehr als elf Prozent. Seit Juli 2007 sank der Marktwert der Bank um mehr als 50 Prozent auf 54 Mrd. Franken, obwohl sie bis zu dem jetzigen Desaster zu den Häusern zählte, die noch einigermaßen unversehrt aus der globalen Kreditkrise herauskamen. Der Schweizer Mitbewerber UBS hatte 2007 über 20 Mrd. Franken abschreiben müssen und einen Verlust von 4,4 Mrd. Franken verzeichnet.

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FTD.de, 20.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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