Sie begann bei einem kalifornischen Hypothekenanbieter und hat inzwischen Märkte in aller Welt erfasst: Die Subprime-Krise um schlecht besicherte US-Immobilienkredite betrifft längst auch andere Branchen. Unter den Opfern sind zunehmend deutsche Unternehmen.


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Prüfer führen Versicherer AIG vor

von Herbert Fromme (Köln) und Claas Tatje (New York)

US-Versicherer American International Group (AIG) hat mögliche Milliardenabschreibungen aus Kreditwetten eingeräumt, die weit über das bisher bekannte Ausmaß hinausgehen.

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Der nach Börsenkapitalisierung weltgrößte Versicherer gestand in einer Pflichtmitteilung an die New Yorker Börse ein, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) eine "wesentliche Schwäche" (Material Weakness) in den internen Kontrollsystemen gerügt hat. Die Rüge bezieht sich auf das Kreditportefeuille der Töchter AIG Financial Products und AIG Trading Group. Nach den US-Prüfungsvorschriften ist die Material Weakness die härteste von drei Kritikstufen, die ein Wirtschaftsprüfer hinsichtlich Kontrollschwächen aussprechen kann.

Die AIG-Aktie verlor am Montag 11,7 Prozent auf 44,74 $, den niedrigsten Stand seit fünf Jahren. Analyst Nigel Dally von Morgan Stanley erwartet einen Abschreibungsbedarf von rund 5 Mrd. $. Bisher war AIG von etwa 1 Mrd. $ ausgegangen. Catherine Seifert von Standard & Poor's nannte die Nachricht "höchst beunruhigend". AIG werde es "äußerst schwer haben, das Vertrauen der Anleger wiederzugewinnen".

Nach AIG-Angaben musste der Konzern Ende November Wertverluste von 5,9 Mrd. $ auf den Bestand an Kreditderivaten (Credit Default Swaps/CDS) hinnehmen. Bisher hatte das Unternehmen einen positiven Effekt dagegengerechnet, der sich aus der Differenz zwischen der Verzinsung der abgesicherten Papiere und den verlustreichen CDS ergibt. Diese so genannten Spread-Differenzen beliefen sich nach der alten AIG-Betrachtung Ende November auf 3,6 Mrd. $. Das - sowie positive Cashflow-Effekte - hätten den Verlust auf 1,6 Mrd. $ begrenzt.

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Wegen der momentan schwierigen Marktverhältnisse sei AIG allerdings nicht in der Lage, die Spread-Differenzen sauber zu bestimmen, teilte das Unternehmen weiter mit. Deshalb werde dieser Faktor bei der Aufstellung der Bilanz für 2007 außen vor bleiben.

Damit reagierte der Konzern auf die Kritik der Wirtschaftsprüfer, die nicht die Verantwortung für einen Jahresabschluss mit zweifelhaften Werten übernehmen wollten. Den Prüfern stecken noch die für ihre Branche höchst negativen Folgen des Finanzskandals des US-Energiehändlers Enron 2001 in den Knochen.

"Eine Abschreibung in dieser Höhe ist beschämend für die ganze Branche und gefährlich für die Reputation des Unternehmens", sagte Christopher Whalen vom Researchhaus Institutional Risk Analytics. Die gesamte Bilanzierungspraxis sei mittlerweile ein Albtraum. Der Fair-Value-Ansatz, nach dem die Branche bilanziere, spiegele nur selten "den tatsächlichen Marktpreis wider".

Die PwC-Kritik kann weitreichende Folgen über AIG hinaus haben: Bislang rechnen etliche Finanzhäuser für viele ihrer Papiere mit Werthaltigkeiten, die allein auf Modellen und Annahmen beruhen, weil es für sie zurzeit keine Marktpreise gibt.

Für AIG ist der Vertrauensverlust der Anleger katastrophal - und nicht der erste Tiefschlag: 2005 musste der langjährige Konzernchef Maurice Sullivan gehen. Er war in einen Skandal verwickelt, bei dem Investoren durch künstlich überhöhte Schadenreserven mittels eines Rückversicherungsvertrages mit Gen Re getäuscht worden waren. Gegen vier Ex-Manager der Gen Re und einen AIG-Verantwortlichen findet derzeit ein Strafprozess statt.

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Aus der FTD vom 12.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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