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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 978-3-411-10060-6
149,00 € [D]

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Jemen

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Flagge, Wappen
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Lehmziegelbauten in ...
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Jemen,

Fläche 536 869 km2
Einwohner (2004) 19,5 Mio.
Hauptstadt Sanaa
Verwaltungsgliederung 19 Provinzen
Amtsprache Arabisch
Nationalfeiertag 22. 5., 26. 9., 30. 11.
Währung 1 Jemen-Rial (Y. Rl) = 100 Fils
Zeitzone MEZ + 2 Stunden

Yemen, amtlich arabisch Al-Djumhurijja al-Jamanijja, deutsch Republik Jemen, Staat in Westasien, im Süden der Arabischen Halbinsel; grenzt im Westen an das Rote Meer, im Norden an Saudi-Arabien, im Osten an Oman und im Süden an den Golf von Aden. Zum Staatsgebiet gehören die Inseln Kamaran und Hanisch im Roten Meer, die vulkanische Insel Perim in der Meerenge Bab el-Mandeb sowie die Inselgruppe Sokotra vor dem Osthorn Afrikas.

Inhaltsverzeichnis

S T A A T · R E C H T

Gemäß der durch Referendum vom 15./16. 5. 1991 gebilligten Verfassung (1994 und 2001 revidiert) ist Jemen eine islamische Republik mit Präsidialregime (Islam ist Staatsreligion). Als Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte fungiert der mit weit reichenden Kompetenzen ausgestattete Präsident (auf 7 Jahre direkt gewählt, einmalige Wiederwahl möglich). Er ernennt den Ministerpräsidenten sowie die übrigen Mitglieder des Kabinetts. Die Gesetzgebung obliegt dem Repräsentantenhaus, dessen 301 für 6 Jahre gewählte Mitglieder (aktives und passives Wahlrecht auch für Frauen) auf das islamische Recht verpflichtet sind. Im Zuge der am 20. 2. 2001 durch Referendum gebilligten Verfassungsreform wurde der Konsultativrat in einen Schura-Rat (111 vom Präsidenten ernannte Mitglieder) mit erweiterten Befugnissen umgebildet. – Einflussreichste Parteien: Allgemeiner Volkskongress (AVK), Jemenitische Vereinigung für Reform (Islah), Nasseristische Unionistische Volkspartei (NUPP), Jemenitische Sozialistische Partei (JSP) und Arabische Sozialistische Baath-Partei.

L A N D E S N A T U R · B E V Ö L K E R U N G

Landesnatur:

Jemen nimmt den südwestlichen Hochgebirgskern der Arabischen Halbinsel ein. Am Roten Meer liegt die schwülheiße Tihama (eines der heißesten und schwülsten Gebiete der Erde), eine 40–70 km breite, halbwüstenhafte Küstenebene. Ihr folgt mit einem regenreicheren Steilanstieg das größtenteils aus vulkanischen Trappdecken aufgebaute Hochland von Jemen (2 000–2 500 m über dem Meeresspiegel), an dessen Westrand der Nabi Schuaib, mit 3 760 m über dem Meeresspiegel die höchste Erhebung der Arabischen Halbinsel, aufragt. Eine intensive Landnutzung und relativ dichte Besiedlung machen es zum Kernraum des Landes. Weiter nach Osten senkt sich das Hochland allmählich zur vollariden Sandwüste Rub al-Chali. An der ebenfalls schwülheißen Küste des Golfes von Aden breiten sich, soweit sie nicht Steilküste ist, zum Teil Lavafelder mit aufgesetzten Vulkankegeln aus: Stadt und Hafen Aden liegen in einem aus Schlacken bestehenden Doppelkrater. Mit einer markanten Bruchstufe erhebt sich aus dieser Küstenebene die Arabische Tafel, die im Norden vom Djol, einem überwiegend aus tertiärem Kalkstein aufgebauten Hochplateau (bis 2 185 m über dem Meeresspiegel) gebildet wird. Dieses ist von tiefen (über 300 m), steilwandigen Wadis (größtes ist das Wadi Hadramaut) zerschnitten und senkt sich nach Norden zur Rub al-Chali.

Bevölkerung:

Den Hauptteil der Bevölkerung bilden Araber, die in der Küstenebene Tihama wie auch in den Oasen des südlichen Jemen einen stark negriden Einschlag zeigen, der auf die alten Beziehungen zu Ostafrika hinweist. Im Wadi Hadramaut wiederum ist der malaiische Einschlag unverkennbar; Inder und Somal haben sich an der Küste zum Golf von Aden niedergelassen. In der Tihama und am Gebirgsfuß lebt die Landbevölkerung in geschlossenen Dörfern, im westlichen Randgebirge wohnen die Bergbauern in mehrstöckigen Wohntürmen. In den städtischen Siedlungen sind die bis zu acht Stockwerke hohen, aus Lehmziegeln erbauten Häuser oft ornamental weiß verziert (z. B. in Sanaa und Schibam; UNESCO-Weltkulturerbe). Weniger als 10 % der Bevölkerung sind Nomaden; hohes Bevölkerungswachstum: 3,6 %. Größte Städte sind Sanaa, Aden, Taiz, Hodeida und Makalla. – Mit 99,9 % bekennt sich nahezu die gesamte Bevölkerung zum Islam, der Staatsreligion ist: Über 61 % sind Sunniten der schafiitischen Rechtsschule (v. a. in der Tihama und im Süden), rund 38 % Schiiten (überwiegend Saiditen; v. a. im Hochland). Die verschwindende christliche Minderheit ist auf die v. a. im Süden lebenden Ausländer, die kleine hinduistische Gemeinde auf die ebenfalls dort niedergelassenen Inder beschränkt. – Es besteht eine neunjährige allgemeine Schulpflicht für Kinder ab sechs Jahren. Die Alphabetisierungsrate wird auf 49 % (alle über 15 Jahre) beziehungsweise 68 % (15–24-Jährige) geschätzt. Es gibt sieben staatliche Universitäten, u. a. in Sanaa (gegründet 1970) und Aden (gegründet 1975).

W I R T S C H A F T · V E R K E H R

Die Republik Jemen ist, gemessen an ihrem Nationaleinkommen, wesentlich geringer entwickelt als ihre arabischen Nachbarländer. Ein wesentlicher Wirtschaftszweig ist die traditionelle Landwirtschaft, in der ein Großteil der Erwerbstätigen in meist kleinbäuerlichen, 3–5 ha großen Betrieben tätig ist. In Subsistenzwirtschaft werden v. a. Hirse, daneben Weizen, Gerste, Sesam, Mais, Hülsenfrüchte, Weintrauben, Gemüse, Tabak angebaut; der Nahrungsmittelbedarf kann damit nicht gedeckt werden. Baumwolle wird auf entsalzten Böden der Tihamaebene angebaut; der Kaffeeanbau ging wegen des vermehrten Anbaus von Kathsträuchern zurück (hoher Kathgenuss v. a. der männlichen Bevölkerung). Bedeutung hat die Weidewirtschaft der Beduinen (Ziegen, Schafe, Rinder, Kamele und Esel). Im Roten Meer und im Golf von Aden werden Fischfang und Perlenfischerei betrieben. Der Bergbau hat in den letzten Jahren eine führende Rolle übernommen. Durch die Erdölförderung (kontinuierlicher Ausbau) werden der Großteil der Exporterlöse und der Staatseinnahmen bestritten. Seit 1984 wird im Nordosten bei Marib, seit 1993 in Masila/Hadramaut und seit 1997 im Süden bei Schabwah und Jannah Erdöl gefördert. Bedeutend sind große Erdgasvorkommen. Größte Industriebetriebe sind die Erdölraffinerie in Aden und die Textilfabriken in Sanaa. Es dominiert das traditionelle Handwerk (Schmieden, Gerbereien, Lederverarbeitung).

Das Straßennetz (Gesamtlänge der befestigten Straßen: 9 960 km) konzentriert sich auf die Küstenregionen. Al-Ahmadi bei Hodeida am Roten Meer und Aden und Makalla im Süden sind die wichtigsten Überseehäfen des Landes. Internationale Flughäfen haben Sanaa und Aden.

G E S C H I C H T E

Altertum bis 19. Jahrhundert: Im Altertum »Land des Weihrauchs« oder Arabia felix (»glückliches Arabien«) genannt; im 1. Jahrtausend v. Chr. entstanden die Herrschaften Hadramaut, Main, Kataban und als bedeutendste Macht Saba (Sabäer). Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. bildete sich das Großreich der Himjar. Im 6. Jahrhundert zwischen Äthiopien und Persien umkämpft, kam das Gebiet nach 632 zum Kalifat, aus dessen Hoheitssphäre sich Jemen seit Ende des 9. Jahrhunderts zu lösen begann. 901 gründeten die Saiditen (Schiiten) das Imamat. 1173–1229 stand Jemen unter aijubidischer, 1517 und 1538–1635 (Aden, Lahedj) sowie 1849–1918 unter osmanischer Herrschaft (Sanaa, ab 1517 autonomes Sultanat, nur 1872–90). Danach verstärkt getrennte Entwicklung von Nordjemen und Südjemen.

Nordjemen: 1911 Anerkennung des Imam Jahja (seit 1904; ermordet 1968) als Herrscher durch die Türken, 1918 Umwandlung des Imamats in ein Königreich. Mit dem Vertrag von Taif erkannte Saudi-Arabien im Mai 1934 die Unabhängigkeit an. 1945 Gründungsmitglied der Arabischen Liga. 1958–61 föderatives Mitglied der Vereinigten Arabischen Republik; 1962 Sturz des Imam Ahmed (seit 1948) durch einen Militärputsch und Ausrufung der Arabischen Republik Jemen durch Oberst A. as-Sallal (* 1917, † 1994; Präsident bis 1967). Der darauf folgende Bürgerkrieg zwischen Republikanern (unterstützt von Ägypten) und Anhängern der Monarchie (bis 1967 unterstützt von Saudi-Arabien) um Imam M. al-Badr (* 1926, † 1996) endete erst 1969/70 mit dem endgültigen Sieg der Republikaner. 1974 kam es zu einem unblutigen Militärputsch, Präsident wurde Oberst I. al-Hamidi (ermordet September 1977), danach A. al-Ghaschmi (ermordet Juni 1978); im Juli 1978 übernahm Ali Abdullah Saleh (* 1942) dieses Amt.

Südjemen: Aden gehörte 1839–1937 als Protektorat zu Britisch-Indien, 1947 wurde es britische Kronkolonie; 1959 föderativer Zusammenschluss der Emirate im ehemaligen britischen Protektorat, 1963 Beitritt als Staat »Aden« zur »Südarabischen Föderation«. Dem Umsturz im September 1967 in zahlreichen Emiraten folgte die Unabhängigkeitserklärung im November 1967 und der Abzug der britischen Truppen; Umwandlung in einen kommunistischen Einheitsstaat (VR Südjemen, seit 1970 Demokratische Volksrepublik Jemen), seit 1978 unter der Einparteienherrschaft der Jemenitischen Sozialistischen Partei; Präsident wurde im April 1980 A. Nassir Muhammed (* 1944); Januar 1986 Bürgerkrieg und Flucht des Präsidenten nach Nordjemen, im Februar 1986 wurde H. Abu Bakr al-Attas (* 1939) neuer Staatschef.

Vereinigter Jemen: Nach offenen Feindseligkeiten (1970/71) kam es zu Vereinigungsverhandlungen 1972 (Grundsatzvertrag, erneuert 1979), 1977, 1981 (Koordinierungs- und Kooperationsabkommen) und 1989 (Bildung eines Vereinigten politischen Organisationskomitees), die am 22. 5. 1990 zum Zusammenschluss beider Jemen führten, wodurch erstmals ein einheitlicher Nationalstaat Jemen, die Islamische Republik Jemen, entstand; erster Präsident wurde Saleh. Im Mai 1991 billigte die Bevölkerung eine Übergangsverfassung. Die politische Unterstützung des Irak im 2. Golfkrieg sowie der Einstrom somalischer Flüchtlinge 1991/92 brachte das Land in große wirtschaftliche (hohe Arbeitslosigkeit und Inflation) und politische Schwierigkeiten (u. a. blutige Kämpfe im November 1992). Die nach den ersten Parlamentswahlen seit der Vereinigung (27. 4. 1993) gebildete Koalitionsregierung bemühte sich um eine Stabilisierung des Landes. Verschiedene noch stark wirksame Konfliktpotenziale zwischen Nordjemen und Südjemen (die Furcht im Süden vor einer Dominanz des streng konservativ islamischen Nordens; Rivalitäten zwischen den noch nicht zusammengeführten Armeen des Nordens und Südens) führten vom 27. 4.–5. 5. 1994 zum Aufstand im Südjemen, um die Demokratische Republik Jemen wiederherzustellen; der Aufstand wurde aber von Regierungstruppen niedergeschlagen (rd. 7 000 Opfer). Im September 1994 beschloss das jemenitische Parlament die Einführung der Scharia als einzige Grundlage der Gesetzgebung und bestätigte im Oktober 1994 Saleh als Präsident (nach Direktwahlen 1999 und 2006 bestätigt). Die Parlamentswahlen von 1997 führten zu einer Alleinregierung des Allgemeinen Volkskongresses (AVK), die 2003 bestätigt wurde. Grenzstreitigkeiten mit Eritrea, Saudi-Arabien und Oman wurden 1998–2004 beigelegt.

Nach dem Terroranschlag auf den US-Zerstörer »Cole« am 12. 10. 2000 im Hafen von Aden ging die jemenitische Regierung entschieden gegen radikale Islamisten im Land vor und schloss sich zugleich dem internationalen Kampf gegen den Terrorismus an.

Sekundärliteratur: P. u. A. Weikenmeier: Jemen. Landschaft, Menschen, Kulturgeschichte (1994); I. Glosemeyer: Liberalisierung u. Demokratisierung in der Republik Jemen. 1990–1994 (1995); Jemen. Kunst u. Archäologie im Land der Königin v. Saba, hg. v. W. Seipel (ebenda 1998); U. Brunner: Jemen. Vom Weihrauch zum Erdöl (Wien u. a. 1999); H. Albrecht: 1 001 Reform in Jemen. Wirtschaftsreformen, Staat u. Machterhalt (2002); Länderkunde Jemen, hg. v. H. Kopp (2005).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT