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Tödliche Wohnungssuche

Der Immobilienmarkt in Wien nimmt oft seltsame Formen an.

Die Wohnungssuche in Wien verlangt Engelsgeduld. Die Wohnungssuche in Wien verlangt Engelsgeduld. DruckenSenden


Wohnung suchen ist generell meist eine unlustige Sache, das beginnt üblicherweise schon mit dem Anlass. Doch in Wien wird das Unterfangen zur ganz großen Herausforderung. Denn auch wenn ich es mir durchaus vorstellen könnte, in einer jener doppelgeschoßigen Ringstraßen-Palais-Wohnungen mit Blick auf Kunst- oder Naturhistorisches Museum zu lustwandeln – leisten kann ich mir das deshalb noch lange nicht. Genauso wenig wie die architektonisch wertvoll gestaltete Maisonette mit Blick über Wien und amerikanischer Küche in 1040. Die Alternative, die sich einem im finanzierbaren Rahmen derzeit bietet, ist beispielsweise ein "bezaubernder Singlehit" um € 450 – in der Größe von 26m². Ich bin zwar nicht besonders groß, aber darf's ein bissl mehr sein, bitte – oder wie Oliver Twist einst verwegen sagte, "Can I have some more?". Kein Wunder, dass so was dann als "Ideal für Pendler" beschrieben wird. Sind nie da und der Südbahnhof wird plötzlich sexy. Auch der berühmte "Studentenhit" ist mir inzwischen unheimlich. WC in der Wohnung und eine bespielbare Küche, die nicht im Vorzimmer ist – ist das wirklich zu viel verlangt? Und: wozu habe ich ein Studium abgeschlossen? Von aberwitzigen Kautionen in einer Höhe, die man selbst bei einem vorsätzlichen Attentat auf die Wohnung nicht ansatzweise verpulvern könnte, gar nicht zu reden. Oder absurden Privat-Ablösen auf Uralt-Möbel, die man höchstens zu Brennholz verarbeiten kann. Das man dann beim vorhandenen gammligen Ölofen (ähnlich schlimm wie Nachtspeicher) eh nicht braucht.

Bastlerhit & Stöckelschuh

Was sich noch ausgehen würde, wäre ein "Bastlerhit" in der Nähe einer der U-Bahn-Endstationen. Nun habe ich Grün zwar gerne, zumal als Aussicht, habe aber nicht umsonst Wien der ländlichen Heimat vorgezogen. Zudem wäre natürlich ein Bezirk erstrebenswert, in dem man als weibliches Wesen auch einmal in High Heels um 03:00 ungeleit nachhause stöckeln kann, ohne deshalb übertrieben panisch oder auch nur genervt werden zu müssen – was die Möglichkeiten gleich wieder erheblich einschränkt.

Rein sprachlich haben ja Wohnungsanzeigen einen ganz eigenen Reiz. Mir gefällt die " TOP Garsoniere" ebenso wie die "getränt begehbare[n] Zimmer" – wie gesagt, der Anlass generell ist ja auch kein spaßiger. Sehr hübsch ist auch wenn eine Immo-Agentur namens "Betterhomes" sanierungsbedürftige Wohnungen vermietet. Aber "Worsehomes" geht ja verständlicherweise nicht.
Auch Immobilienmakler, die mir auf meine Ansicht, meine Bücher würden in diesem Zimmer wohl kaum Platz haben, das "eh nicht so feuchte" Kellerabteil vorschlagen, werden meine Freunde so rasch nicht. Oder stockfinstere Wohnungen, in denen man "mit Licht ganz viel machen" kann. Eh. Aber egal – an all diese Lustbarkeiten hab ich mich ja in der Zwischenzeit schon gewöhnt. Doch letzte Woche fand ich auf einer Internet-Plattform in der Kategorie "Mietwohnungen Wien" ein Angebot, das man nun wirklich nicht ablehnen kann. Viel mehr "unbefristet" geht definitiv nicht:
"Grab am Ober St. Veiter Friedhof zu verkaufen. Ausbezahlt auf Friedhofsdauer. Tieferlegung erfolgte - d.h. Platz für 5 Personen."

Dabei wäre ich schon mit zwei hellen Zimmern (Grünblick? Balkon?) für mich, meine zwei hübschen und absolut stubenreinen Goldfische (machen auch nur selten Lärm) sowie meine kleine Schuhsammlung glücklich. Ohne tiefer gelegte Leichen-WG, wenn's leicht geht.


3 Kommentare zu "Tödliche Wohnungssuche"
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  1. Daniela F.

    Tja ja Wohnungssuche in Wien endet oft in einem Fiasko! Gemeinde Wohnung von denen kann man komplett abraten, da zum größten Teil nur Gesindel in diesen Häusern wohnt. Da jene paar wenigen normalen Leute eher die Ausnahme sind und leider immer weniger und weniger werden. Abgesehen davon ist es als normal sterblicher Bürger verdammt schwer zu einer guten Gemeinde Wohnung zu kommen.

    Die restlichen Wohnungen sind, wie in diesem Artikel super beschrieben, unbezahlbar für die Größe und oftmals Ablösen verlangt werden für Bruchbuden.

    Es sollte langsam aber sicher etwas mit Wohnungen passieren, denn langsam aber sicher können sich Kleinverdiener, welche vielleicht noch single sind, sich eine "Single-hit-wohnung" gar nicht mehr leisten!

  2. Sarah B.

    Ein gutes Dach über dem Kopf ist goldes wert. Vor allem, wenn es dicht hält, nicht wie bei meinem Bekannten, in dessen Wohnung - welch Freude - bei einem Regenguss plötzlich ein Wasserstrahl im Klo landete, der eindeutig nicht aus dem Spülkasten kam sondern von draußen. Sonntag abend fühlt sich dann auch naturgemäß niemand zuständig für so einen Fall, was zu einem Feuerwehr-Einsatz führte. Dass die Hausverwaltung zwar bei der Kaution und - weil ja noch gerade eingezogen und bisserl Umzugschaos - einer drei (!) Tagen überfälligen Miete sehr schnell reagierte und umgehend mahnte... na gut, kann man ja abklären. Dass jedoch dann bei Wassereinbruch in Haus und Häüsl knappe zwei Wochen mit "Wir kümmern uns darum" reagierte und es bei diesem Satz am Telefion beließ... Teures Geld für unfreiwilliges Bad.

  3. Dieter F.

    450€ für 26 Quadratmeter sind doch hervorragend. Ich bin mir sicher, da waren dann noch ein extra begehbares Klo am Gang und ein Boiler der frisches Eiswasser liefert inkludiert. Nicht motzen bitte, es bedarf doch nur ein bisschen kreativität bei der Auslegung und schon wird aus dem dunklen Kämmerlein der SInglehit oder gar der WG-taugliche Wohntraum zum Kuscheln. Und Betriebskosten gibts auch noch dazu!! Das ist doch geschenkt, oder?

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Artikel vom 05.05.2008, 09:58 | KURIER | Julia Pühringer

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