Ein Team der Hochschule Bochum will zur nächsten Solarmobil-Weltmeisterschaft mit einem richtigen Auto antreten - gegen die rasenden Tischtennisplatten der Konkurrenz.
Den Plan für das scheinbar Unmögliche wollen die Studenten Friedbert Pautzke in den nächsten Tagen präsentieren: Binnen eines knappen Jahres wollen sie einen neuen, mit Sonnenenergie angetriebenen Renner entwickeln, bauen und damit bei der Weltmeisterschaft der Solarmobile, dem World Solar Challenge in Australien, antreten. "Ich glaub ja nicht, dass das klappt", sagt der Professor für Elektrotechnik. Und schauspielert die aufgesetzte Skepsis vor den drei jungen Männern, die im Besprechungsraum an ihren Notebooks sitzen, so schlecht, dass er selbst grinsen muss. Denn ganz sicher wird das Team der Hochschule Bochum im Oktober 2009 mit ihrem neuen Solarcar in Darwin am Start sein.
"Man muss das Projekt in den Mittelpunkt stellen und es vorantreiben, indem man die Studenten begeistert", lautet Pautzkes Rezept. Und längst gibt der Erfolg ihm recht. Das alte Solarcar, das in der Ecke der kleinen Werkstatt der Fachhochschule unter einer grauen Plane steht, hat gerade bei der diesjährigen Wettfahrt der Solarmobile in Nordamerika den dritten Platz unter 22 Teilnehmern herausgefahren. Eine Teamleistung, für die insgesamt 40 Bochumer Studenten Monate lang neben ihrem Ingenieurstudium getüftelt, gerechnet und gewerkelt haben.
Inzwischen schauen auch große Unternehmen genauer hin, was in der Werkstatt auf dem Fachhochschulcampus passiert. Autos für den Alltag werden hier keine entwickelt, serientauglich dürften Solarmobile auch in zehn oder zwanzig Jahren kaum sein. "Die Lehre steht im Vordergrund. Wir können nicht gegen große Unternehmen wie Conti oder Bosch antreten", stellt Pautzke klar. "Aber die Studenten beschäftigen sich mit Themen, mit denen sich die Autoindustrie erst in einigen Jahren auseinandersetzen wird." So etwa, wenn sie an der Aerodynamik feilen oder der Überwachungselektronik, die das Laden und Entladen der sensiblen Lithium-Ionen-Akkus steuert.
Jennifer Ostermann gehört zu den vier Fahrern, die das Elektromobil acht Renntage lang über gut 3800 Kilometer gelenkt haben. Stundenlang hat sie in dem kleinen Cockpit des Dreirads gesessen. Hinter ihrem Sitz sind die Akkus untergebracht, ein Nabenmotor im Vorderrad treibt das Vehikel an. Durch einen kleinen Einlass am Bug strömt ein wenig Frischluft Richtung Fahrersitz. Innen nacktes Karbon und Aluminium, auf jedes nicht benötigte Gramm wurde verzichtet. Sogar bei der Auswahl der Stromkabel haben die Studenten das optimale Verhältnis von Gewicht und Widerstand berechnet.
FTD.de, 02.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD/Frank Rogner
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