"In Wirklichkeit braucht den Transrapid niemand. Eine Technologie von gestern, die bestenfalls für Langstrecken geeignet ist, aber als Turbo-S-Bahn auf den wenigen Kilometern zwischen Hauptbahnhof und Flughafen ihre Stärken überhaupt nicht ausspielen kann. Und für die längeren Strecken gibt es längst moderne Hochgeschwindigkeitszüge. Kein Mensch und kein Land auf der Welt ist scharf auf eine veraltete Technik, die mit absurd hohen Kosten verbunden ist."
"Welch peinliche Pleite: Das Aus für eine Transrapidstrecke in München bedeutet nicht nur eine politische Blamage für Bayern. Auch die deutsche Wirtschaft hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Wer begeistert von einer Zukunftstechnologie ist, muss auch andere begeistern können mit einer Referenzstrecke im eigenen Land. Für internationale Einkäufer reicht weder eine Testrunde auf der Strecke in Lathen noch die kurze Verbindung zwischen Schanghai-Mitte und dem dortigen Flughafen. Ein dauerhafter Betrieb in Deutschland wäre die beste Empfehlung. Trotz des bayerischen Desasters wäre es falsch, die faszinierende Schwebetechnik mitsamt Prototyp ins Museum zu stellen. Wer den High-Tech-Standort Deutschland erhalten will, muss deutschen Erfindergeist fördern. Auch mit Geld. Natürlich. Bund, Länder und Industrie gehören wieder an einen Tisch."
"Der Transrapid ist kein Erfolgs-Produkt, sondern ein Milliardengrab. Außer im chinesischen Schanghai fährt nirgendwo auf der Welt der deutsche Superzug. Und auch in Schanghai schwindet das Interesse an einem Ausbau der Strecke. Milliarden Euro sind hierzulande bereits investiert worden unter anderem in die Teststrecke im emsländischen Lathen. Der Erfolg blieb bislang aus. Kein Wunder: Wer es nicht schafft, eine Technik im eigenen Land zu betreiben, hat im Ausland keine guten Verkaufsargumente."
"Jenseits der parteipolitischen Dimension lohnt sich ein Blick auf das Schlachtfeld, denn dort stehen nur Verlierer. Dies sind zunächst die Stadt München, die in Christian Ude (SPD) den einzigen Oberbürgermeister Deutschlands hat, der eine milliardenschwere Investition bekämpft, zu der sein Kämmerer keinen Cent dazu hätte zahlen müssen, und der Münchner Flughafen, der samt seinen bald 35 Millionen Passagieren nun auf unabsehbare Zeit ohne leistungsfähige Schienenanbindung dasteht. Verlierer sind aber vor allem alle bayerischen Bürger, die auf öffentliche Nahverkehrsmittel angewiesen sind, denn für die Express-S-Bahn, die nach dem Willen der Transrapid-Gegner den bisherigen Zuckelzug ersetzen soll, gibt es noch keinerlei Finanzierung."
"Aus. Vorbei. Zu teuer. Das Aus für den Transrapid in München bedeutet weit mehr, als dass in der bayerischen Landeshauptstadt kein Magnetgleiter Passagiere sanft und schnell zwischen Hauptbahnhof und Flughafen befördern wird. Es ist ein Fiasko für den Technologiestandort Deutschland. Eine Spitzenleistung deutscher Ingenieurskunst wird nun als Museums-Gleiter eingemottet. Nicht etwa weil die Ingenieure unfähig waren, sondern weil sich Politik und Wirtschaft jahrelang etwas vorgemacht haben. Die einzige verkehrstechnisch einigermaßen sinnvolle Transrapid-Strecke zwischen Berlin und Hamburg scheiterte vor fast zehn Jahren am rot-grünen Kleinmut."
"Wirtschaftlich betrachtet ist das Scheitern des Transrapid freilich verkraftbar. Nicht das Schicksal von Siemens, nicht das von ThyssenKrupp und erst recht nicht das der deutschen Industrie hängt von seinem Erfolg ab. Wohl aber hätte es dem Innovationsstandort Deutschland gut getan, wenn dieses Jahrhundertprojekt gelungen wäre. Stattdessen hat sich erneut gezeigt, was Deutschland in industriepolitischer Hinsicht seit vielen Jahren fehlt: ein Konzept, Entschlossenheit und eine geschickte Verkaufe. Wenn diese Lehren aus dem Transrapid-Debakel gezogen werden, dann hat es vielleicht doch noch einen Sinn gehabt."
Name | Aktuell | % | abs. | ||
---|---|---|---|---|---|
SIEMENS AG NAMENS-AK.. | 68,08 EUR | -1,16 % | -0,80 | ||
THYSSENKRUPP AG INHA.. | 35,81 EUR | -0,64 % | -0,23 |
FTD.de, 28.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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