Alles andere als eine tote Branche

von Christoph Sterz (Hamburg)

Das Geschäft mit dem Tod ist in Bewegung: Während einerseits Unternehmen mit Kampfpreisen auf den Markt drängen, streben auf der anderen Seite immer mehr junge Menschen eine Ausbildung als Bestatter an. Auch per Internet wird schon beerdigt.

ZUM THEMA

Wenn zweitklassige Fußballvereine einen neuen Sponsor gefunden haben, wird dies meist weitgehend unkommentiert zur Kenntnis genommen. Es sei denn, es handelt sich um einen Gönner der besonderen Art. Beim österreichischen Zweitligisten FC Gratkorn ist das der Fall. Neuerdings prangen auf den Trikots der Mannschaft drei Buchstaben: Pax. Und auch der Verein heißt nun FC Pax Gratkorn. Das lateinische Wort für Frieden kommt vom neuen Hautsponsor des Vereins – einem Bestattungsunternehmen.

Zwar sucht man im deutschen Fußball noch vergeblich nach Sponsoren, die das Geschäft mit dem Tod pflegen. Doch auch hierzulande hat es bereits Versuche gegeben, den Vereinssport mit der Bestattungsbranche zu verbinden: Seit Juli 2007 bietet ein Hamburger Bestattungsinstitut HSV-Bestattungen an. Wer einen Sarg in den Farben des Fußballbundesligisten präferiert und auf seiner Trauerfeier statt Orgelmusik lieber Fangesänge gespielt wissen will, kann sich diesen Wunsch inzwischen erfüllen. Groß ist die Nachfrage nach den HSV-Särgen allerdings nicht – das Bestattungsunternehmen hat bislang noch keinen einzigen Auftrag erhalten.

3800 Unternehmen leben vom Geschäft mit dem Tod
 3800 Unternehmen leben vom Geschäft mit dem Tod

Ein todsicheres Geschäft

Doch auch wenn diese Idee nicht angenommen wird – andere Innovationen zeigen, dass die Bestattungsbranche in Bewegung ist. Immer mehr Unternehmer scheinen zu entdecken, dass sich mit dem Tod bares Geld verdienen lässt. Nach Berechnungen des Verbands der Friedhofsverwalter Deutschlands lag der Umsatz der gesamten Branche 2006 bei rund 16 Mrd. Euro. Neben Gärtnern, Friedhofsträgern und Steinmetzen sind es vor allem die Bestatter selbst, die mit den jährlich etwa 830.000 Verstorbenen einen hohen Umsatz einfahren.

Der Vorteil der Branche liegt auf der Hand: Das Geschäft mit dem Tod ist sicher – und es gibt noch weitere Besonderheiten: Um Bestatter zu werden, muss lediglich ein Gewerbeschein beantragt werden. Zudem dominieren eigenständige Familienbetriebe, die sich gegen größere Firmen behaupten können. Die Ahorn AG hält von den etwa 3800 Bestattungsunternehmen als größte Kette einen Marktanteil von etwa vier Prozent. Nach Ansicht des Bundesverbandes Deutscher Bestatter lassen sich die Deutschen eine Bestattung im Schnitt 2500 bis 3500 Euro kosten.

Billigbestattung ab 888 Euro

Aber es geht auch günstiger: Immer mehr Unternehmen drängen mit Billigpreisen auf den Markt. Der älteste von ihnen ist Sargdiscount in Berlin. Vor fast 25 Jahren hat Hartmut Woite das Unternehmen gegründet. Eine Urnenbestattung ist ab 888 Euro zu haben, für Internetnutzer gibt es sogar noch einen 15-prozentigen Rabatt auf die angebotenen Särge. Derzeit kauft Woite in der Ukraine ein, da dort die Särge am günstigsten sind. "Wir kaufen nur LKW-weise – das drückt den Preis", sagt Woite.

Pro Jahr bekommt Sargdiscount mehr als 1000 Aufträge aus ganz Deutschland, auch wenn sich das Unternehmen weiterhin auf Berlin konzentriert. Woite verhandelt derzeit mit Bestattern, die im gesamten Bundesgebiet Franchise-Filialen eröffnen könnten. Auch das Internet will der Berliner Geschäftsmann verstärkt nutzen. "Wir wollen die Internetbestattung auf Dauer parallel zum normalen Geschäft etablieren", sagt Woite. Noch in diesem Jahr soll Angehörigen die Möglichkeit gegeben werden, eine Bestattung komplett über das Internet in Auftrag zu geben.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

FTD.de, 21.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

 

 FTD-Services 

 Firmen des Tages 

 Nachrichten 

Briefdienste-Gewerkschaft weist Vorwürfe zurück

Niemals habe der insolvente Briefdienstleister Pin versucht Einfluss auf die Gewerkschaft zu nehmen. mehr

Gasversorger läuten neue Preisrunde ein

Mindestens 182 Gasversorger in Deutschland heben ihre Preise im April und Mai wieder an. mehr

» Europas Wein in neuen Schläuchen «

Europas Weinhersteller kämpfen gegen Alkoholismus - und um das Wohlwollen Brüssels. mehr

Exklusiv Airbus-Chef sieht Gefahr für A350-Zeitplan

Die Verhandlungen für die deutschen Fabriken sind nach Airbus-Darstellung aber noch nicht eingestellt worden. mehr

Lufthansa speist Schweizer mit Schnäppchenpreis ab

Die ehemaligen Großaktionäre erhalten für den Swiss-Verkauf weniger als Kleinaktionäre. mehr

» Der vergessene Streik «

Seit elf Monaten wird im Einzelhandel erfolglos über Lohnerhöhungen verhandelt. mehr

Pin soll Gewerkschaft bezahlt haben

Vereinbarte niedrigere Mindestlöhne könnten somit hinfällig sein. mehr

Fedex quält sich durch US-Krise

Der schwächelnde Heimatmarkt drückt das Ergebnis des US-Logistikkonzerns. mehr

» Missverstandene Heuschrecke «

Das Engagement beim Modekonzern Hugo Boss droht für Permira zum PR-Desaster zu werden. mehr

Arzthelferinnen sollen Hausbesuche machen

Kassenärzte wollen künftig mehr Aufgaben an Praxishelferinnen abgeben, um die Betreuung älterer Menschen sicherzustellen. mehr

Ryanair testet Markt mit innerdeutscher Strecke

Das Unternehmen kündigt eine Verbindung von Berlin-Schönefeld nach Hahn in Rheinland-Pfalz an. mehr

Bilderserie

Hapag-Lloyd steuert in ungewisse Zukunft

Hapag-Lloyd spielt in der Top-Liga der weltgrößten Containerlinien. Doch nun will sich die TUI von dem hanseatischen Traditionskonzern trennen. Aber Hamburger Investoren haben einen Rettungsplan ausgeheckt. Die Aktion erinnert an die Geburtsstunde der Hapag. FTD-Online nimmt Sie mit auf eine Zeitreise. mehr

Mehr News aus Handel + Dienstleister

Handel + Dienstleister als
 


 

(€) Erneuerbare Energien

(€) Leasing

(€) Consulting