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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 978-3-411-10060-6
149,00 € [D]

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Turkmenistan

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Flagge, Wappen, Kfz-...
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Turkmenistan,

Fläche 488 100 km2
Einwohner (2004) 4,86 Mio.
Hauptstadt Aschchabad
Verwaltungsgliederung 5 Gebiete und die Hauptstadt
Amtsprache Turkmenisch
Nationalfeiertag 27. 10.
Währung 1 Turkmenistan-Manat (TMM) = 100 Tenge
Zeitzone MEZ + 4 Stunden

Turkmenien, amtlich turkmenisch Turkmenostan Jumhuriyati, deutsch Republik Turkmenistan, Staat im Südwesten Mittelasiens, grenzt im Westen an das Kaspische Meer, im Nordwesten an Kasachstan, im Norden und Osten an Usbekistan, im Süden an Afghanistan, im Südwesten an den Iran.

Inhaltsverzeichnis

S T A A T · R E C H T

Nach der Verfassung vom 18. 5. 1992 (mehrfach, zuletzt 2003, revidiert) ist Turkmenistan eine präsidiale Republik. Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Regierungschef ist der mit weitgehenden Vollmachten ausgestattete Präsident (auf 5 Jahre direkt gewählt; die Begrenzung der Amtszeit auf 2 Wahlperioden wurde für den derzeitigen Präsidenten 1999 aufgehoben). Er bestimmt die Richtlinien der Politik, ernennt die Mitglieder seines Kabinetts, verfügt über ein Verordnungs- und Vetorecht gegen Gesetzesbeschlüsse und kann das Parlament auflösen. Höchstes Legislativ- und Kontrollorgan und zuständig für Verfassungsänderungen ist der unter Vorsitz des Staatspräsidenten stehende Volksrat (2 507 Mitglieder), dem gewählte Repräsentanten (Abgeordnete des Parlaments, lokale Volksvertreter) und ernannte Inhaber von Staatsämtern (z. B. Minister, regionale und lokale Verwaltungschefs, Vertreter der Justiz) angehören. Zuständig für die laufende Gesetzgebung ist die Versammlung (Madjlis), ein Einkammerparlament mit 50 für 5 Jahre gewählten Abgeordneten. – Dominierende Partei ist die Demokratische Partei Turkmenistans (Nachfolgeorganisation der KP). Daneben existieren die Bäuerliche Gerechtigkeitspartei sowie bisher nicht zugelassene Oppositionsbewegungen, darunter die Volksfront Agzybirlik (deutsch »Einstimmigkeit«), die Partei der demokratischen Entwicklung, die Islamische Partei der Wiedergeburt und die Volksdemokratische Bewegung Turkmenistans.

L A N D E S N A T U R · B E V Ö L K E R U N G

Landesnatur:

Turkmenistan erstreckt sich zwischen Kaspischem Meer im Westen und Amudarja im Osten und Südosten. Es wird überwiegend vom abflusslosen Tiefland von Turan eingenommen, besteht größtenteils aus der Wüste Karakum und liegt 100–200 m über dem Meeresspiegel, in den Niederungen am Kaspischen Meer bis 81 m unter dem Meeresspiegel. Im Südwesten hat Turkmenistan Anteil am Kopet-Dag-Gebirge (im Reza 2 942 m über dem Meeresspiegel); dieses Gebiet ist stark erdbebengefährdet. Im äußersten Nordwesten breitet sich das Ust-Jurt-Plateau aus; im Südosten erstrecken sich Ausläufer des Hissar-Alai-Systems (im Ayrybaba bis 3 139 m über dem Meeresspiegel). Wasserreichster Fluss ist der Amudarja an der Nordgrenze, weitere Flüsse sind Murgab, Tedschen und Atrek. Das Klima ist ausgeprägt kontinental, mit heißen, trockenen Sommern und relativ milden Wintern; charakteristisch sind starke tägliche Temperaturschwankungen; Niederschläge 75–150 mm im Tiefland, bis 400 mm im südlichen Bergland. In der Karakum spärliche Vegetation; an den Flüssen Galeriewälder, im Gebirge Steppen; durch Bewässerung (besonders am Rande des Kopet-Dag) entstanden Gebirgsfußoasen.

Bevölkerung:

Den Hauptteil der Bevölkerung bilden die Turkmenen mit rund 85 %; Russen haben einen Anteil von 7 %, Usbeken von 5 %; weitere Minderheiten sind Kasachen, Tataren, Ukrainer, Aserbaidschaner und Armenier. Das Land ist sehr dünn besiedelt (9,6 Einwohner je km2). Die höchsten Besiedlungsdichten weisen die Oasen im Vorland des Kopet-Dag, die Regionen am Unterlauf von Tedschen und Murgab, das Tal des Amudarja und die am Karakumkanal gelegenen Gebiete auf. 47 % der Bewohner leben in Städten. – Die Turkmenen, Usbeken und übrigen turksprachigen Völker bekennen sich zum sunnitischen Islam der hanefitischen Rechtsschule, der in Turkmenistan stark durch volksislamische Traditionen geprägt ist (Volksislam). Der Anteil der Christen an der Bevölkerung beträgt um die 2 % (ganz überwiegend Orthodoxe [Russen, Armenier]; wenige Protestanten und Katholiken). – Es besteht eine neunjährige allgemeine Schulpflicht ab dem 7. Lebensjahr. Das Schulsystem gliedert sich in folgende Stufen: die vierjährige Grundschule und die siebenjährige, zweistufig (Klassen 5–9 und 10–11) aufgebaute Mittelschule, deren Oberstufenabschluss die Voraussetzung für die Zulassung zum Hochschulstudium ist. Alphabetisierungsrate liegt bei 99 % (2004). Das Hochschulwesen umfasst die Turkmenische Staatsuniversität (gegründet 1950) in Aschchabad und acht Hochschulen und Fachhochschulen; jüngste Hochschule ist die Internationale Turkmenische Universität (Erziehungs-, Wirtschafts- und Technikwissenschaft; gegründet 1994) in Aschchabad.

W I R T S C H A F T · V E R K E H R

Turkmenistan war bis 1991 eine der am wenigsten entwickelten Sowjetrepubliken, deren Wirtschaft einseitig auf die Bereitstellung von Rohstoffen ausgerichtet war. Die ersten Jahre der politischen Unabhängigkeit waren durch eine schwere Wirtschaftskrise gekennzeichnet. Die exportorientierte Erdgas- und Erdölgewinnung sowie die Baumwollerzeugung dominieren bis heute die Wirtschaftsstruktur, die stark von Schwankungen der Weltmarktpreise für die betreffenden Rohstoffe abhängig ist. Rohstoffsektor, Industrie und Außenhandel werden durch den Staat kontrolliert, der Lebensstandard der Bevölkerung wird durch hohe Subventionen zu sichern versucht. Das seit 1999 zu verzeichnende starke Wirtschaftswachstum wird v. a. von steigenden Rohstoffpreisen, anwachsenden Gasexporten und Investitionen in den Energiesektor getragen. – Die Landwirtschaft ist einer der wichtigsten Erwerbszweige. Lediglich 2,7 % des Territoriums (rund 1,3 Mio. ha) sind für den Ackerbau nutzbar, hinzu kommen rund 32 Mio. ha Weideland. Der Ackerbau ist auf Bewässerung angewiesen, die jedoch aufgrund des hohen Wasserverlustes in den maroden Bewässerungskanälen (darunter der Karakumkanal) und der zunehmenden Versalzung der Böden zu schweren ökologischen Schäden führt. Kennzeichnend ist der Anbau von Baumwolle in Monokulturen; weiterhin werden Getreide, Reis, Futterpflanzen, Kenaf und Sesam angebaut, in den Oasen am Fuße des Kopet-Dag Feigen, Datteln, Granatäpfel, Melonen und Weintrauben. In der Viehwirtschaft hat die Karakulschafzucht und Kamelhaltung große Bedeutung (Nutzung der dürftigen Weiden der Karakum), daneben werden auch Pferde gezüchtet (Achal-Tekkinger Pferdezucht). Auch Seidenraupenzucht wird betrieben. Turkmenistan besitzt umfangreiche Vorkommen an Erdgas und Erdöl, vor allem im Kaspischen und im Amudarjabecken. Die gesicherten Reserven an Erdgas erreichen rund 4 400 Mrd. m3, auch die Erdölvorkommen im Offshorebereich des Kaspischen Meeres sind umfangreich. Das größte Erdgasfördergebiet liegt in Dauletabad-Donmes im Gebiet Mary, Öl wird zum größten Teil auf den Feldern bei Koturtepe und Tscheleken zumeist offshore gewonnen. Unter Beteiligung ausländischer Unternehmen werden weitere Erdöl- und -gasfelder erschlossen. Mittels Pipelines, die weitgehend unter russischer Kontrolle stehen, werden Erdgas und Erdöl größtenteils exportiert. Weiterhin werden Natriumsulfat im Kara-Bogas-Gol und Schwefel bei Gaurdak in Ostturkmenistan gewonnen. Wichtigste Industriebranchen sind die petrochemische, Textil- (Verarbeitung von Baumwolle) und Nahrungsmittelindustrie. Zwei Erdölraffinerien verarbeiten eigenes Rohöl sowie Ölimporte; der Maschinenbau ist auf die Herstellung von Anlagen für die Erdgas- und Erdölindustrie spezialisiert. Große Bedeutung hat die Teppichweberei. – Hauptexportgüter sind Erdöl und -gas, Baumwolle, Naturseide, Karakulfelle, Teppiche und chemische Rohstoffe; die wichtigsten Handelspartner sind Russland, die Ukraine, Aserbaidschan, die EU-Staaten, die USA, die Türkei und der Iran.

Turkmenistan besitzt eine wichtige Transitfunktion im Warenverkehr zwischen Mittelasien, Kaukasien und Europa. Das Eisenbahnnetz umfasst 2 187 km. Hauptstrecken sind die Transkaspische Eisenbahn, die Strecken Turkmenabad–Kungrad (Usbekistan) und Tedschen–Meschhed (Iran); von Turkmenbaschi besteht eine Fährverbindung nach Baku. Das Straßennetz ist 24 000 km lang; etwa 700 km sind auf dem Amudarja und Karakumkanal schiffbar; Haupthafen ist Turkmenbaschi; internationaler Flughafen bei Aschchabad.

G E S C H I C H T E

Im Altertum gehörte das Territorium von Turkmenistan zum persischen Großreich der Achaimeniden. Im 7./8. Jahrhundert wurde Turkmenistan von den Arabern erobert. Seit dem 8. Jahrhundert drangen die Vorfahren der Turkmenen, die türkischen Ogusen, in das Gebiet vor und wurden im 10. Jahrhundert islamisiert (etwa seitdem als Turkmenen bezeichnet). Im 13. Jahrhundert fielen die Mongolen in Turkmenistan ein. Nach dem Zerfall der Goldenen Horde kamen die nomadisch lebenden Turkmenen seit dem 16. Jahrhundert teilweise unter die Herrschaft der Khanate Buchara und Chiwa, teils unter persische Oberhoheit. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts unterwarf Russland mehrere turkmenische Stämme (1881 Eroberung der turkmenischen Festung Gök-Tepe, 1884 Einnahme von Merw) und unterstellte sich das »Transkaspien« genannte Gebiet; ein Teil der Turkmenen verblieb bei Buchara und Chiwa. 1916 beteiligten sich die Turkmenen am zentralasiatischen Aufstand gegen die russische Verwaltung.

Nach der Oktoberrevolution leisteten sie erbitterten Widerstand (besonders unter Dschunaid Khan) gegen die Errichtung der bolschewistischen Herrschaft, die in (dem 1918–20 von britischen Interventen besetzten) Turkmenistan erst 1920 durchgesetzt werden konnte. 1918–24 war Turkmenistan innerhalb der RSFSR Bestandteil der Turkestanischen ASSR. Am 27. 10. 1924 wurde aus einem Teil dieser ASSR sowie aus Gebieten der Sowjetrepublik Buchara und Choresm die Turkmenische SSR gebildet. Die 1926 eingeleitete und Ende der 1920er-/Anfang der 1930er-Jahre forcierte Kollektivierung der Landwirtschaft war mit der zwangsweisen Sesshaftmachung der Nomaden verbunden. Stalinistische Repressalien richteten sich u. a. gegen die junge nationale Intelligenz und nationalkommunistische Kräfte. Am 6. 10. 1948 zerstörte ein verheerendes Erdbeben die Hauptstadt Aschchabad. 1954 begann der Bau des Karakumkanals.

Die Politik der Perestroika wirkte sich in dem von S. Nijasow (seit 1985 Vorsitzender des Ministerrats und Chef der nationalen KP-Organisation) geführten Turkmenistan kaum aus. Dem Beispiel anderer Unionsrepubliken folgend, erklärte Turkmenistan am 22. 8. 1990 seine Souveränität innerhalb der Sowjetunion und nach einem Referendum am 27. 10. 1991 seine Unabhängigkeit (Umbenennung in Republik Turkmenistan). Die Ende 1991 aus der KP hervorgegangene Demokratische Partei Turkmenistans konnte sich die Macht sichern. Im Dezember 1991 trat Turkmenistan der GUS bei, im März 1992 wurde es Mitglied der UN. Nach Annahme einer neuen Verfassung (18. 5. 1992) wurde Staatspräsident S. Nijasow (in diesem Amt seit 1990) im Juni 1992 wieder gewählt; als »Turkmenbaschi« (»Führer aller Turkmenen«) von einem zunehmenden Personenkult umgeben und autokratisch regierend, ließ er sich per Referendum 1994 seine Amtszeit zunächst bis 2002 verlängern. Im Dezember 1999 proklamierte ihn das Parlament zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit. Nach einem Attentatsversuch auf Nijasow im November 2002 kam es zu einer landesweiten Verhaftungswelle unter Regimegegnern. Nach dem überraschenden Tod Nijasows am 21. 12. 2006 übernahm nicht – wie von der Verfassung vorgesehen – der (durch Einleitung eines Strafverfahrens ausgeschaltete) Parlamentspräsident Owesgeldy Atajew (* 1951) die Funktion des Übergangspräsidenten, sondern mit Unterstützung des Sicherheitsapparates der Vizepremier Gurbanguly Berdymuchammedow. Am 26. 12. 2006 bestätigte der Volksrat diese Entscheidung; die Verfassung wurde dahingehend geändert, dass künftig ein Mitglied des Ministerkabinetts durch den Staatsrat für Sicherheit zum Interimspräsidenten ernannt wird und dieser sich (im Unterschied zu früheren Bestimmungen des Grundgesetzes) auch an Präsidentschaftswahlen beteiligen kann. Die Wahlen vom 11. 2. 2007 mit erstmals mehreren Präsidentschaftskandidaten (sechs Bewerber aus der herrschenden Demokratischen Partei, keine Zulassung von Oppositionsvertretern) gewann der als Favorit geltende Interimspräsident Berdymuchammedow mit offiziell 89,23 % der Stimmen (Amtseinführung als Staatspräsident am 14. 2. 2007).

Im Januar 1993 vereinbarte Turkmenistan mit den anderen mittelasiatischen GUS-Republiken eine Wirtschaftsgemeinschaft. Außenpolitisch führte Turkmenistan seine engen Beziehungen zu Russland fort, baute jedoch auch die Verbindungen zur Türkei und zu Iran, mit dem es eine über 1 000 km lange Grenze hat, aus. Im Oktober 1995 wurde Turkmenistan Mitglied der Bewegung der blockfreien Staaten und ließ sich im Dezember 1995 von der UN-Versammlung den Status eines neutralen Landes anerkennen. Im April 2003 unterzeichneten Turkmenistan und Russland ein Abkommen, das turkmenische Erdgaslieferungen innerhalb der folgenden 25 Jahre vorsah. Daneben beinhaltete der (zunächst von der russischen Staatsduma nicht ratifizierte) Vertrag die Aufkündigung einer seit 1993 geltenden Regelung zur doppelten Staatsbürgerschaft. Entgegen russischer Intention zwang Präsident Nijasow daraufhin die ca. 100 000 in Turkmenistan lebenden Russen sich für eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden, wobei diesen bei Wahl des russischen Passes Ausweisung und Besitzverlust drohte, was schließlich zum Konflikt mit der Moskauer Regierung führte. 2005 zog sich Turkmenistan nach Jahren weitgehender Inaktivität aus der GUS zurück (Antrag auf eine nur noch assoziierte Mitgliedschaft).

Sekundärliteratur: A. Dshikijew: Das turkmenische Volk im Mittelalter (aus dem Russischen, 1994); R. Götz u. U. Halbach: Turkmenistan. Informationen über eine unbekannte Republik, 2 Bde. (1995); Mittelasien. Die Entwicklung in Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan und Kyrgysstan seit der Unabhängigkeit, bearbeitet v. M. Marsall (1996); R. Abazov: Historical dictionary of Turkmenistan (Lanham, Maryland, u. a. 2005); B. Luckow: Turkmenistan entdecken (2006).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

  • Lächelnd in die Armut (29/1998)
    Turkmenistan steht trotz seiner gewaltigen Rohstoffreserven am Rande des Bankrotts. Eine ZEIT-Serie über die neue geostrategische Rolle Zentralasiens, Teil II
  • Mit Gas an der Macht (47/2006)
    Zentralasiatischer Selfmademan, Ex-Kommunist, bizarrer Despot: Zum Tode des turkmenischen Präsidenten Saparmurat Nijasow.
  • Vater aller Turkmenen tot (47/2006)
    Turkmenistans Präsident Nijasow an Herzversagen gestorben

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