» Boeings Trumpf sticht nicht «

von Michael Gassmann

Der Insiderskandal bei EADS kommt Boeing gerade recht. Doch die Chancen, den Milliardenauftrag der US-Luftwaffe für die Europäer noch zu kippen, sind gering.

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Insidergeschäfte gelten als verwerflich - ganz besonders in den USA. Das Missbrauchen privilegierter Informationen gilt hier als Raub an hart arbeitenden Anlegern, so manche Ex-Manager verbüßen für solche Vergehen langjährige Haftstrafen. Dass jetzt ein Insider-Skandal ausgerechnet bei EADS hochkocht, passt für den Rivalen Boeing und seine Verbündeten ins Bild korrupter Europäer.

Sie trauen dem europäischen Konzern ohnehin so ziemlich alles zu, Obstruktion inklusive. Der 35 Mrd. $ schwere Auftrag der US Air Force an die Europäer sei schon deshalb hoch riskant, weil Frankreich und Russland zu den Großaktionären zählten, befand etwa Senatorin Patty Murray aus dem US-Bundesstaat Washington kürzlich. "Was, wenn Frankreich und Russland eines Tages beschließen, unsere militärische Kapazität zu begrenzen, weil ihnen unsere Politik nicht passt?", fragte sie rhetorisch vor dem Kongress.

Ein Tankflugzeug Boeing KC-10A beim Auftanken einer F-16
 Ein Tankflugzeug Boeing KC-10A beim Auftanken einer F-16

Doch obwohl die Insidervorwürfe EADS in ein schlechtes Licht rücken, glaubt kaum ein Experte, dass Boeing das Blatt bei dem hoch umstrittenen Tanker-Auftrag noch einmal wenden kann. "Es könnte den Klärungsprozess komplizieren, wenn jetzt ethische Fragen an die Führungsspitze von EADS auftauchen", sagte Brian Nelson, Analyst bei der Fondsratingagentur Morningstar. "Am Ende werden aber die wirtschaftlichen Fakten über das Flugzeug entscheiden", ist er überzeugt.

Selbst ein Boeing-Verbündeter wie Jeff Mazzella, Präsident des neokonservativen Center for Individual Freedom in Washington, hält den Insiderverdacht bei EADS nicht für ausschlaggebend. "So etwas ist für jedes Unternehmen unangenehm", sagt er. "Ich glaube aber, dass es bei dem Tanker-Auftrag um viel schwerwiegendere Themen geht, wie nationale Sicherheitsrisiken und den Verlust von amerikanischen Jobs in wirtschaftlich schwierigen Zeiten."

Kursinformationen + Charts

75,65 USD -0,64 % [-0,49]
BOEING CO. REG.. 75,65 USD -0,64 %
EUROP.AERON.DE.. 15,79 EUR 2,27 %

Der amerikanische EADS-Partner Northrop Grumman startete zudem diese Woche eine Offensive im Kampf um die öffentliche Meinung. Wichtigstes Element: Northrop sucht, wie Boeing, gezielt politische Allianzen. Während Boeing sich auf lautstarke Proteste von Abgeordneten aus Regionen mit Boeing-Werken - wie Senatorin Murray - stützen kann, fehlen dem europäisch-amerikanischen Konsortium ähnlich wortgewaltige Verbündete. Northrops Spartenchef Paul Meyer kündigte Anfang der Woche neben einer Anzeigenserie eine systematische Kampagne bei Kongressmitgliedern an, "damit endlich die Fakten auf den Tisch kommen".

Boeing hofft derweil, dass ein formaler Protest vor der Prüfungsbehörde General Accountability Office (GAO) Erfolg hat. Doch dabei steht der EADS-Erzrivale sich selbst im Weg: Das Pentagon ist - aus schlechter Erfahrung mit Boeing klug geworden - bei dieser Ausschreibung besonders sorgfältig vorgegangen. Schließlich war das Geschäft schon einmal an einem Korruptionsskandal gescheitert: 2003 kam heraus, dass der verantwortliche Pentagon-Einkäufer gleichzeitig Gehaltsverhandlungen mit Boeing führte. "Die Auftragsvergabe war diesmal so transparent und sorgfältig, dass es sehr schwer für Boeing werden wird, die Entscheidung rückgängig zu machen", sagt Nelson.

Die Air Force gibt sich sicher, diesmal absolut keinen Fehler gemacht zu haben. Boeings Einwände seien völlig unsachgemäß und kämen zu spät, berichtete Reuters aus einer Vorlage der Luftwaffe an den Kongress. Das GAO muss bis Mitte Juni entscheiden. Der US-Flugzeugbauer führt unter anderem seine große Erfahrung und Verlässlichkeit ins Feld. Zudem seien Tanker auf der Basis des Typs 767 in der Anschaffung billiger als EADS' Airbus A330. Doch den Ausschlag gab nach Einschätzung von Analysten, dass der Airbus mehr Sprit an Bord nehmen kann und damit wirtschaftlicher fliegt.

Ein Trostpflaster hat die US-Luftwaffe Boeing zur Sicherheit bereits aufgeklebt: Die Militärs orderten vorige Woche 167 Schwenkrotor-Flugzeuge von Typ V22 bei einem Konsortium aus Boeing und Textron. Die Bestellung ist immerhin mehr als 10 Mrd. $ wert.

Kursinformationen

Name Aktuell
% abs.
BOEING CO. REGISTERE.. 75,65 USD -0,64 % -0,49
EUROP.AERON.DEF.+SPA.. 15,79 EUR 2,27 % 0,35
NORTHROP GRUMMAN COR.. 78,33 USD -1,00 % -0,79
TEXTRON INC. REGISTE.. 58,03 USD 0,09 % 0,05
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Aus der FTD vom 03.04.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: US Air Force

 

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