Angesichts desaströser Umfragewerte für die CSU schaltet sich die Bundeskanzlerin verstärkt in den bayerischen Wahlkampf ein. Dabei meinte man in Bayern kürzlich noch, auf Angela Merkel verzichten zu können.
"Absolute Mehrheit für die CSU, alles andere schwächt Bayern", versuchte Merkel der kleinen Schwesterpartei auf einer Kundgebung in Bamberg am Wochenende Mut zu machen. Die CDU-Chefin wird in dieser Woche zwei weitere Wahlkampftermine in Bayern absolvieren. Im Sommer hatte Ministerpräsident Günther Beckstein noch getönt, man brauche keinen Wahlsieg von "Merkels Gnaden".
Doch mittlerweile sorgen in der Unionsführung Umfragen für Unruhe, wonach die CSU am kommenden Sonntag nur noch auf 47 Prozent käme. Dies wäre gegenüber der letzten Landtagswahl ein Absturz von rund 13 Prozentpunkten und könnte den Verlust der absoluten CSU-Mehrheit in Bayern zur Folge haben. Damit könnte das bürgerliche Lager auch seine Mehrheit in der Bundesversammlung verlieren, sodass eine Wiederwahl von Bundespräsident Horst Köhler im Mai 2009 ernsthaft in Gefahr wäre. Dies wäre wenige Monate vor der Bundestagswahl auch eine schwere Schlappe für Kanzlerin Merkel. Die Idee der CSU-Führung, die Bayernwahl zur Volksabstimmung über Köhlers Wiederwahl zu deklarieren, wurde stillschweigend wieder fallen gelassen.
Mit wachsender Nervosität blickt man nun in der Berliner CDU-Zentrale dem bayerischen Wahlabend entgegen. Sollte die CSU tatsächlich in Bayern ihre absolute Mehrheit verlieren, dürfte eine Ablösung des glücklosen Duos Beckstein-Huber nur noch eine Frage der Zeit sein. Als potenzieller Nachfolger von CSU-Chef Erwin Huber gilt Bundesverbraucherminister Horst Seehofer, der im vergangenen Jahr nach einer außerehelichen Affäre im Rennen um den CSU-Vorsitz unterlegen war. Seehofer hatte vor Kurzem eine Zielmarke von 52 Prozent ausgegeben und damit Huber und Beckstein zusätzlich unter Druck gesetzt.
Profitieren würden von einem solchen Krisenszenario auch die Liberalen, mit denen die CSU erstmals seit über 40 Jahren eine Koalition eingehen müsste. Dementsprechend genüsslich weidet sich FDP-Chef Guido Westerwelle am desolaten Zustand der CSU. Verantwortlich dafür sei der "misslungene Generationswechsel von einem über 60-jährigen Edmund Stoiber zu einem über 120 Jahre alten Tandem Günther Beckstein und Erwin Huber", sagte Westerwelle der "Mittelbayerischen Zeitung". "Ich will weder Herrn Huber noch Herrn Beckstein persönlich angreifen, aber Autorität mit Durchsetzungskraft sieht wahrlich anders aus."
Zuletzt hatte Beckstein von sich reden gemacht, als er mit Blick auf das Oktoberfest kundtat, dass man auch nach dem Genuss von zwei Maß Bier noch durchaus fahrtüchtig sei. Dann sorgte noch seine Ehefrau für Schlagzeilen, als sie sich weigerte, im Dirndl auf der Wiesn zu erscheinen.
Die neue SPD-Führungsspitze in Berlin reibt sich angesichts der CSU-Malaise bereits die Hände. Zwar kann deren Spitzenkandidat Franz Maget davon bislang nicht profitieren und verharrt in Umfragen weiter auf mageren 20 Prozent. Doch allein eine deftige Niederlage für die CSU würde im Willy-Brandt-Haus als Sieg gefeiert werden. Sollte die CSU ihre absolute Mehrheit verlieren, werde es für Merkel im kommenden Jahr schwieriger, frohlockte der designierte SPD-Chef Franz Müntefering am Wochenende am Rande einer Wahlkampfveranstaltung im bayerischen Weiden. "Und das ist auch gut so."
Aus der FTD vom 22.09.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP
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