Kaum ein großes Unternehmen, das nicht die Welt verbessern will, hier und da ein bisschen hilft und hinterher viel Wind darum macht. Das Ganze heißt dann "Corporate Responsibility" und meistens löblich, aber häufig nur bedingt glaubwürdig. Deutsche Familienunternehmer wissen, wo sich Responsibility lohnt: vor allem in der eigenen Firma.
Zwei Drittel verstehen "gesellschaftliches Engagement" vor allem als Auftrag, die Arbeitsbedingungen im eigenen Unternehmen zu verbessern, etwa durch eigene Betriebskindergärten oder indem sie auf soziale und ökologische Kriterien bei der Auswahl ihrer Zulieferer achten.
Das besagt eine gemeinsame Studie der Stiftung Familienunternehmen und der Bertelsmann Stiftung, für die 103 deutsche Firmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mio. Euro befragt wurden. Standortverbundenheit zeigt sich auch bei der Frage nach der Reichweite der gesellschaftlichen Aktivitäten. Die Mehrheit der Befragten agiert ausschließlich auf lokaler oder regionaler Ebene, während nur knapp 30 Prozent ihren Aktionsradius auf die nationale oder sogar internationale Ebene ausdehnen.
Familienunternehmen in Deutschland sind vor allem Bildungsförderer- 85 Prozent der Firmen bündeln ihr Engagement in diesem Bereich. Von der Weiterbildung der eigenen Arbeitnehmer über Schulpartnerschaften bis hin zu Sachspenden an Universitäten reicht die Spannweite. Dabei wird oft branchennah gedacht.
Ein Beispiel: Als der Studiengang Mechatronik an der Fachhochschule Künzelsau an Geldmangel litt, sprang ein Konsortium lokaler Firmen aus der Branche ein, um die Ausbildung des technischen Nachwuchses in der Region zu sichern. Auf den Rängen zwei und drei liegen mit 55 beziehungsweise 50 Prozent Soziales und Ökologie. Die Bekämpfung von Armut in der Dritten Welt nennen dagegen nur 20 Prozent der Familienunternehmer als wichtiges Betätigungsfeld.
Durchschnittlich 500.000 Euro lassen sich Unternehmer ihr Engagement jährlich kosten. Mehr als die Hälfte der Befragten suchen sich für ihre Aktivitäten einen oder mehrere Partner, gern gemeinnützige Organisationen oder kommunale Einrichtungen. Bemerkenswert ist vor allem die Bescheidenheit der Befragten. Drei von vier Firmenoberhäuptern geben an, dass ihnen das Vorhaben selbst wichtiger ist als das Gerede darüber.
Sie handeln aus persönlicher Überzeugung, nicht, um gute Presse zu bekommen. "Es ist kaum verwunderlich, dass die öffentliche Wahrnehmung hinter der Bedeutung des gesellschaftlichen Engagements von Familienunternehmern zurückbleibt", sagt Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen.
Für mehr als die Hälfte der Unternehmer gab ein persönliches Erlebnis den Anstoß für ihr Wirken. Bei Ilse Lang, die Mitinhaberin der Renolit-Gruppe, die in der Kunststoffproduktion tätig ist, war es der Tod ihrer Tochter durch einen ärztlichen Kunstfehler. Anschließend gründete sie eine Stiftung zur Förderung der Patientenrechte.
FTD.de, 31.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD.de
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