Gesundheitswirtschaft

Aufsichtsamt geht gegen Krankenkassen vor

von Elke Spanner (Hamburg)

Angesichts des Gesundheitsfonds verstärken die Krankenkassen ihre Werbung - und schießen über das Ziel hinaus: Zunehmend muss die Aufsichtsbehörde einschreiten. Aktuellster Fall ist die BKK sports direkt.

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Lange hat das Bundesversicherungsamt (BVA) zugesehen. Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen ist politisch schließlich erwünscht - einerseits. Andererseits dürfen die Kassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht so aggressiv auftreten wie reine Wirtschaftsunternehmen. Doch jetzt ging der Aufsichtsbehörde das Buhlen um Mitglieder zu weit. Nachdem das BVA kürzlich die Barmer wegen Bleibeprämien für abtrünnige Mitglieder abgemahnt hatte, hat jetzt auch die BKK Sports direkt einen blauen Brief bekommen. Das BVA hält der Kasse vor, irreführende Werbung zu betreiben und den Versicherten Zusatzleistungen zu versprechen, die eine gesetzliche Kasse nicht finanzieren darf.

Im Hinblick auf den kommenden Gesundheitsfonds wird der Wettbewerb unter den Kassen schärfer. Mit einem niedrigen Beitragssatz können sie ab dem kommenden Jahr nicht mehr werben - der wird einheitlich. Deshalb setzen die Kassen auf ein ausgefeiltes Leistungsspektrum. Die Sports direkt hat sich in Hinblick auf den Gesundheitsfonds ganz neu aufgestellt. Bis März hieß sie Marquardt BKK und war eine herkömmliche Betriebskrankenkasse. Nun aber "muss man sich immer mehr differenzieren und bestimmte Zielgruppen ansprechen", sagt eine Sprecherin. Die Kasse hat sich entschieden, gezielt Mitglieder anzuwerben, die sich "aktiv bewegen oder bewegen wollen".

Zu Fuß zu mehr Gesundheit: Die Kassen bieten Präventionskurse an. Die sports direkt bettet ihre Angebote in Wellness-Reisen ein
 Zu Fuß zu mehr Gesundheit: Die Kassen bieten Präventionskurse an. Die sports direkt bettet ihre Angebote in Wellness-Reisen ein

Dabei hat die Sportlerkasse nach Überzeugung des BVA selbst ein unsportliches Verhalten an den Tag gelegt. So verspricht die BKK ihren Mitgliedern, nach Einführung des Gesundheitsfonds eine Prämie auszuschütten. Diese Möglichkeit sehen die Regelungen des Fonds grundsätzlich vor: Wer mit dem einheitlichen Beitragssatz nicht auskommt, muss einen Extrabeitrag von den Mitgliedern erheben. Jene Kassen hingegen, die erfolgreich wirtschaften, können den Überschuss ihren Versicherten zukommen lassen.

Zurzeit aber sei "keine Kasse in der Lage, seriös zu berechnen, wie sie mit dem einheitlichen Beitragssatz wirtschaften kann", sagt die Vizepräsidentin des BVA, Sylvia Bohlen-Schöning. "Die Höhe des Beitrags steht noch nicht einmal fest, er wird erst zum 1. November von der Bundesregierung festgelegt." Deshalb sei es wettbewerbswidrig, wenn die Sports direkt ihren Mitgliedern schon jetzt Prämien verspricht. Das beklagt auch die BKK Fahr, die parallel beim Sozialgericht Konstanz Klage gegen die Sports direkt eingereicht hat.

Die Sports direkt ist nicht die einzige Kasse, die ihren Mitgliedern für das kommende Jahr Beitragsstabilität verspricht. Auch die Nord- und Mitteldeutsche IKK (NUM IKK) behauptet etwa auf ihrer Homepage, sie werde keinen Zusatzbeitrag benötigen.

Erst am Wochenende hatte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen für Unmut gesorgt, als sie gerade die Werbung der Kassen mit dem Kostenargument noch anheizte. Die Ministerin hatte die Versicherten aufgefordert, von teureren zu billigeren Kassen zu wechseln. Dabei kranke das System gerade daran, "dass die Kassen nur noch darum konkurrieren, wer die meisten jungen, gesunden Patienten hat", warf ihr Barmer-Chef Johannes Vöcking vor. "Wer jetzt zum Kassenwechsel aufruft, fördert diesen ungesunden Wettbewerb noch."

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Aus der FTD vom 28.08.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: Getty Images

 

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