Es gibt Geschenke, die man nicht vergisst. Das liegt entweder am Anlass oder am Gegenstand. Ich habe mal von meiner Tochter ein Glücksschwein aus Marzipan bekommen, das mich seit Jahren auf Reisen begleitet und kaum noch als Schwein zu erkennen ist. Das ungewöhnlichste Präsent bekam ich aber in Kalmückien: Zwei frische Störe, je etwa 1,30 Meter lang und um die 30 Kilogramm schwer.
Doch alles der Reihe nach. Ich bin mit meinem russischen Freund Wolodja in die autonome Teilrepublik am Kaspischen Meer geflogen, die kaum größer ist als Bayern. Hier lebt das einzige buddhistische Volk Europas. Die Kalmücken flohen einst aus der westlichen Mongolei und siedelten sich Anfang des 17. Jahrhunderts am westlichen Ufer des Binnenmeeres an.
Wir wollen aber keine historischen Forschungen anstellen, sondern wissen, ob die staubige, vom Wind gepeitschte Steppe wirklich zu einem zweiten Kuwait geworden ist - so, wie es Präsident Kirsan Iljumschinow bei seinem Amtsantritt 1993 versprochen hatte.
Unsere Neugier führt uns in das Dorf Lagan, das früher Kaspijski hieß und ein staatlicher Fischereibetrieb war. Die Siedlung besteht aus etwa vier Dutzend windschiefen Holzhäusern und ein Paar sowjetischen Betonblöcken. Die Flotte ist verrostet, es fehlen Ersatzteile. Doch die Fischer, meist eingewanderte Russen, empfangen uns bestens gelaunt und mit offenen Armen. Nach einem Begrüßungswodka laden sie uns auch zu einem gemeinsamen Störfang ein.
Am Morgen tuckern wir in aller Frühe an Bord eines Kutters den Kanal entlang, der nach gut einer halben Stunde im Meer mündet. Es ist heiß, kein Lüftchen kräuselt das Wasser.
In der Kombüse serviert die Mannschaft Frühstück: Russische Ucha, Fischsuppe mit Stör. Der Kapitän entschuldigt sich - die Kartoffeln, die in die Suppe gehören, sind ausgegangen. Dafür steht auf dem Tisch eine Waschschüssel voll mit schwarzem Beluga-Kaviar, der in Deutschland in diesen Mengen locker 5000 Euro kosten würde. Wir langen mit Suppenlöffeln zu und trinken auf das Wohl der Gastgeber. Natürlich Wodka.
Noch bevor wir die Fischgründe erreichen, sind alle müde. Niemand will mehr Netze auswerfen. "Wir wollen den lieben Stören nichts tun", sagt Wolodja und schaut mich mit vernebeltem Blick an. Zum Glück erspäht der Kapitän ein anderes Boot am Horizont und steuert es an. Als wir näher kommen, ziehen die Fischer gerade ihre Netze ein. Einige Störe haben sie darin gefangen.
FTD.de, 17.08.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD/Andrzej Rybak
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