Gastkommentar

Michael Gordon: Die Schulden-Scharlatane

Die Finanzkrise bringt die einst bejubelte Private-Equity-Branche schwer in Bedrängnis. Nur die Rückkehr zu solide kapitalisierten Geschäften wird die angeschlagenen Beteiligungsfirmen retten.

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Jetzt wissen wir es also: Man hatte uns Private Equity als überlegenes Geschäftsmodell verkauft. In Private-Equity-Firmen treffen angeblich "geduldiges" Kapital und herausragendes Finanzmanagement zusammen. Tatsächlich jedoch war der neuartige Umgang mit Kapital nicht mehr als ein Taschenspielertrick - und noch dazu ein plumper. In der Krise stellen wir fest: Das magische "Leverage", der Hebel, wirkt nicht immer nur zugunsten der Finanzinvestoren, sondern manchmal auch gegen sie.

Nach einer Reihe von Teilabschreibungen und Verlusten bittet Henry Kravis von Kohlberg Kravis Roberts seine Anleger um Geduld. Der Blackstone-Chef Hamilton James sagte bei einer Private-Equity-Konferenz Ende Februar: "Wir stehen stellvertretend für die Kreditmärkte." Und David Rubenstein, Mitgründer der Carlyle Group, fragte jüngst, ob nicht "bescheidene Renditen" als Bezeichnung für Private Equity zutreffender sei. Er fand das lustig. Das ist es aber nicht.

Wirklichkeit siegt wieder einmal über Hoffnung

Den Anlegern wird zunehmend und auf schmerzhafte Weise bewusst, dass die Wirklichkeit wieder einmal über die Hoffnung gesiegt hat. Zugleich müssen die Größen der Private-Equity-Branche eingestehen, dass die Vorteile des vermeintlich überlegenen Managements und natürlich der überdurchschnittlichen Vergütung in ihren Firmen letztlich wenig gebracht haben.

Viele der Private-Equity-Transaktionen unterscheiden sich nicht von der Finanzierung der britischen Firma Yell oder anderer massiv fremdfinanzierter Börsenunternehmen. Wie sagt der berühmte US-Investor Warren Buffett so schön: Bei Ebbe sieht man, wer ohne Badehose geschwommen ist.

Manchmal kann sich schon eine einfache Beobachtung als wichtig erweisen: Im November 2006 veröffentlichte die Citibank einen Bericht, in dem untersucht wurde, wie sich durch einen einfachen, an Aktienindizes angesetzten Hebel die Private-Equity-Renditen steigern lassen. Das war ein wichtiger Bericht. "Wie machen die das?", fragte der Bericht - und lieferte dann die Antwort: Indem man die generellen Aktienindizes mit dem Faktor drei zu eins hebele, ließen sich selbst die allerbesten Renditen klassischer Private-Equity-Geschäfte toppen. Da war es auch egal, dass - während der Bericht noch einmal Korrektur gelesen wurde - der Hebel bei diversen Geschäften das Verhältnis vier zu eins, teilweise sogar fünf oder sechs zu eins erreichte.

Angeschlagen, aber noch nicht am Boden

Der Report machte deutlich, dass die großen Finanzinvestoren immer das Alpha gegenüber dem Beta bevorzugen - dass es ihnen also immer wichtiger ist, besser als der Marktdurchschnitt abzuschneiden, als einfach mit dem Markt mitzuschwimmen. Dabei zeige sich deutlich, so die Citibank, dass mit dem gehebelten Beta die eigentlich interessanten Renditen zu holen seien. Aus der Beobachtung anderer Anlageklassen ließen sich übrigens ähnliche Schlüsse ziehen.

Heute sind die Größen der Private-Equity-Branche angeschlagen, aber sie sind noch nicht am Boden. Sie wollen weitermachen. Doch die enttäuschten, desillusionierten Anleger im Westen wollen einfach nicht mehr mitspielen. Auf dem Markt für Leveraged Loans sind die Aktiva zuletzt um ein Fünftel abgewertet worden, 80 Cent pro Dollar sind hier inzwischen die neue Norm. Weil das so ist, haben sich die Finanzzauberer der Branche den enormen Geldmengen zugewandt, die in Nahost und Asien schlummern.

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Aus der FTD vom 02.04.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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