Pressestimmen

"SPD hat sich beim Mindestlohn verkalkuliert"

Mindestlohn ja oder nein? Darin sind sich nicht nur Parteien, Arbeitnehmer, Arbeitgeber, sondern auch die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen ausgesprochen uneinig. Nicht nur der SPD könnte die Diskussion jedoch deutlich schaden.

"Main-Echo" (Aschaffenburg):

ZUM THEMA

"Die SPD hat sich verkalkuliert. Der Wahlkampfschlager Mindestlöhne droht zum Rohrkrepierer zu werden. Die Union jedenfalls wird es sich nicht nehmen lassen, die Genossen in den kommenden Wochen öffentlich bloß zu stellen und Scholz bei der Gesetzesarbeit alle nur erdenklichen Knüppel zwischen die Beine zu werfen."

"Nürnberger Zeitung":

"In einer ganzen Reihe von Branchen scheinen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gar nicht so scharf darauf zu sein, dass der Staat mit strikter Lohn-Reglementierung in die Tarif-Autonomie und den Wettbewerb eingreift. Schließlich könnte aus dem Mindestlohn schnell ein Standardlohn werden. Und wer durch Mindestlöhne arbeitslos wird, man denke nur an die 9000 Briefboten der Pin-Group, kann sich von Lohnuntergrenzen ohnehin nichts kaufen. Die SPD-Linke ficht das nicht an: Ypsilanti und Wowereit wollen staatlich festgelegte Bezüge nun auch gegen den Willen der Betroffenen einführen. Manchmal muss man die Leute eben zu ihrem Glück zwingen. So gesehen kann sich über die Liebe der beiden zur Linkspartei niemand mehr wundern."

"Märkische Allgemeine" (Potsdam):

Friseurin beim Haareschneiden: In vielen Branchen reicht der Lohn nicht, trotz Vollzeit-Job
 Friseurin beim Haareschneiden: In vielen Branchen reicht der Lohn nicht, trotz Vollzeit-Job

"Von Anfang an war klar, dass die Möglichkeit, branchenspezifische Lohnuntergrenzen mit Hilfe des Entsendegesetzes zu vereinbaren, an so viele Voraussetzungen geknüpft ist, etwa an ein gemeinsames Interesse der Tarifpartner, dass dafür nur wenige Wirtschaftszweige in Frage kommen. Der Streit um einen generellen gesetzlichen Mindestlohn wird daher nun nicht aufhören, sondern wohl eher erneut aufflammen. Die Befürworter, allen voran die Gewerkschaften, sollten sich angesichts etlicher nun vereinbarter niedrigerer Branchen-Mindestlöhne aber fragen, ob ihre geforderten einheitlichen 7,50 Euro je Stunde überzogen sind. Würde man die Forderung auf ein realistischeres Maß senken, wäre auch eine sachlichere Debatte möglich jenseits von parteipolitischer Taktiererei."

"Wetzlarer Neue Zeitung":

"Mindestlöhne sollen dafür sorgen, dass Arbeitnehmer von ihrem Lohn leben können. Wer acht oder mehr Stunden am Tag Haare schneidet, alte Menschen pflegt oder in der Küche steht, soll nicht noch zusätzlich zum Sozialamt gehen müssen, weil der Lohn nicht zum Leben reicht. Ein gesetzlicher Mindestlohn, der für alle Wirtschaftszweige gilt, wird keine Arbeitsplätze vernichten und auch Deutschlands Konkurrenzfähigkeit nicht gefährden. Das belegt der Blick über die Grenze. Eines allerdings könnte das Thema Mindestlohn: den sichergeglaubten Wahlsieg der Union gefährden."

"Badische Zeitung (Freiburg):

 

Einführung eines Mindestlohns - Garant einer neuen "Jobvernichtungs"-Maschinerie?


472 Beiträge
31.03.2008Letzter Beitrag

"Den Sozialdemokraten bleibt nur, das Thema Mindestlöhne im Bundestagswahlkampf 2009 zu forcieren, dann als gesetzliche Untergrenze für alle. Zwar wissen auch Gewerkschafter, wie kompliziert und ökonomisch riskant die staatliche Lohnfindung ist. Jedoch erweisen sich Mindestlöhne in Umfragen als ausgesprochen populär. Die kniffligste Aufgabe steht deshalb nicht Scholz, sondern der CDU/CSU bevor. Weil der Ruf nach einer staatlich fixierten Untergrenze auch in ihrer Wählerschaft Rückhalt findet, muss sie ihr Nein zum Mindestlohn sehr gut begründen. Sonst läuft sie Gefahr, nach 2005 damals verunsicherte ihr Steuerkonzept die Bürger abermals mit einem ökonomischen Thema Schiffbruch zu erleiden."

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dpa, 01.04.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

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