» Und der Gewinner ist: Seine Majestät «

von Ruth Fend

Der König will die Demokratie, das Volk lieber Monarchie - Bhutan tickt politisch anders. Nach der Wahl bekennen sich die Sieger vor allem zur Staatsphilosophie vom "Bruttosozialglück".

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Bhutan hat einen neuen Rekord aufgestellt. Der kleine Himalaja-Staat zwischen China und Indien ist nun nicht nur eines der weltweit teuersten Urlaubsziele - 200 $ Gebühr kostet ein Tag in dem buddhistischen Idyll -, sondern auch die jüngste Demokratie mit einer der kleinsten Oppositionsparteien der Welt.

Bei der ersten demokratischen Wahl am Montag erzielte die Harmonie-Partei einen Erdrutschsieg. Die Demokratische Volkspartei (PDP) ergatterte dagegen nur 3 von 47 Parlamentssitzen. Kinley Dorji, Geschäftsführer der Staatszeitung "Kuensel", macht sich deswegen schon Sorgen um das Wohl der jungen Demokratie: "Für mich bedeutet Demokratie Auseinandersetzung und Debatte. Die braucht Bhutan in diesem frühen Stadium."

Dabei könnte Dorji es als Erfolg werten, dass die Bhutaner überhaupt zahlreich und freudig in den Wahllokalen erschienen. Denn bislang musste der König seine ein wenig demokratiemuffelige Bevölkerung geradezu zur Urne tragen.

"Gross National Happiness"

Ein bisschen Aufbruchstimmung: Bhutaner in traditioneller Tracht stehen vor einem Wahllokal Schlange
 Ein bisschen Aufbruchstimmung: Bhutaner in traditioneller Tracht stehen vor einem Wahllokal Schlange

Dabei schockiert der aufgeklärte Monarch Jigme Singye Wangchuk seine 600.000 Einwohner schon seit Jahren mit unerwünschten Vorstößen. So zwang der geliebte Staatsführer das widerstrebende Parlament 1998 dazu, eine Verfassung zu erarbeiten. Sehr zum Kummer seines Volkes bestand er auf einer Klausel, nach der er spätestens mit 65 abzutreten habe. Schlimmer noch: Vor zwei Jahren kam der 52-Jährige der Klausel zuvor und übertrug die Verantwortung unerwartet seinem 28-jährigen Sohn Jigme Wangchuk. Er selbst spiele jetzt viel Tennis und berate seinen Sohn, ließ der Senior kürzlich verlauten.

Und jetzt das: zum ersten Mal freie Wahlen. Nicht einmal die Jugend hat viel dafür übrig. "Wir haben bis ins 21. Jahrhundert Frieden, Wohlstand und Entwicklung genossen. Warum sollten wir diese gute Regierungsform ändern?", schrieb etwa ein Schüler in der Zeitung "Bhutan Times".

Dass sich das Volk so für die Monarchie begeistert, liegt auch an der Strategie, die der König unter dem Slogan "Gross National Happiness" (GNH) oder "Bruttosozialglück" verfolgt: Etwa ein Drittel des Staatsbudgets fließt in Gesundheits- und Bildungswesen. Das, zusammen mit den Einkünften aus Wasserkraft und einer sanften Liberalisierung der Wirtschaft, könnte Bhutan laut Weltbank Wachstumsraten von 14 Prozent bescheren.

Kein großer Wandel zu erwarten

Für maximales nationales Glück, so des Königs Philosophie, muss die ökonomische Entwicklung in Einklang mit dem Erhalt von traditionellen Werten und der Umwelt gebracht werden - notfalls mit undemokratischen Methoden. Das Tragen der Nationaltracht ist also Pflicht, Werbeplakate sind ebenso verboten wie Plastiktüten und Zigaretten. Solche Unannehmlichkeiten nimmt das harmonieliebende bhutanische Volk gern in Kauf - solange es dafür Stabilität und Einheit bekommt und nicht wie das benachbarte Nepal in Gewalt und Chaos versinkt.

Allzu viel Wandel muss Bhutan in der Demokratie nicht fürchten. Beide Spitzenkandidaten bekannten sich vor der Wahl zum nationalen Glück und zum letzten Fünfjahresplan des abgetretenen Königs. Wahlgewinner Jigmi Thinley steht dem Königshaus nahe und diente ihm schon als Premierminister. "Es steht außer Frage, dass ich oder meine Partei jemals in die großen Fußstapfen des Königs treten könnten", gab er sich ganz bhutanisch bescheiden.

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Aus der FTD vom 26.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AFP

 

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