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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Zypern

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Kulturgeschichtliche...
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Zypern,

Fläche 9 251 km2
Einwohner (2008) rd. 1 Mio.
Hauptstadt Nikosia
Verwaltungsgliederung 6 Bezirke (davon 2 überwiegend im Nordteil)
Amtsprache Neugriechisch und Türkisch
Nationalfeiertag 1. 10.
Währung 1 Euro (EUR, €) = 100 Cent
Zeitzone MEZ + 1 Stunde

Cypern, neugriechisch Kypros, amtliche Namen: neugriechisch Kypriaki Dimokratia, türkisch Kıbrıs Cumhuriyeti, englisch Republic of Cyprus, Inselstaat im östlichen Mittelmeer, der entlang der Linie Lefka, Nikosia, Famagusta seit 1974 de facto in einen griechisch-zyprischen Teil (5 896 km2, einschließlich 256 km2 britische Militärstützpunkte; [2008] 780 000 Einwohner) im Süden und einen türkisch-zyprischen Teil (3 355 km2, 200 000 Einwohner und außerdem etwa 30 000 Soldaten der türkischen Armee) im Norden geteilt ist. Die UNO-Pufferzone zwischen beiden Teilen Zyperns umfasst 4 % der Landesfläche.

Inhaltsverzeichnis

S T A A T · R E C H T

Nach der formal noch gültigen Verfassung von 1960 ist Zypern eine präsidiale Republik mit zwei sich selbst verwaltenden Volksgruppen; de facto besteht Zypern jedoch aus zwei politisch, wirtschaftlich und verwaltungsmäßig getrennten Teilen, dem international anerkannten griechisch-zyprischen Südteil und dem türkisch-zyprischen Nordteil, der als »Türkische Republik Nordzypern« (am 15. 11. 1983 proklamiert) nur von der Türkei anerkannt wird.

Griechisch-zyprischer Teil: Staatsoberhaupt und oberster Inhaber der Exekutive (Regierungschef) ist der Präsident (auf 5 Jahre direkt gewählt). Er ernennt und entlässt die Mitglieder des Kabinetts und verfügt über ein Vetorecht gegen Regierungs- und Gesetzesbeschlüsse. Die Legislative liegt beim Repräsentantenhaus, bestehend aus 80 Abgeordneten, auf 5 Jahre gewählt, davon 56 für den griechischen Bevölkerungsteil und 24 für die türkischen Zyprer (derzeit vakant). – Einflussreichste Parteien: Fortschrittspartei des werktätigen Volkes (AKEL), Demokratische Sammlung (DISY), Demokratische Partei (DIKO), Bewegung der Sozialdemokraten (KISOS).

Türkisch-zyprischer Teil: Nach der Verfassung vom 5. 5. 1985 liegt die Legislative bei der Gesetzgebenden Versammlung (50 Abgeordnete, für 5 Jahre gewählt), die Exekutive bei der Regierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten. Der auf 5 Jahre direkt gewählte Präsident hat als Staatsoberhaupt im Wesentlichen repräsentative Funktionen. – Wichtigste Parteien: Türkische Partei – Vereinigte Kräfte (CTP-BG), Nationale Einheitspartei (UBP), Bewegung für Frieden und Demokratie (BDH), Demokratische Partei (DP), Nationale Friedenspartei (MP).

L A N D E S N A T U R · B E V Ö L K E R U N G

Landesnatur:

Zypern, die drittgrößte Mittelmeerinsel (nach Sizilien und Sardinien), liegt 65 km von der Südküste Kleinasiens entfernt und ist hinsichtlich Geschichte und Kultur ein Bindeglied zwischen Europa und Asien. Im Norden erhebt sich hinter einer schmalen Küstenebene steil die Kyreniakette (Pentadaktylos, im Kyparisso 1 024 m über dem Meeresspiegel). Südlich davon erstreckt sich eine weite Ebene (Mesaoria), das frühere Hauptanbaugebiet Zyperns. An sie schließt sich das Troodosgebirge an (im Olympos 1 951 m über dem Meeresspiegel), das das Innere des südwestlichen Inselteils einnimmt und nach Westen, Süden und Osten allmählich in unterschiedlich breite Küstenebenen übergeht. Die geomorphologisch sowohl in der Mesaoria wie auch in den beiden Gebirgen nachweisbaren Hebungsvorgänge sind noch keineswegs abgeschlossen, was häufige Erdbeben auf Zypern beweisen. Zypern hat typisch mediterranes Klima mit heißen, trockenen Sommern und milden, feuchten Wintern; durchschnittlich 480 mm Jahresniederschläge, im Troodos bis 1 000 mm (in den höheren Lagen als Schnee; zum Teil bis ins Frühjahr Wintersport). Die Flüsse führen nur im Winter Wasser.

Bevölkerung:

Auf Zypern leben Griechen, die mit rund 80 % die Bevölkerungsmehrheit bilden, und Türken, die etwa 19 % der Bevölkerung stellen, ferner Armenier u. a. Aus dem kulturell und historisch begründeten Gegensatz erwuchs die politische Krise, die zur De-facto-Teilung der Insel mit der Umsiedlung eines Teils der Bevölkerung geführt hat. In den griechisch-zyprischen Teil kamen 1974 etwa 160 000 griechische Zyprer aus dem türkischen Nordteil. Umgekehrt flohen etwa 50 000 türkische Zyprer aus dem Süden in den türkisch-zyprischen Teil der Insel. Außerdem wurden hier rund 120 000 Türken (Anzahl umstritten) aus Anatolien angesiedelt und 30 000 türkische Soldaten stationiert. – Die griechischen Zyprer sind (mit wenigen Ausnahmen) orthodoxe Christen; daneben gibt es in kleiner Zahl armenische, katholische (maronitische) und anglikanische Christen. Fast alle türkischen Zyprer sind sunnitische Muslime (überwiegend der hanefitischen Rechtsschule). Die jüdische Gemeinde Zyperns (belegt bereits im 1. Jahrhundert n. Chr.) zählt nur noch sehr wenige Mitglieder. – Im griechisch-zyprischen Teil besteht eine neunjährige allgemeine Schulpflicht (Einschulungsalter fünfeinhalb Jahre); die Schulpflicht im türkisch-zyprischen Teil umfasst die achtjährige Primarschule (Einschulungsalter sieben Jahre; einjähriger Vorschulbesuch möglich). Im Hochschulbereich gibt es im griechischen Teil die Universität Zypern (gegründet 1989; 1992 Aufnahme des Lehrbetriebes) in Nikosia; im türkischen Teil besteht die Ostmediterrane Universität (seit 1986 Universität) in Famagusta.

W I R T S C H A F T · V E R K E H R

Im griechisch-zyprischen Teil konnten die durch die Ereignisse von 1974 entstandenen wirtschaftlichen Verluste und Disproportionen schnell überwunden werden. Bei einer niedrigen Inflationsrate ist die ökonomische Leistungsfähigkeit höher als die der gesamten Insel vor 1974. 2004 wurde der griechisch-zyprische Teil in die EU aufgenommen, seit 1. 1. 2008 ist hier der Euro gesetzliches Zahlungsmittel. Der Dienstleistungssektor mit den Bereichen Tourismus, Finanzdienstleistung, Immobilienwirtschaft, Handel, Gesundheitswesen, Verwaltung und Erziehung leistet heute den wichtigsten Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt. Größter Devisenbringer ist der sich ständig ausweitende Tourismus (Zentren Limassol, Larnaka, Paphos/Polis und Agia Napa/Pavalimni im Südosten). In der Industrie mit Nahrungsmittelgewerbe, Maschinenbau, Holzverarbeitung sowie pharmazeutischer Industrie sind die Hafenstädte Limassol und Larnaka Hauptgewerbestandorte. Größter Betrieb ist die Erdölraffinerie in Larnaka. Zypern entwickelt sich zunehmend zu einem Offshorezentrum. Im internationalen Schiffsregister steht das Land an dritter Stelle. Getreide- und Kartoffelanbau erfolgen in der zentralen Ebene, der Mesaoria, die aber künstlich bewässert werden muss. Zitruskulturen sind um Limassol, Rebflächen in den südlichen und östlichen Troodosvorbergen konzentriert. – Der türkisch-zyprische Teil ist ohne Wirtschaftshilfe kaum lebensfähig, obwohl die landwirtschaftlich wertvollsten Anbaugebiete und die Schwerpunkte der Industrie nach der faktischen Teilung des Landes zum Nordteil kamen. Bei einer hohen Inflationsrate liegt das Pro-Kopf-Einkommen nur bei einem Drittel des vergleichbaren Wertes im Süden. Hauptanbau- und Hauptexportprodukte sind Zitrusfrüchte; weiterhin Anbau von Tabak und Gemüse. Die vorhandene Kapazität der Industriestandorte Nikosia und Famagusta wird aus Mangel an Arbeits- und Fachkräften nur zu einem Teil ausgelastet. Der ehemals bedeutende Tourismus beginnt sich wieder zu entwickeln und ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Da hier keine Flugzeuge internationaler Fluggesellschaften landen, wurden die Seeverbindungen zur Türkei verbessert. – Auf Zypern gibt es keine Eisenbahn. Durch die Demarkationslinie wurde das Straßennetz zerschnitten, im griechisch-zyprischen Teil ist es etwa 11 760 km, im türkisch-zyprischen Teil rund 2 400 km lang. Der vor der Teilung als Haupthafen von Zypern geltende Hafen von Famagusta dient nur noch dem türkisch-zyprischen Teil. Für den griechisch-zyprischen Teil wurden Limassol und Larnaka (beide seit 1990/91 Freihäfen) als Tiefwasserhäfen ausgebaut. Da der internationale Flughafen von Nikosia auf der Demarkationslinie liegt, kann er derzeit nur von den UN benutzt werden. Im griechisch-zyprischen Teil entstanden die internationalen Flughäfen Larnaka und Paphos, während der im Norden errichtete Flughafen (Ercan), 20 km östlich von Nikosia, nur von der Türkei aus angeflogen wird.

G E S C H I C H T E

Jungsteinzeit bis Mittelalter: Dank seiner geografischen Lage berührten sich von jeher auf der Insel Zypern (griechisch Kypros, in hethitischen, akkadischen und ägyptischen Zeugnissen Alasia, hebräisch Kittim, nach der phönikischen Stadt Kition) die kulturellen und politischen Strömungen Europas und des Orients. Seit Ende der Jungsteinzeit bestimmte der Kupferbergbau (u. a. in Kalavassos) die Entwicklung der Insel: Die Bezeichnung des Metalls ist aus dem Namen der Insel herzuleiten (»aes Cyprium«). Seit Beginn der Bronzezeit (etwa 2300 v. Chr.) vermittelte Zypern zwischen Griechenland, Kleinasien, Mesopotamien und Syrien sowie Ägypten. Seit etwa 1400 v. Chr. gehörte Zypern in den Kulturkreis Mykenes. Etwa ab 1200 war es von Achäern, später von Griechen aus Kleinasien (Gründung u. a. von Salamis), seit etwa dem 10. Jahrhundert von Phönikern besiedelt (Entstehung von Burgsiedlungen, die von Stadtkönigen beherrscht wurden). Ab 709 v. Chr. stand Zypern zeitweilig unter assyrischer, ab 569 v. Chr. unter ägyptischer, ab 538 v. Chr. unter persischer Oberhoheit; es fiel 333 v. Chr. (Schlacht von Issos) an Alexander den Großen, 294 v. Chr. an das Ptolemäerreich (Ägypten). Ab 58 v. Chr. römisch, gehörte Zypern zur Provinz Cilicia (Kilikien). Durch die Missionsreise des Paulus wurde Zypern 45 n. Chr. zu einem der ersten Missionsgebiete und hatte zu Beginn des 4. Jahrhunderts bereits drei Bischofssitze (die Selbstständigkeit der zyprischen Kirche wurde 431 anerkannt). Nach Teilung des Römischen Reiches (395 n. Chr.) fiel es an Ostrom (Byzanz), nach arabisch-byzantinischen Auseinandersetzungen um Zypern (ab 647/649) stand es 688–965 unter gemeinsamer Herrschaft von Byzanz und dem Kalifat, dann unter der alleinigen Oberhoheit von Byzanz. – Während des 3. Kreuzzuges 1191 von Richard I. Löwenherz erobert, kam Zypern 1193–1489 als Kreuzfahrerstaat unter die Herrschaft der französischen Dynastie Lusignan (Zurückdrängung des byzantinischen Einflusses, Öffnung zum Abendland), danach unter die Herrschaft Venedigs, das Zypern nach türkischer Eroberung 1570/71 im venezianisch-osmanischen Sonderfrieden 1573 an die Osmanen abtrat. Allmählich entstand eine starke türkische Minderheit. 19. bis Mitte 20. Jahrhundert: Nach dem Russisch-Türkischen Krieg (1877/78) wurde die Insel ab 4. 6. 1878 (bei formeller Anerkennung der türkischen Oberhoheit) von Großbritannien verwaltet und nach dem Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg am 5. 11. 1914 von Großbritannien formell annektiert. Nachdem die Annexion im Frieden von Lausanne, 24. 7. 1923, von der Türkei und Griechenland anerkannt worden war, wurde Zypern am 1. 5. 1925 britische Kronkolonie. Unter Führung der orthodoxen Kirche seit dem 19. Jahrhundert zunehmende Forderungen nach Anschluss (»Enosis«) an Griechenland: erfolgloser Aufstand September 1931, Unruhen nach 1945 (seit 1950 unter Führung des Erzbischofs Makarios III.). Seit 1955 Guerillakampf der griechisch-nationalistischen Widerstandsorganisation E. O. K. A. unter G. Grivas gegen die britische Kolonialmacht; 19./23. 2. 1959 britisch-griechisch-türkischer Dreimächtevertrag (Zypernabkommen) über die Unabhängigkeit von Zypern und die Stationierung griechischer und türkischer Truppen. Unabhängigkeit und anhaltender Zypernkonflikt: Am 16. 8. 1960 Proklamation der Unabhängigkeit durch Staatspräsident Makarios (bei Beibehaltung der britischen Hoheitsrechte auf zwei militärischen Stützpunkten); ab 14. 3. 1961 Commonwealth-Mitglied. Als Makarios das (durch die Verfassung von 1960 garantierte) Proporzsystem hinsichtlich Regierung und Verwaltung entsprechend dem Bevölkerungsanteil (70 ː 30) zugunsten der griechischen Bevölkerungsmehrheit ändern wollte, kam es zu blutigen Kämpfen zwischen den Volksgruppen der Griechen und Türken (21. 12. 1963; Austritt der türkischen Vertreter aus der Regierung und Rückzug der türkischen Volksgruppe in Enklaven). Im März 1964 Entsendung einer UN-Friedenstruppe (Unficyp); Bildung eigener Streitkräfte durch die türkischen Zyprer (Zyperntürken) als Gegengewicht gegen die griechisch-zyprische Nationalgarde, im Dezember 1967 Errichtung der »Provisorischen türkisch-zyprischen Verwaltung«; Juni 1968 Aufnahme von Verhandlungen zwischen R. Denktasch und G. Klerides u. a. über politisches Mitspracherecht und Selbstverwaltung der Zyperntürken. Am 15. 7. 1974 Putsch der von griechischen Offizieren befehligten Nationalgarde und Flucht Makarios' ins Ausland (bis Dezember 1974); am 20. 7. Landung türkischer Truppen an der Nordküste, die trotz eines von den USA und der ergebnislosen Genfer Zypernkonferenz (25. 7.–14. 8. 1974; Großbritannien, Griechenland, Türkei) vermittelten Waffenstillstands rund 40 % des zyprischen Territoriums im Norden und Nordosten der Insel besetzten. In der Folgezeit entstanden, v. a. durch Flucht und Vertreibung zahlreicher griechischer Zyprer (Zyperngriechen) aus dem Norden, nahezu geschlossene Siedlungsgebiete der beiden Volksgruppen. Im türkisch besetzten Teil erfolgte am 13. 2. 1975 die einseitige Proklamation des Türkischen Föderationsstaates von Zypern, am 15. 11. 1983 der Türkischen Republik Nordzypern (beide nur von der Türkei anerkannt; Präsident: Denktasch, 1985, 1990, 1995 und 2000 wieder gewählt). – Nach Makarios' Tod wurde S. Kyprianu (1977–88) Präsident der völkerrechtlich allein anerkannten Republik Zypern; die zyprischen Türken und die Türkei betrachteten ihn aber nur als Repräsentanten des griechisch-zyprischen Teils. Er lehnte verfassungspolitische Vorschläge der zyprischen Türken (Umwandlung Zyperns in eine Konföderation beziehungsweise zwei separate Staaten) ab. Am 22. 2. 1988 wurde G. Vassiliu zum Präsidenten gewählt; er leitete neue politische Verhandlungen mit der türkischen Volksgruppe im Norden ein. Die Parlamentswahlen 1991 festigten die Stellung der konservativen DISY unter Klerides als stärkster Partei; Klerides wurde am 14. 2. 1993 zum Präsidenten gewählt (Wiederwahl 1998). Nach den Parlamentswahlen 2001 stellte die Siegerin, die (euro)kommunistische AKEL, erstmals den Parlamentspräsidenten. Aufgrund des Präsidialsystems (seit 1969) konnte Klerides die Regierungsarbeit fortsetzen. Im Februar 2003 kam es zur überraschenden Abwahl von Klerides; neuer Präsident und Führer der griechisch-zyprischen Volksgruppe wurde T. Papadopulos (DIKO). Bei den Parlamentswahlen 2006 behaupteten sich trotz Stimmenverlusten AKEL und oppositionelle DISY als stärkste Parteien. Zugewinne verzeichnete Papadopulos' Partei DIKO, die einer Wiedervereinigung der beiden Inselteile besonders kritisch gegenübersteht. Bei den Präsidentschaftswahlen im Februar 2008 scheiterte Papadopulos bereits in der ersten Runde; aus den Stichwahlen ging der AKEL-Kandidat Dimitris Christofias (* 1946) als Sieger hervor.

Die am 5. 5. 1985 im türkisch-zyprischen Teil (Nordteil) durch Volksentscheid angenommene Verfassung hielt die Umwandlung Zyperns in einen Bundesstaat offen. – Im Juli 2000 kam es erstmals zu Massenprotesten der Zyperntürken gegen ihre Regierung (vordergründig wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten, aber auch wegen der politischen und wirtschaftlichen Isolation des türkischen Nordens); Denktasch hatte zuvor einseitig den seit März 1964 auf Zypern stationierten UN-Truppen (Unficyp) die Bewegungsfreiheit an der Demarkationslinie von 1974 eingeschränkt. Eine Anfang Juni 2001 gebildete Regierung aus UBP und DP baute die Beziehungen zur Türkei weiter aus. Die von der Türkei und der türkisch-zyprischen Regierung systematisch geförderte Einwanderung vorwiegend anatolischer Siedler unterlag zunehmend internationaler Kritik und stieß auf eine wachsende Ablehnung durch die ansässige Bevölkerung. Bei den Parlamentswahlen im Dezember 2003 wurde die bisher oppositionelle CTP, die sich für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zur Überwindung der Teilung Zyperns eingesetzt hatte, stärkste Partei. M. A. Talat (CTP) löste im April 2005 den langjährigen Präsidenten R. Denktasch, der nicht mehr kandidierte, im Amt ab.

Zypernkonflikt: In den von den UN ab 1984/85 geführten Vermittlungsversuchen zur Lösung des Zypernkonflikts (»Volksgruppengespräche«) wurden die Überwindung der Teilung und der Ausgleich zwischen griechischen und türkischen Zyprern angestrebt. Der beabsichtigte EU-Beitritt Zyperns (Aufnahmeantrag in die EG Juli 1990) und die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen am 31. 3. 1998 riefen zwar neue Spannungen hervor; seit 1998/99 bemühten sich aber sowohl Griechenland als auch die Türkei verstärkt um Versöhnung. Der türkische Norden bildete noch 1998 mit der Türkei eine Freihandelszone. 2002 erfolgte der Abschluss der EU-Beitrittsverhandlungen; dabei hatte die EU auf die Überwindung der Teilung der Insel gedrängt, ohne dies jedoch zur Vorbedingung für die Aufnahme zu machen. Der UN-Sicherheitsrat hatte beide Volksgruppen am 29. 6. 1999 aufgefordert, noch 1999 in Verhandlungen über zukunftsträchtige Regelungen zu treten; im Juli 2000 wurde die dritte Runde seit 1997 eröffnet, Anfang 2002 eine vierte. Substanzielle Fortschritte wurden lange Zeit durch die Forderung der Zyperntürken nach Anerkennung der »Türkischen Republik Nordzypern« blockiert. Im April 2003 wurde die Grenze zwischen den Landesteilen (»Grüne Linie«) geöffnet. – Am 10. 12. 2002 legten die UN einen überarbeiteten »Zypernplan« vor; er zielte auf eine Föderation aus zwei gleichberechtigten staatlichen Einheiten mit einer lockeren Bundesregierung und regelmäßig zwischen beiden Volksgruppen wechselnder Präsidentschaft. Der endgültige Plan, den der Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, im März 2004 vorgelegt hatte, orientierte sich u. a. am schweizerischen Kantonsmodell. Da er am 24. 4. 2004 in getrennten Referenden vom griechisch-zyprischen Bevölkerungsteil abgelehnt wurde, während der türkisch-zyprische Teil zustimmte, trat am 1. 5. 2004 faktisch nur der griechisch-zyprische Inselteil der EU bei.

Sekundärliteratur: H.-G. Pfeifer: Zypern. Kultur u. Geschichte, Landschaft u. Brauchtum auf der Insel der Aphrodite (1994); Zypern. Insel im Brennpunkt der Kulturen, hg. v. S. Rogge (2000); K. Gallas: Zypern. Insel der Aphrodite (2004); H. A. Richter: Geschichte der Insel Zypern, auf mehrere Bde. berechnet (2004 ff.); P. Tzermias: Geschichte der Republik Zypern (42004).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT