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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 978-3-411-10060-6
149,00 € [D]

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Saudi-Arabien

Flagge, Wappen, Kfz-...
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Saudi-Arabien,

Fläche 2,15 Mio. km2
Einwohner (2006) 25,2 Mio.
Hauptstadt Riad
Verwaltungsgliederung 13 Provinzen
Amtsprache Arabisch
Nationalfeiertag 23. 9.
Währung 1 Saudi Riyal (S.Rl.) = 100 Hallala
Zeitzone MEZ +2 Stunden

amtlich arabisch Al-Mamlaka al-Arabijja as-Saudijja, deutsch Königreich Saudi-Arabien, Staat auf der Arabischen Halbinsel, grenzt im Westen an das Rote Meer, im Norden an Jordanien, Irak und Kuwait, im Osten an den Persischen Golf, im Südosten an Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate, im Süden an Oman und an Jemen.

Inhaltsverzeichnis

S T A A T · R E C H T

Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie. Eine geschriebene Verfassung existiert nicht. Am 1. 3. 1992 wurden drei Reformerlasse veröffentlicht, von denen die »Grundordnung für die Regierung« Grundzüge einer Verfassung (Fixierung individueller Eigentums- und Freiheitsrechte) trägt. Staatsoberhaupt, oberster Inhaber der Exekutive und Legislative sowie nominell geistliches Oberhaupt ist der König. Seine Machtposition basiert auf der Scharia; in der Praxis hat er die geistlichen Würdenträger (Rat der Schriftgelehrten) sowie die inneren Machtstrukturen der Dynastie zu berücksichtigen. Der König steht dem von ihm ernannten Ministerrat vor. Der Konsultativrat (Madjlis asch-Schura; 150 für 4 Jahre vom König ernannte Mitglieder) ist eine mit beschränkten Vollmachten ausgestattete Volksvertretung. Parteien existieren nicht.

L A N D E S N A T U R · B E V Ö L K E R U N G

Landesnatur:

Saudi-Arabien umfasst den größten Teil der Arabischen Halbinsel. Es ist ein Hochland, überwiegend aus kristallinen Hügelländern und jungen Lavadecken (Harras) bestehend, das vom Persischen Golf langsam nach Westen ansteigt und mit gebirgsartigem Rand zum Vorland des Roten Meeres abfällt. Saudi-Arabien liegt im Zentrum des altweltlichen Trockengürtels. Bedingt durch das trockenheiße Klima, nehmen Wüsten (im Norden die Nefud; größte ist die Rub al-Chali im Südosten) und Wüstensteppen 99 % der Staatsfläche ein. Nur im Bereich von Trockentälern (Wadis) und am Fuß von Bergstufen können sich durch Quellen und Grundwasser Oasen bilden.

Bevölkerung:

Die Bevölkerung ist infolge der wüstenhaften Landesnatur auf wenige städtische Zentren und kleine Gebiete mit gesicherter Wasserversorgung (Oasen) konzentriert. 75 % der Bevölkerung sind als Staatsangehörige Araber sesshafter und beduinischer Herkunft, die Übrigen sind Gastarbeiter aus arabischen Staaten (Ägypten, Palästina, Jemen) sowie Südasien und Ostasien; 88 % Stadtbevölkerung. – Alle saudischen Staatsbürger und die in Saudi-Arabien lebenden arabischen Gastarbeiter bekennen sich zum Islam: rund 97 % sind Sunniten (überwiegend Wahhabiten), rund 3 % Schiiten (Imamiten und Saiditen). Der sunnitsche Islam wahhabitischer Ausprägung, repräsentiert durch das Königshaus, bildet die Grundlage des Staatsverständnisses. In Saudi-Arabien befinden sich die wichtigsten heiligen Stätten des Islam. Der König führt den Titel »Hüter der beiden heiligen Stätten« (Mekka und Medina). – Es besteht keine Schulpflicht. Das Schulsystem umfasst sechsjährige Primarschulen mit angeschlossener dreijähriger Mittelstufe und dreijährige Sekundarschulen. Im Schulwesen herrscht strikte Geschlechtertrennung. Die Alphabetisierungsrate wird auf (2004) 78 % (alle über 15 Jahre) beziehungsweise 94 % (15–24-Jährige) geschätzt. Es gibt elf Universitäten, darunter die King Saud University (eröffnet 1957), die King Fahd University of Petroleum and Minerals (gegründet 1963) und dieKing Abdulaziz University (gegründet 1967).

W I R T S C H A F T · V E R K E H R

Grundlage des wohlhabendsten arabischen Flächenstaates ist der Erdölsektor, der über 90 % der Exporterlöse (weltgrößter Exporteur und Produzent) und 80 % der Staatseinnahmen erbringt. Die Förderung (seit 1938) liegt im Wesentlichen bei der Saudi Arabian Oil Company. Saudi-Arabien (Gründungsmitglied der OPEC) verfügt über die weltweit größten Ölreserven (ein Viertel der Welterdölvorräte) sowie über große Erdgasreserven. Die Erdöleinnahmen werden u. a. für Sozialleistungen, für Entwicklungshilfe und für die Industrieförderung verwendet. Bei Jubail am Persischen Golf und Janbo am Roten Meer entstanden Industriezentren mit Grundstoff- und Verarbeitungsindustrie auf Erdöl- und Erdgasbasis (Großraffinerien, Stahlwerke, Aluminiumhütten). Der zweite wichtige Wirtschaftssektor ist der Pilgerverkehr zu den heiligen Stätten des Islam in Mekka und Medina, die Nichtmuslimen verschlossen sind. Landwirtschaft ist nur bei künstlicher Bewässerung möglich. Haupthandelspartner sind die USA, Ostasien (v. a. Japan) und die EU.

Saudi-Arabien verfügt über 43 000 km befestigte Straßen, davon 4 000 km Autobahnen. Zwei Eisenbahnlinien (571 beziehungsweise 462 km) verbinden Dammam mit Riad. Seehäfen sind Djidda, Dammam und Djizan, Erdölhäfen Janbo, Jubail und Ras Tanura, Ras al-Khafdji. Internationale Flughäfen in Dhahran/Dammam, Djidda und Riad.

G E S C H I C H T E

Über die Geschichte des Gebiets von Saudi-Arabien bis zum 18. Jahrhundert Arabische Halbinsel. – Die zentralarabischen Beduinen schlossen sich um 1740 den Wahhabiten an, die unter der Familie Saud (Sauditen) von Nedjd im Innern der Arabischen Halbinsel einen Staat schufen (Hauptstadt seit 1821: Riad), der 1818 von den Osmanen zerschlagen wurde. 1884 von den Schammar-Beduinen aus Riad vertrieben, eroberte (Abd al-Asis III.) Ibn Saud 1902 Riad zurück und baute – zunächst in Abhängigkeit vom Osmanischen Reich – sein Herrschaftsgebiet als Emir des Nedjd und Imam der Wahhabiten auf der Arabischen Halbinsel aus. Nach Eroberung des Emirats Hail der Schammar (1921/22) und des Königreichs Hidjas (1924 Besetzung von Mekka) ließ er sich 1926 zum König ausrufen und proklamierte am 23. 9. 1932 das Königreich Saudi-Arabien. Ibn Saud und seine Nachfolger, die inzwischen den Herrschertitel »Hüter der beiden heiligen Stätten« trugen, suchten die von einer strengen sunnitischen Interpretation des Islam geprägte Staats- und Gesellschaftsordnung mit einer intensiven Modernisierung der ökonomischen Infrastruktur zu verbinden. Hohe Gewinne aus der Vergabe von Erdölförderkonzessionen (1933 Gründung der Arabian American Oil Company, ARAMCO; 1980 verstaatlicht) ermöglichten u. a. Investitionen in das Verkehrs- und Schulwesen sowie in Bewässerungssysteme. Ibn Sauds Sohn, König Saud (seit 1953), wurde 1964 von seinem Bruder Feisal entmachtet; dieser öffnete Saudi-Arabien vorsichtig dem westlichen Lebensstil (enge Kooperation mit den USA), ohne die autokratische Herrschaftsform zu lockern, und vollzog nach 1967 eine Annäherung an Ägypten. Insbesondere seit den 1970er-Jahren konnte Saudi-Arabien seine Hegemonieansprüche im Nahen Osten gegenüber anderen arabischen Staaten – aber auch gegenüber Iran – verstärkt durchsetzen und bezog gleichzeitig mit ihnen gemeinsame Positionen in der Auseinandersetzung mit Israel. Nach Feisals Ermordung (1975) setzten König Chalid (1975–82) und König Fahd (seit 1982) dessen Politik fort. 1979 besetzten radikale islamische Kräfte mit messianischen Thesen die Kaaba und konnten nur gewaltsam beseitigt werden. Die schiitische Bevölkerung im Osten des Landes geriet unter den Einfluss der fundamentalistisch-islamischen Revolution in Iran (1979). Im 1. Golfkrieg (1980–88) unterstützte Saudi-Arabien Irak. Im Juli 1987 und 1988 kam es, ausgelöst durch iranische Pilger, während der Wallfahrten in Mekka zu schweren Unruhen und zu Spannungen mit Iran. Nach der Besetzung Kuwaits durch Irak am 2. 8. 1990 wurde Saudi-Arabien zum Aufmarschgebiet einer multinationalen Streitmacht, im 2. Golfkrieg 1991 arabischer Hauptgegner Iraks. Die 1995 begonnenen Verhandlungen zwischen Saudi-Arabien und Jemen zur Regelung der offenen Grenzfragen (u. a. in der Landschaft Asir) konnten erst 2000 mit der Unterzeichnung eines Grenzabkommens abgeschlossen werden; bereits 1999 hatten Saudi-Arabien und Katar ihre Grenzstreitigkeiten bilateral beigelegt. Im Verhältnis Saudi-Arabiens zu Iran kam es ab 1998/99 zur Entspannung (u. a. Kooperationsabkommen 2001).

Innenpolitisch wuchsen unter König Fahd (Ibn Abd al-Asis; seit 1982) Hoffnungen auf eine Liberalisierung; politischen Reformforderungen kam dieser aber nur begrenzt entgegen. Seit 1990/91 sah sich das saudische Herrscherhaus mit einer radikalislamischen Opposition konfrontiert, die die – bis 2003 andauernde – amerikanische Militärpräsenz als Besatzung im »geheiligten Ursprungsland des Islam« betrachtete. Nach den Terroranschlägen vom 11. 9. 2001 in den USA geriet Saudi-Arabien v. a. wegen der Beteiligung von 15 Staatsangehörigen in den Ruf, als Rückzugs- und Rekrutierungsgebiet der terroristischen Organisation al-Qaida zu dienen. Saudi-Arabien schloss sich der Antiterrorkoalition an, sah sich jedoch zunehmend – v. a. nach dem Irakkrieg 2003 – internationalen Forderungen nach Durchführung innerer Reformen ausgesetzt. Trotz Einrichtung einer Nationalen Menschenrechtskommission und der Durchführung von Kommunalwahlen (2005; Wahl etwa der Hälfte der Gemeinderäte, Frauen ohne Stimmrecht) kam es bislang zu keinen grundlegenden Veränderungen. – Am 1. 8. 2005 starb König Fahd; zu seinem Nachfolger wurde noch am gleichen Tag der seit 1996 amtierende Regent Abdallah ernannt. Neuer Kronprinz wurde Sultan (* 1930), ein Bruder Fahds.

König Abdallah verfolgte im Inneren eine vorsichtige Reformpolitik; außenpolitisch engagierte er sich verstärkt als Vermittler im Nahostkonflikt, u.a. bei der innerpalästinensischen Auseinandersetzung zwischen Fatah und Hamas sowie durch die saudi-arabische Beteiligung an der Nahost-Friedenskonferenz im amerikanischen Annapolis im November 2007.

Sekundärliteratur: H. K. Barth u. K. Schliephake: Saudi-Arabien (1998); G. Steinberg: Saudi-Arabien. Politik, Geschichte, Religion (2004); G. Heck u. M. Wöbcke: Arabische Halbinsel. Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Qatar, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Jemen (52005); M. Prokop: Saudi-Arabien (2005).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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