Leitartikel

US-Wirtschaft - Rhetorik trifft Realität

Ben Bernanke hat das R-Wort dann doch in den Mund genommen: Die US-Wirtschaft werde im ersten Halbjahr wohl kaum wachsen, vielleicht sogar leicht schrumpfen, sagte der Chef der Notenbank Fed vor dem US-Kongress. Doch von größerer Bedeutung ist eine andere Aussage.

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Und ja, das bedeutet: Eine Rezession ist möglich. Für einen Spitzenvertreter der sonst so vorsichtigen Notenbankerzunft ist das schon eine ungewöhnlich offene Aussage. Überraschend oder gar dramatisch ist sie angesichts der weiter schwelenden Immobilien- und Finanzkrise in den USA aber nicht. Bernanke spricht nur aus, was die Märkte seit Längerem und inzwischen auch eine große Zahl von Ökonomen erwarten. Seine Rezessionswarnung für die weltgrößte Volkswirtschaft passt die Rhetorik der Realität an. Entsprechend gelassen fiel die Reaktion der Aktienmärkte aus.

Von größerer Bedeutung als die Aussagen des Fed-Chefs zum kurzfristigen Wirtschaftsausblick waren deshalb jene zur Geldpolitik. Das gilt ganz besonders, weil Bernanke hier eine Kehrtwende andeutete: Nach dem beispiellos aggressiven Zinssenkungskurs der vergangenen Monate scheint die Fed erst einmal von einer weiteren Lockerung der Geldpolitik absehen zu wollen.

Das ist in der aktuellen Lage richtig. Die Notenbank hat mit dramatischen Zinssenkungen, riesigen Liquiditätsspritzen und neuen geldpolitischen Instrumenten das getan, was sie mit ihren Mitteln gegen die Krise tun kann. Aufgrund der zeitverzögerten Wirkung der Geldpolitik könnten auch neue deutliche Zinssenkungen nicht mehr verhindern, dass die US-Wirtschaft erst einmal in die Rezession abgleitet. Sicher wäre nur, dass die Gefahren des billigen Gelds noch zunähmen. Mit Blick auf die Inflation und den gefährlich schwachen Dollar ist die Fed gut beraten, ihre Maßnahmen jetzt erst einmal wirken zu lassen.

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Aus der FTD vom 03.04.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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