Konjunkturerwartungen

Von Krisenpropheten und Gesundbetern

IKB und Hypo Real Estate sind gerettet: Nun streiten Experten über die Auswirkungen auf die Realwirtschaft in Deutschland. Von "Rezession unvermeidbar" bis "mehr als zwei Prozent Wachstum möglich" gehen die Aussagen. Josef Ackermann warnt: Ohne US-Rettungspaket gibt es einen Teufelskreis.

ZUM THEMA

Die Bundesbürger müssen sich nach Ansicht der Deutschen Bank auf einen Wirtschaftsabschwung einstellen. "Eine Rezession ist für die alte Welt, also USA, Europa, Japan, nicht mehr zu vermeiden", sagte Chefvolkswirt Norbert Walter den "Stuttgarter Nachrichten". Zu viel sei schief gelaufen. Im Hinblick auf das Scheitern des milliardenschweren US-Rettungsplans erwartet der Ökonom, dass es zu einer großen Lösung kommt. "Und zwar noch in dieser Woche."

Walter befürwortet die Milliardenbürgschaft für die angeschlagene Hypo Real Estate (HRE). Der Zusammenbruch der HRE hätte die wichtige Institution des Pfandbriefs gefährdet. "Das Krisenmanagement in Deutschland ist im internationalen Vergleich durchaus professionell", sagte Walter. Gleichzeitig machte er sich für eine europäische Finanzaufsicht stark, die etwa die Statur der Europäischen Zentralbank habe. Die Rettungsaktionen seien bei den nationalen Behörden nicht ideal aufgehoben.

Die deutsche Wirtschaft kommt auch nach Ansicht des IW-Instituts nicht ungeschoren durch die weltweite Finanzmarktkrise. "Keineswegs droht aber der freie Fall in die Rezession", teilte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) mit. Allerdings werde im kommenden Jahr das Wachstum wegen fehlender Exportimpulse und geringerer Investitionen mit plus 0,6 Prozent etwa auf ein Drittel zusammenschrumpfen. Für das laufende Jahr erwarten die Forscher einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 1,7 Prozent.

Kursinformationen + Charts

51,15 EUR 2,93 % [1,46]
Chart
DEUTSCHE BANK .. 51,15 EUR 2,93 %
HYPO REAL ESTA.. 5,69 EUR 21,09 %

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht derzeit keinen Anlass für Rezessionsängste. "Wir sollten jetzt nicht die Krise ausrufen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Martin Wansleben, im ARD-Morgenmagazin. "Ich würde nicht so vorschnell von einer Rezession reden." In diesem Jahr werde es noch ein deutsches Wirtschaftswachstum von rund zwei Prozent geben, vielleicht etwas weniger, vielleicht sogar etwas mehr. Allerdings kühle sich die Konjunktur ab. "Die Auftragseingänge gehen in der Tat runter."

Derzeit laufe im Verband eine neue Umfrage unter den Unternehmen. Die ersten Ergebnisse zeigen Wansleben zufolge, dass es keine flächendeckende Knappheit an Krediten gebe. Die Firmen seien nach wie vor versorgt mit Mitteln, um zu investieren. Allerdings werde es schwieriger, für sehr riskante Investitionen Geld zu bekommen. Die Finanzkrise sei in Deutschland bislang jedoch nicht so massiv auf die Realwirtschaft übergesprungen wie in den USA. Probleme gebe es bei Exporten in die Vereinigten Staaten, aber auch in einige große europäische Länder, in denen die Lage schwächer geworden sei.

Ackermann will Teufelskreis durchbrechen

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann begrüßt die diversen Liquiditäts- und Stützungsmaßnahmen für die Finanzmärkte der vergangenen Tage. "Ohne diese Liquiditätseinschüsse der Notenbanken hätten wir eine ganz schwierige Situation gehabt", sagte Ackermann in Frankfurt. Auch die Regierungen in den Benelux-Staaten, Großbritannien und Deutschland hätten am vergangenen Wochenende einen "wichtigen Schritt" gemacht.

Ackermann räumte jedoch ein, keiner wisse, ob diese Maßnahmen reichten. "Aber jeder Schritt ist ein wichtiger Schritt, um wieder Vertrauen an den Finanzmärkten zu schaffen." Mit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers sei die Angst der Marktteilnehmer zurückgekehrt. Und sie habe zu einem Dominoeffekte geführt. "Dieser Teufelskreis muss nun durchbrochen werden, durch ein schnelles Bewilligen des Rettungspakets in den USA."

Kursinformationen

Name Aktuell
% abs.
DEUTSCHE BANK AG NAM.. 51,15 EUR 2,93 % 1,46
HYPO REAL ESTATE HOL.. 5,69 EUR 21,09 % 0,99
Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

FTD.de, 01.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

 vergrößern

 FTD-Services 

Streit am Arbeitsplatz, mit Vermieter oder Finanzamt? Aktuelle Urteile aus vielen Rechtsgebieten kostenlos in dieser Datenbank.  mehr

 Nachrichten 

Tarifrunde in Hessen

Die Friedenspflicht läuft Ende Oktober aus. Bis dahin will Berthold Huber einen Abschluss erreicht haben. mehr

Abgeordnetenpauschale

Der Bundesfinanzhof billigt den Mandatsträgern damit eine Sonderstellung zu. mehr

Trotz Finanzkrise

Die Kanzlerin hält im "Bild"-Interview Beruhigungspillen für die Kleinsparer parat. mehr

Huber und Beckstein

Übermutig und überheblich: So charakterisiert Erwin Huber seinen Vorgänger als CSU-Chef. mehr

Zukunft der Energie

FTD.de zeigt, wer vom neuen EEG profitiert. mehr

Leere Stühle bei Koalitionsrunde

Bei der Koalitionsrunde am Sonntag fehlen zwei am Tisch: die künftigen Chefs von SPD und CSU. mehr

Führungschaos in der CSU

Mehrere CSU-Politiker machen dem neuen Parteichef das Amt des Ministerpräsidenten streitig. mehr

Offene Hochschule

Studieren ohne Abitur soll nach dem Willen von Bundesbildungsministerin Schavan leichter werden. mehr

Kostendruck

Der Kassenbeitragssatz wächst stärker, als der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt. mehr

FTD-Serie Stiftungen: Professionalisierung des Gebens

Immer mehr Wohlhabende legen zu Lebzeiten ihr Geld in Stiftungen an, um einzelne Projekte zu verwirklichen. mehr

Klimastreit in Hamburg

Von einem Ende von Schwarz-grün will die Grünen-Parteispitze nichts wissen. mehr

CDU-Finanzexperte Fuchs

Der Bund steht mit Milliarden für die Hypo Real Estate gerade, bei den Landesbanken klaffen riesige Finanzlöcher. mehr

Mehr News aus Deutschland

Deutschland als