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Bayern hat gewählt: Die in den vergangenen 42 Jahren unbezwingbare konservative Regierungspartei hat eine herbe Schlappe erlitten. Sie wird ohne einen Koalitionspartner nicht regieren können. FTD.de zeigt die Nachwehen der Bayern-Wahl.


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Führungschaos in der CSU

Dossier Drei gegen Seehofer

von Claudia Kade (Berlin), Nikolai Fichtner (München), Adalbert Siniawski und David Böcking (Hamburg)

Einen "geordneten Übergang" wollte Noch-CSU-Chef Huber seiner Partei ermöglichen. Nun kündigte er das Gegenteil an: Für die Nachfolge des gestürzten Ministerpräsidenten Beckstein gebe es gleich vier Kandidaten, einer davon ist Horst Seehofer. Die nächste Führungskrise ist programmiert.

Um die Nachfolge von Ministerpräsident Günther Beckstein bewerben sich aus der CSU-Landtagsfraktion drei Politiker: Kultusminister Thomas Goppel, Innenminister Joachim Herrmann und Fraktionschef Georg Schmid. Das teilte Noch-Parteichef Erwin Huber am Mittwoch nach einer höchst turbulenten Krisensitzung der CSU-Fraktion in München mit. Sollte sich die Landtagsfraktion bis nächsten Mittwoch nicht auf einen Kandidaten einigen, stünde der designierte CSU-Vorsitzende Seehofer zur Kandidatur bereit, sagte Huber.

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Die vorgeschlagene Regelung offenbart die tiefen Gräben innerhalb der CSU. Seehofer hat innerhalb der Landtagsfraktion kaum Rückhalt. Zugleich sind die verschiedenen Verbände der Partei untereinander in der Nachfolgefrage zerstritten. Sollten sie sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, stünde Seehofer von Beginn an als zweite Wahl da. Sollte sich dagegen einer der drei Anwärter durchsetzen, hätte die CSU erneut eine Doppelspitze. Dabei gilt die mangelnde Abstimmung im bisherigen Führungsduo Beckstein-Huber als einer der Hauptgründe für die Krise der Partei, die sich im desaströsen Wahlergebnis vom Sonntag niederschlug.

Gegen Mittag hatte Beckstein seinen Rücktritt erklärt. Das Vertrauen der Wähler sei deutlich niedriger, als er erhofft habe, sagte er. Nach der schmerzlichen Wahlniederlage spüre er, dass der Rückhalt in der Partei nicht groß genug sei. Er werde sich in der neuen Legislaturperiode nicht mehr im Landtag zur Wahl stellen. Es müssten nun Weichen gestellt werden. Dabei seien alle in der CSU gefordert. Bereits am Dienstag hatte Parteichef Erwin Huber seinen Rücktritt angekündigt.

Spekulationen über Seehofers Nachfolge

In der CSU-Landesgruppe im Bundestag wird bereits das Personalkarussell in Gang gesetzt: Wechselt Seehofer als bayerischer Ministerpräsident nach München, könnte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer nach FTD-Informationen neuer Verbraucherschutz- und Landwirtschaftsminister werden. Der 54-jährige hat sich bislang zwar eher als Wirtschafts- und Finanzexperte profiliert. Er gilt aber als volksnah und zupackend. Wer dann den einflussreichen Posten des CSU-Landesgruppenchefs übernehmen würde, ist allerdings noch offen. Der Vorsitzende der 46 CSU-Bundestagsabgeordneten spielt bei der Profilierung der bayerischen Partei eine maßgebliche Rolle und entscheidet im Koalitionsausschuss über die Regierungsvorhaben mit.

Mehrere CSU-Abgeordnete sprachen sich allerdings dafür aus, dass Ramsauer an der Spitze der Landesgruppe bleibe. Das Verbraucherschutzressort könne stattdessen der bisherige Parlamentarische Staatssekretär Gerd Müller übernehmen. Dahinter steht die Argumentation, dass dieses Schlüsselressort für die CSU-Klientel unter den bayerischen Landwirten möglichst von einem Fachpolitiker geführt werden solle, der keine lange Einarbeitungszeit benötige. Zugleich solle die Schlagkraft der Landesgruppe nicht durch einen Führungswechsel gefährdet werden.

Vor allem aus den Parteibezirken Oberbayern und Niederbayern hatte es massive Kritik an Becksteins Verbleib im Amt gegeben, nachdem Huber seinen Rücktritt angekündigt hatte. Seehofer sagte bei seinem Eintreffen in München mit Blick auf das Wahldebakel vom vergangenen Sonntag: "Wir wollen der Bevölkerung vermitteln, dass wir die Botschaft verstanden haben." Die Partei hatte nach mehr als 40 Jahren ihre Alleinherrschaft in Bayern eingebüßt und war von gut 60 auf 43,4 Prozent abgestürzt. Beckstein und Huber waren nur ein Jahr im Amt.

(mit Agenturen)

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FTD.de, 01.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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