Auch ich habe mir diese Woche Gedanken über die Finanzkrise gemacht, unter anderem in unserer Teeküche. Bei der FTD heißt dieser Raum "Pantry", was sehr vielversprechend klingt.
Unsere Pantry wurde gerade komplett renoviert, neue Küchenzeile, neue Geräte. (Das Eisfach des alten Kühlschranks wurde, glaube ich, in das Salzbergwerk Asse abtransportiert.) "Wenn wir eine Bank wären", sagte ich darob zu einem Kollegen, "wäre ich jetzt beruhigt. Niemand renoviert eine Küche, wenn er pleite ist." "Nun", antwortete er, "er kann natürlich auch renovieren, damit die Teile, die er verkaufen will, mehr wert sind." Recht hat er, dachte ich, auch wenn wir keine Bank sind.
In eben jener Pantry war es Tage zuvor zu einem denkwürdigen Gespräch mit zwei stellvertretenden Ressortleitern gekommen. Wir holten uns gerade Kaffee, den wir alle mäßig mögen, und ich eröffnete den Kollegen, dass ich die Anschaffung einer eigenen Kaffeemaschine plane. "Mit Discs?", fragte der eine. "Nein, Pads", entgegnete ich. "Kapseln sind besser", befand der andere Kollege, mein Vorgesetzter, der im Übrigen bereits eine Kapselmaschine in unserem Büro betreibt und so erstmals von meinen geheimen Pads-Plänen erfuhr. Wir diskutierten noch ein wenig das Für und Wider der Kaffeebehälter, und als ich die Pantry verließ, wurde ich sehr traurig. Es hat einmal Leute gegeben, die "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" in die Welt schmetterten oder "Einigkeit und Recht und Freiheit." Unsere Trias heißt Kapseln, Discs oder Pads. Keine grandiose Zukunft ist uns beschieden.
Vielleicht, dachte ich, sind wir Finanzjournalisten mit unserem jovialen Pseudorational-Choice-Postmaterialismus mitverantwortlich für die Krise. Es tut mir leid.
Aus der FTD vom 19.09.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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