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Alles oder nichts

Österreich und der Angsthasenfußball Zum Hauptartikel

Weder der Trainer, noch der Kapitän können Österreichs Mannschaft nach dem schnellen Gegentor entscheidend aufrichten.

Andreas Ivanschitz im Zweikampf mit Niko Kovac. Ein Bild mit Symbolcharakter: Ivanschitz am Boden. DruckenSendenLeserbrief
Ein früher, korrekter Elfer brachte Kroatien die Führung durch Luka Modric. Die nächsten 35 Minuten waren aus österreichischer Sicht an Lethargie nicht zu überbieten. Der Schock saß tief, nachdem das taktische Gerüst ganze vier Minuten gehalten hatte. Doch wie konnte es so weit kommen?

Schon vor Aufhausers Attacke an Olic, welche letztlich entscheidend zum einzigen Treffer der Partie beitrug, waren die Hausherren drei Minuten faktisch nicht vorhanden. Die Nervosität einiger Akteure schien greifbar und augenscheinlich viel jede Bewegung so schwer, als hinge ein Klotz an ihren Beinen.

Danach? Nichts! Kein "jetzt erst recht", kein "denen zeigen wirs" war da zu erkennen. Einzig ein "Mad Dog" Pogatetz, der bereits nach 15 Minuten verdientermaßen vom Platz gestellt hätte werden müssen, zeigte die erwarteten, wenn auch übertriebenen Emotionen. Ein Dankeschön an dieser Stelle an Schiedsrichter Vink - beim nächsten mal schuldet Ihnen Pogi eine gute Flasche Wein.

Wo ist der Kapitän?

Sicher, nur die allerwenigsten Spieler können einen derart schlechten Start binnen kürzester Zeit überwinden, doch sind, zählt man die starken fünf Minuten vor dem Pausenpiff nicht dazu, 55 Minuten des Schockzustands zu viel.

Hier wäre ein Mann gefordert. Ein Kapitän. Ein Kapitän der einer sein kann und einer sein will. Von beidem war bei Andreas Ivanschitz leider wenig bis gar nichts erkennbar.
Es entstand der Eindruck, als ob gerade derjenige, an dem sich andere aufrichten sollten (Aufhauser zum Beispiel, der nach seinem Elferfoul den Rest der Halbzeit komplett verpasste), die größte Nervosität verspürte. Ivanschitz bemühte sich zwar anspielbar zu bleiben - das Heft in die Hand zu nehmen und seine Mitspieler anzutreiben vermochte er jedoch nicht. In wie weit hier "wollen" und "können" auseinanderklafften mögen andere beurteilen.

Illusion

Josef Hickersbergers Schachzug, der Öffentlichkeit ein 5-4-1 als ein 3-5-2 verkaufen zu wollen, ging jedenfalls mächtig in die Hose. Vom Start weg waren die überforderten Standfest und Gercaliu fast ausschließlich damit beschäftigt die starken Srna und Kranjcar aus unserem Strafraum fern zu halten. Beide ÖFB-Kicker sind sowohl von der Spielanlage als auch von den Fähigkeiten, wie Schnelligkeit oder Passgenauigkeit, eher defensiv ausgerichtete Außenverteidiger als Flügelflitzer.

Mitleid hatten wohl die meisten mit Martin Harnik. Zumindest in der ersten Spielhälfte wirkte der junge Bremer physisch unterlegen und blieb zusätzlich ohne Unterstützung seiner Mitspieler. In Halbzeit zwei konnte er seine Schnelligkeit zwar besser zur Geltung bringen, doch war ihm die mangelnde Routine und auch Spielpraxis anzumerken.

Roland Linz' Auftritt fiel leider unter die Kategorie "wertlos". Nicht weil er sich nicht redlich bemüht hätte, sondern viel eher weil ihm jegliche verwertbare Vorlagen verwehrt blieben und er sich die Bälle am eigenen Strafraum erkämpfen musste.

Ümit und der alte Mann

Ganze 14 Minuten war das Spiel alt, als die Fans zum ersten mal "Ivo Vastic" skandierten. Sicher gilt der Austro-Kroate als Sympathieträger, der LASK-Spielmacher hat aber nicht für länger als vielleicht 35 Minuten Luft. Trotz allem, seine Einwechslung brachte die nötige Ruhe ins Spiel des ÖFB-Teams und war der Startschuss zu Schlussoffensive.

Apropos Schlussoffensive. Ümit Korkmaz Superstar. Ohne Zweifel war zu dem Zeitpunkt als "Ü-Ü-Ü-Ümit" das Spielfeld betrat, das kroatische Team bereits stehend K.o. und die Spielanlage kam dem Neo-Frankfurter entgegen, dennoch war das was er da auf dem Platz zu zeigen vermochte, die Art Fußball ob der sich Fans wieder gerne zum Nationalteam bekennen. Schnell, schnörkellos, leichtfüßig und mit dem nötigen Zug zum Tor. Warum der schnelle Korkmaz, der sich gegen den dynamischen und ebenfalls flinken Srna möglicherweise leichter getan hätte als Gercaliu, erst zur Panik-Offensive 15 Minuten vor Schluss aufs Feld darf, weiß wohl auch nur Josef Hickersberger.

Alles in allem wirkte das Spiel der Österreicher verängstigt. Schon die Aufstellung symbolisierte eine Defensivhaltung, die dann über gut 60 Minuten mehr als deutlich veranschaulicht wurde. Erschreckend schwachen Kroaten reiche ein schwaches Pflichtprogramm und fünf Minuten zittern zum letztlich verdienten Sieg. Angsthasenfußball vergrault die Fans und bringt keine Punkte.

Artikel vom 09.06.2008 17:06 | KURIER ONLINE | lm

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