Verdi stimmt öffentlichen Dienst auf Streik ein

Die Gewerkschaft Verdi will den in Friedrichshafen präsentierten Schlichterspruch im Tarifkonflikt nicht akzeptieren - und auch ein Schlichter distanziert vom Vorschlag. Nun drohen ab Mitte April wieder Streiks.

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Verdi-Chef Frank Bsirske kritisierte, der am Donnerstag vorgelegte Einigungsvorschlag "heißt unter dem Strich eine Fortsetzung der Politik des Reallohnverlustes in die Zukunft hinein." Bei einer Inflation von drei Prozent im laufenden und kommenden Jahr und längerer Arbeitszeiten "müssen die Beschäftigten noch Geld mitbringen, damit sie eine Lohnerhöhung bekommen".

Damit zerschlagen sich die Hoffnungen der Arbeitgeber, die nach fünf Verhandlungsrunden auf den Vermittlungsversuch des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth, gesetzt hatten. Bund und Kommunen hatten den Spruch akzeptiert.

Die Schlichter schlugen nach Angaben der Schlichtungsstelle in dem Tarifkonflikt neben einer zunächst vierprozentigen Entgelterhöhung ab April auch längere Arbeitszeiten für die Beschäftigten in Westdeutschland vor. Im Januar 2009 sollten die Arbeitnehmer demnach nochmals zwei Prozent mehr erhalten. Dazu sollte es Einmalzahlungen in Höhe von 450 Euro geben. Im Gegenzug sollte die Arbeitszeit im Westen auf 39,5 Stunden erhöht werden; im Osten sollte sie bei 40 Stunden bleiben. Die vorgeschlagenen Entgelterhöhungen hätten für den Bund 2008 und 2009 zu Mehrkosten von insgesamt 1 Mrd. Euro geführt.

Bsirske kündigte an, der Tarifkommission den Start der Urabstimmung am 1. April zu empfehlen. Sollten die Arbeitgeber in den Verhandlungen am Wochenende an Späths Vorschlag festhalten, könne es ab dem 12. April flächendeckende Streiks geben. Die Gewerkschaften verlangen bislang acht Prozent mehr Gehalt für die rund 1,3 Millionen Bediensteten von Bund und Kommunen, wenigstens aber 200 Euro mehr pro Monat bei gleicher Arbeitszeit.

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Der von den Arbeitnehmern bestellte Schlichter Herbert Schmalstieg distanzierte sich von Späths Einigungsvorstoß. Nach der Rechnung des ehemaligen Oberbürgermeisters von Hannover kommt bei den Arbeitnehmern viel weniger als acht Prozent Lohnerhöhung an, da die Arbeitszeitverlängerung und der Laufzeitbeginn im April berücksichtigt werden müssten.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, die Ablehnung des Schlichterspruchs auf Gewerkschaftsseite sei "bedauerlich und unverständlich". Die Arbeitgeber bezifferten die in Aussicht gestellte Entgelterhöhung auf insgesamt acht Prozent.

Auf Grundlage des Vorschlages nehmen die Tarifparteien am kommenden Samstag ihre Verhandlungen wieder auf. Einigen sie sich nicht, droht ein Streik im öffentlichen Dienst ab Mitte April.

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FTD.de, 27.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: reuters

 

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