Porträt

Michael Schmidt - Der rote Korsar

von Jens Brambusch (Greifswald)

Er war Kommunist und lebte von Stütze. Heute ist er Vorstandsvorsitzender von Hanseyachts und gibt 550 Menschen Arbeit: Der ehemalige Segelweltmeister formte aus einer maroden VEB-Werft einen der größten Sportbootebauer der Welt.

ZUM THEMA

Schwerfällig müht sich der Fahrer aus dem alten Golfcaddy, mit dem er eben noch über das Werksgelände an der Greifswalder Marina sauste - immer Bleifuß. Lange, graue Haare, wilder Bart, ein abgewetztes Hemd aus dem Schlussverkauf, darüber eine gelbe Weste mit Reflektorstreifen. Die Hände die eines Arbeiters. Pranken.

Der Mann, der aussieht wie ein Lagerist, heißt Michael Schmidt. Seit einem Jahr ist er Vorstandsvorsitzender von Hanseyachts. Auf diesen Titel legt der Werftgründer aber keinen großen Wert. "Ich mach immer noch in die gleiche Toilette", sagt er. Typen, schick in Schale geschmissen, die mit dem Porsche beim Börsengang vorfahren, verabscheut er. Schmidt, das ist Cord- statt dicker Hose. Ausgebeult und ausgebleicht - sein Markenzeichen. "Bequem, robust und steht mir unheimlich gut", sagt der 59-Jährige.

Die Börsenwelt ist nicht seine. Schmidts Welt beginnt da, wo das Land aufhört und die See beginnt. Dort war der zweifache Vater auch am 9. März 2007 - beim Börsengang. In Frankfurt wartete man vergebens auf ihn, obwohl seine Finanzpartner bettelten. "Keinen Bock!" - die Sternstunde seiner Karriere schwänzte er. "Was sollte ich denn da?", fragt Schmidt heute. "Ein Börsengang ist doch nichts anderes als eine Kreditaufnahme. Und da stecke ich mich doch auch nicht in einen feinen Anzug und lasse mich fotografieren."

Michael Schmidt, Vorstandsvorsitzender von Hanseyachts
 Michael Schmidt, Vorstandsvorsitzender von Hanseyachts

Die Börse lässt Schmidt, den Segelweltmeister, den Bootsbauer, den Querdenker, kalt. Seine Anleger nicht. Mit der Erstnotierung von 36 Euro je Aktie gestartet, hat das Papier inzwischen kräftig verloren. Zuletzt schickte eine Gewinnwarnung am Ostermontag die Aktie auf Talfahrt. 14,28 Euro - Rekordtief! Grund für die schlechteren Gewinnaussichten ist der um drei Monate verzögerte Start einer neuen Produktionsstätte in Polen. Um Lieferverpflichtungen zu erfüllen, muss Hanseyachts Teile von Fremdlieferanten einkaufen. Die Kursentwicklung stehe "im krassen Widerspruch zu unserem kontinuierlich erfolgreichen Geschäftsverlauf", sagt Schmidt Ende Januar.

Sein Ziel bleibt: Hanseyachts, Nummer fünf im Serienbootsbau, soll Weltmarktführer werden. Spätestens im Jahr 2013 strebt Schmidt das Etappenziel top drei an. Schon jetzt zählt das Unternehmen zu den am schnellsten wachsenden Jachtwerften Europas. 850 Boote ließen die Greifswalder im vergangenen Geschäftsjahr zu Wasser. 264 mehr als im Vorjahr. Mit 105 Mio. Euro erwirtschafteten die Bootsbauer fast 60 Prozent mehr Umsatz als im Jahr zuvor, das Ebit betrug 10,9 Mio. Euro.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

Aus der FTD vom 28.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: Hanse/Nico Krauss

 

 FTD-Services 

Finden Sie herausragende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik. mehr

 Nachrichten 

Staatsanwälte ermitteln gegen Würth

Der Multimilliardär soll Steuern hinterzogen haben. mehr

Kopf des Tages

Sabine Lautenschläger - Frau am Krisenherd

Die BaFin-Abteilungsleiterin rückt an die Spitze der deutschen Bankenaufsicht. mehr

Kopf hoch, Peter Schmalz

Ausgerechnet den "Bayernkurier" hat die Entwicklung beim Transrapid überrollt. mehr

Personalien des Tages

Von Antoine Zacharias (Vinci) bis Christopher von Hugo (Süd-Chemie). mehr

Montagsprüfung

Peter Hettlich

Vertritt die Grünen im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. mehr

Philosoph und Fitnesstrainer

Werner Kieser führt eine der erfolgreichsten Fitnessketten Europas. mehr

Kopf des Tages

Ulrich Hartmann - Viel Feind', kaum Ehr

Dabei erschien er einst wie ein Mann aus dem Bilderbuch der Deutschland AG. mehr

Harald Christ verlässt die WestLB

Die WestLB verliert nach FTD-Informationen erneut einen Topmanager. mehr

Kopf hoch, Philippe Starck

Ein Ästhet in der Krise: Stardesigner Philippe Starck hält alles, was er je schuf, für "absolut unnötig". mehr

Personalien des Tages

Von Peter Kobiela (Helaba) bis David Neeleman (Jetblue). mehr

John Meriwether in der Klemme

Der Investor war mitverantwortlich für den Kollaps von Long Term Capital Management. Jetzt hat er wieder Probleme. mehr

» Griechische Pein «

JP-Morgan-Chef Jamie Dimon gilt als Held der Wall Street - jetzt droht ihm Ungemach. mehr

Mehr News aus Köpfe

Köpfe als
 


 

(€) Business-Education

(€) Ingenieure

(€) Juristen