Der zweitgrößte deutsche Discounter Lidl hat einen Nachfolger für den im Streit ausgeschiedenen Vorstandschef Wilfried Oskierski, 44, gefunden. Der bisherige Einkaufsvorstand Karl-Heinz Holland,41, rückt an die Spitze des Konzerns, teilte der Lebensmittelhändler am Mittwoch mit.
Zudem vergrößert der Aldi-Jäger das bisher vierköpfige Führungsgremium um zwei Positionen. Mit Holland installiert Lidl einen "absolut linientreuen Manager", wie es ein Insider ausdrückt. Holland zählt zu der Garde von Lidl-Managern, die praktisch ihr gesamtes bisheriges Berufsleben für die Firma gearbeitet haben. Als Kandidat für den Spitzenposten galt auch Deutschlandchef Frank-Michael Mros. Der 44-Jährige dient dem Unternehmen zwar praktisch ebenso lange wie Holland, hatte aber aufgrund der Hierarchie nur Außenseiterchancen - er gehört in seiner Funktion als Deutschlandchef nicht dem obersten Führungsgremium an.
Anders als Mros berichtete Holland schon bisher an die eigentlichen Herrscher im Lidl-Reich, Klaus Gehrig und Walter Pötter. Gehrig ist Chef der Schwarz-Gruppe, zu der Lidl gehört. Pötter, der lange Jahre Lidl-Chefeinkäufer war, amtiert heute als Aufsichtsrat der Schwarz-Gruppe und gehört wie Gehrig dem inneren Führungszirkel um Eigentümer Dieter Schwarz an.
Holland muss als Lidl-Chef gewaltige Probleme lösen. Zum einen ist der Ruf des Konzerns wegen der heimlichen Überwachung von Mitarbeitern arg ramponiert. Datenschützer mehrerer Bundesländer verlangen wegen diverser Verstöße gegen das Datenschutzgesetz fast 1,5 Mio. Euro Bußgeld von dem Unternehmen. Nach Angaben einer Sprecherin wurden diese bereits bezahlt. Holland muss wegen der Affäre die Wogen im Unternehmen glätten und in der Öffentlichkeit für Vertrauen werben.
Darüber hinaus ist die Auslandsexpansion ins Stocken geraten. Vor allem in Südosteuropa habe Lidl längst nicht die "kritische Größe" erreicht, wie es ein Insider formuliert. Aus Teilen Skandinaviens musste sich der Discounter zurückziehen. Die Aufgaben dürfte Holland mit der ihm eigenen Einsatzbereitschaft angehen. "Der arbeitet bis zum Umfallen", sagte ein Lidl-Kenner.
Die Vorstandserweiterung begründet Lidl mit der wachsenden Bedeutung des internationalen Geschäfts. Diese Aufgabe teilen sich künftig der bisherige Auslandschef Veit Weiland, 40, und Hans Christoph Templin, 40. Weiland war zuvor unter anderem Lidl-Chef in Ungarn, Templin führte bisher die Lidl-Geschäfte in Großbritannien. Zu Hollands Stellvertreter wurde Holger Albrecht, 49, berufen. Er führt das Personalressort, das bislang unterhalb des Vorstands rangierte. Das neue Ressort Zentrale Dienste leitet Gerd Chrzanowski, 37, den Einkauf Robin Goudsblom, 35. Alle Vorstandsmitglieder dienen Lidl seit Jahren. Die Firma bleibt damit ihrem Grundsatz treu, Manager intern zu rekrutieren.
Aus der FTD vom 09.10.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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