Joseph Kardinal Ratzinger ist über Nacht zum mächtigsten Mann im kleinsten Staat der Welt geworden. Erst beerdigt er Johannes Paul II., kurze Zeit danach leitet er das Konklave.
Nach katholischer Überlieferung waltet bei einer Papstwahl der Heilige Geist. Bis dahin hält allerdings ein anderer die Fäden im Vatikan in der Hand: der konservative Kardinal Joseph Ratzinger. Als Dekan der Kardinalskongregation ist er nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. über Nacht zum mächtigsten Mann im Kirchenstaat geworden. Und heute sagt er 200 Staatsgästen aus aller Welt - darunter US-Präsident George W. Bush -, wo's langgeht. Der Deutsche hält das Requiem zur Beerdigung des verstorbenen Papstes. Am 18. April wird er die Wahl des nächsten Pontifex leiten.
Keine leichte Aufgabe, doch dem 77-Jährigen scheint das zu gefallen. Stolz schreitet er die Gänge der Paläste im Vatikan entlang und führt die Riege der purpur gewandeten Herren an, die den neuen Papst in der Sixtinischen Kapelle wählen werden. Dort kennt sich Ratzinger bestens aus - seit 24 Jahren ist er in Rom. Er leitet als Präfekt der Glaubenskongregation die höchste und zentrale Instanz für die Interpretation der katholischen Lehre. Früher war das die Stelle, die für die Inquisition zuständig war. Das vergangene Vierteljahrhundert über bestimmten er und Johannes Paul II. den Kurs der Kirche.
Nicht erst seit seinem Ruf nach Rom scheiden sich an dem Hardliner die Geister. Für die einen ist der Bayer der "Großinquisitor aus Marktl am Inn", weil er hart gegen anders Denkende vorgeht. Für die anderen Lordsiegelbewahrer der Traditionen. Ratzinger lehnt die Empfängnisverhütung ab, sperrt sich gegen weibliche Priester und suspendiert männliche, wenn sie sich von der geltenden Kirchenlehre abwenden. Die Kirche drohe zu verwässern, warnt er. Die Inquisition verteidigt Ratzinger, muss aber einräumen, dass sie in ihrer Geschichte Fehlurteile gefällt hat. Er selbst sieht sich als "Mitarbeiter der Wahrheit": "Ich setzte mein Leben dafür ein, dass die christliche Substanz nicht verloren geht."
Der Glaubenshüter pocht darauf, dass die Kirche sich nicht dem Zeitgeist anpassen darf. Vor allem in Deutschland ist die Zahl seiner Kritiker deshalb kontinuierlich gestiegen. Unter den Kardinälen indes genießt er hohes Ansehen. Dem ehemaligen Erzbischof von München und Freising werden sogar Außenseiterchancen auf das Amt des Papstes eingeräumt. Und selbst Ratzinger meinte bis zuletzt viel sagend, dass Papstwahlen schon immer für Überraschungen gut gewesen seien.
Für den Fall der Fälle stellt Ratzingers Heimatgemeinde jedenfalls schon einmal Überlegungen an. "Über Nacht könnte Marktl international bekannt werden", sagt Bürgermeister Hubert Gschwendtner. In Ratzingers Geburtshaus könne ein Papstmuseum eingerichtet werden. Das Taufbecken des Ehrenbürgers steht ohnehin schon im Heimatmuseum.
Aus der FTD vom 08.04.2005
© 2005 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP
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