Streit um Tankerauftrag

Dossier Airbus legt US-Fertigung auf Eis

von Gerhard Hegmann (München)

Auch mit einem neuen Werk in Alabama wollte Airbus die US-Luftwaffe überzeugen, dass die Europäer die besseren Tankflugzeuge bauen können – daraus wird aber vorerst nichts: Erst kommt die Präsidentschaftswahl im November.

Mit der Entscheidung zur Neuausschreibung des US-Tankerauftrags verhindert das Pentagon auch den Aufbau einer Airbus-Endmontage in den USA. Dies gilt so lange, bis eine neue Entscheidung getroffen ist, ob Boeing oder das transatlantische Bündnis zwischen Northrop Grumman und EADS/Airbus den Auftrag gewinnt. Ein Sprecher von EADS Nordamerika bestätigte am Donnerstag, dass der geplante Bau eines zivilen Airbus-Montagewerks in Mobile im US-Bundesstaat Alabama für das Modell A330 unmittelbar daran gekoppelt ist, dass auch der Tankerauftrag gewonnen wird.

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Für EADS/Airbus und Northrop Grumman bedeutet die Verschiebung der als Jahrhundertauftrag bezeichneten Bestellung über 35 Mrd. $ für 179 neue Tankflugzeuge vor allem eine große Unsicherheit in der Planung. Bisher ist offen, was die komplette Neuausschreibung bedeutet. Dies betrifft sowohl den Zeitrahmen für neue Angebote als auch den Umfang und die Leistungsdaten. "Es gibt mehr Fragen als Antworten", sagt ein EADS -Manager. Letztlich könnte sich erneut eine Verzögerung bis 2010 oder noch später ergeben, wenn die unterlegene Partei wieder den Klageweg beschreitet. Die jetzt endgültig gestoppte Ausschreibung dauerte allein sieben Jahre.

Die Computersimulation zeigt einen US-Tarnkappenbomber B-2, der von einem Flugzeug des Typs KC-45A  betankt wird
 Die Computersimulation zeigt einen US-Tarnkappenbomber B-2, der von einem Flugzeug des Typs KC-45A betankt wird

Nach Ansicht von Branchenkennern wird EADS/Northrop jetzt noch stärker damit argumentieren, dass der Airbus-Tanker bereits fertig und getestet ist, während Boeing noch an der Entwicklung des 767-Modell aus der jetzt gestoppten Ausschreibung feilt. Bei einem Wechsel zum größeren Modell 777 würde sich eine noch längere Verzögerung ergeben.

Der Chef von EADS Nordamerika, Ralph Crosby, kritisiert und bedauert daher in einem Mitarbeiterbrief, dass die speziellen Interessen von Boeing über den dringenden Bedarf der US-Streitkräfte gesiegt hätten. Tatsächlich gilt die Luftbetankungsflotte der US-Streitkräfte mit einem Durchschnittsalter der Maschinen von fünfzig Jahren als stark überaltert.

Die Verlagerung der Tanker-Entscheidung in die Amtszeit des neuen Präsidenten ist nach einhelliger Ansicht von Branchenkennern ein Erfolg für die politische Lobbyarbeit von Boeing. Der US-Luftfahrtkonzern sah offensichtlich keine Chancen mehr, die jetzt gestoppte Ausschreibung doch noch zu gewinnen. "Die US-Regierung hat ein Spiel beendet, das Boeing im Begriff zu verlieren war", sagte der Wirtschaftsexperte der französischen Regierungspartei UMP, Bernard Carayon.

Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Barack Obama gilt als klarer Förderer von Boeing, der die Arbeitsplätze in den USA sichern will. Sein republikanischer Konkurrent John McCain gilt als Vertreter eines offenen und transparenten Wettbewerbs, bei dem auch Northrop/EADS eine klare Chance hätte. Bei europäischen Rüstungsexperten sorgt der Ablauf des Tankerauftrags in den USA für große Sorge und Unverständnis. "Das ist ein Musterbeispiel für Protektionismus. Eigentlich sollte man umgekehrt Boeing in Europa die Tür zuschlagen", sagte ein hochrangiger Manager.

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Aus der FTD vom 12.09.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP/Northrop Grumman Corp.

 

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