Denn das am 1. Januar in Kraft getretene Versicherungsvertragsgesetz (VVG) hat das in alten Verträgen übliche sogenannte Abtretungsverbot abgeschafft. Versicherer dürfen Kunden auch nicht mehr verbieten, die Verantwortung für einen Schaden anzuerkennen. Was für Privatleute ein Fortschritt ist, kann für Manager eine böse Fußangel werden. Denn die Neuerung gilt auch für die Berufshaftpflichtversicherung von Führungskräften.
Mit der Directors and Officers Liability (D&O;) schützen Unternehmen ihre Führungskräfte gegen Ansprüche wegen Fehlern. Solche Ansprüche kommen von außen oder - was in der Mehrzahl der Fälle geschieht - vom Unternehmen. DaimlerChrysler zahlte für Aussagen des damaligen Chefs Jürgen Schrempp zur Übernahme von Chrysler 300 Mio. Euro an Anleger, die sich der Konzern zum größten Teil von D&O-Versicherern; zurückholte. Die WestLB bekam von Versicherern wegen Fehlern des Vorstands um Jürgen Sengera bei der Kreditvergabe an den TV-Geräte-Verleiher Boxclever 15 Mio. Euro.
Bislang konnten Firmen nur von Managern Schadensersatz verlangen, nicht direkt von D&O-Versicherern.; Das Verbot der Anerkennung des Schadens und der Abtretung des Regulierungsanspruchs schützte Entscheider. Das ist vorbei. "Die versicherte Person kommt zwischen Hammer und Amboss", sagt der Kölner Versicherungsmakler Horst Ihlas. "Im Schadenfall wird auf den Manager ein enormer Druck ausgeübt."
Gibt der Manager dem Druck nach und tritt den Anspruch ab, kann er große Probleme bekommen. Die Gefahr: Versicherer und Unternehmen verständigen sich untereinander, und der Manager hat keinen Einfluss auf das Verfahren. Viele Unternehmen wollen im Schadenfall einen Anspruch an den Versicherer haben und werden deshalb auf Abtretung dringen. Mit speziellen Vertragsklauseln will der US-Versicherer AIG diesem Bedürfnis Rechnung tragen und Sicherheit für den Manager schaffen. "Wir regeln, wer wann unter welchen Umständen welche Rechte hat", sagt Claus Düppe von AIG. Dazu gehört, dass der Manager in das Verfahren involviert ist. "Wie bei einem Vergleich sitzen alle Beteiligten an einem Tisch", sagt er. "Es wird in einem Verfahren über die Haftung und Deckung entschieden." Die Aufnahme der Klauseln ist für Kunden kostenneutral, ob sie genutzt werden, entscheiden die Beteiligten im Schadenfall.
Bei der Allianz Global Corporate & Specialty, mit AIG Marktführer im deutschen D&O-Markt;, ist so eine Regelung laut D&O-Fachmann; Joachim Albers "individuelle Verhandlungssache". "So etwas mag im Interesse des versicherten Unternehmens sein, es ist nicht im Interesse der versicherten Person", sagt Albers. "Es bleiben ganz erhebliche Risiken für die versicherte Person."
Das sehen auch einige Rechtsanwälte so. "Ich habe die Sorge, dass eine unübersichtliche Gefechtslage durch eine noch unübersichtlichere Gefechtslage ersetzt wird", sagt der Jurist Oliver Sieg. Anwalt Mark Wilhelm sieht die Gefahr, dass Versicherer und Firma sich einigen, dass es einen Haftungsanspruch gegen den Manager gibt - und zwar auf dessen Kosten. "Dieser Haftungsanspruch besteht auch, wenn der Versicherer zum Beispiel wegen einer Obliegenheitsverletzung des Managers nicht zahlt." Diesen Einwand lässt AIG-Mann Düppe nicht gelten: "Für den Fall, dass es einen Haftungsanspruch, aber keine Deckung gibt, gibt es keinen Unterschied zum alten Verfahren."
Aus der FTD vom 04.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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